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Osterbotschaft 2022

Seine Exzellenz Josef Csaba Pál Bischof von Temeswar

In Christus geliebte Schwestern und Brüder!

In den Tagen nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine reiste ich nach Sathmar mit einigen meiner Mitbrüder im bischöflichen Dienst, um über die Organisierung der Hilfsaktionen in dieser Krisensituation zu sprechen. An dieser Begegnung beteiligten sich auch zwei Mitarbeiter der Caritas der Diözese Munkatsch/Mukatschewo aus der Ukraine. Ihre Berichte und Zeugnisse waren schockierend für uns alle. Sie verlangten inständig Gebete. Eine Mitarbeiterin sagte, dass das Gebet keine kleine Hilfe sei, sondern – ganz im Gegenteil – ein sehr großer Beistand! Sie fuhr fort: die, die keine persönliche Beziehung zu Jesus Christus aufgebaut haben, jene, die ihren Glauben nicht auf festem Felsen bauten, sondern nur auf Förmlichkeiten oder nur auf Bräuchen, brechen nun, in dieser schwierigen Lage, zusammen. Sie flehten uns fast an, diese pastorale Tätigkeit der Stärkung unserer Mitmenschen im Glauben fortzusetzen.

Brüder und Schwestern, solange es uns gut geht im Leben, werden wir uns gar nicht dessen bewusst, was für ein großer Schatz unser Glaube ist! Was für eine Gnade es ist, dass wir nicht nur etwas glauben dürfen, sondern dass wir an den auferstandenen Herrn Jesus Christus glauben! Er ist es, der in allen Situationen bei uns bleibt; Er verlässt uns sogar in diesen grausamen Kriegszuständen nicht. Ja, Er ist auferstanden und Er selbst lädt uns ein, nie die Hoffnung aufzugeben. Und gerade unter diesen überwältigenden Umständen wollen wir dafür leben, wofür Er sein eigenes Leben hingegeben hat: für die Zivilisation der Liebe. Das ist eine echte Berufung, auch wenn sie im jetzigen Kontext fast absurd erscheint. Aber vergessen wir nicht, dass auch damals, als Jesus gestorben ist, es kaum zu glauben war, dass sich für ihn noch etwas verändern könnte, dass er jemals auferstehen könnte. Die jetzige Situation ist ebenfalls eine Prüfung unseres Glaubens, aber auch unsere Hoffnung wird auf die Probe gestellt und diese Lage ist zugleich ein außerordentlich großer Aufruf zur Liebe. Denn in der Welt kämpfen nun Hass und Liebe gegeneinander.

Ich hatte die Gelegenheit, mit einer Gruppe von Ordensschwestern zu sprechen, die aus Kiew geflüchtet sind. Sie erzählten über den auf die Probe gestellten Glauben, auch über den erneuerten Glauben. Sie sprachen über die Liebe, mit der sie umgeben werden, mit der sie an ihren jetzigen Fluchtorten unterstützt werden. Hilfeleistungen kommen, Telefonate, freundliche Unterstützung von überall, sogar von ihren Bekannten aus Russland. Auf der einer Seite Hass, Elend, viel Schmerz, Zerstörung, Tränen, Tod. All dies verursacht der Hass! Auf der anderen Seite steht die Liebeswelle, die sie umgibt. Krieg zwischen Hass und Liebe. Der liebe Gott steht immer auf der Seite der Liebe. Lassen wir unsere Herzen nicht von Hass erfüllt werden, denn sie werden dann auch von Angst umklammert. Nur die reine Liebe fürchtet nichts. Achtet darauf, dass ihr in euren Familien, im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz keine bösen Gefühle hegt, kein aggressives Benehmen an den Tag bringt.

Mit jeder Geste, mit jeder unserer Taten bauen wir etwas auf. Entweder etwas Gutes oder etwas Böses. Lasset uns das bauen, wofür Jesus Christus selber gelebt, gestorben und auferstanden ist: eine Gesellschaft der Vergebung, der Rekonziliation! Lasset uns auf der Seite der Liebe, auf der Seite Gottes stehen. Denn die Liebe ist auferstanden, Jesus Christus lebt. So lautet nämlich die Inschrift auf einer Mauer des Warschauer Ghettos: „Ich glaube an die Sonne, auch wenn diese nicht strahlt. Ich glaube an die Liebe, auch wenn ich diese nicht spüre. Ich glaube an Gott, auch wenn ich Ihn nicht sehe.“ Viele unserer Mitmenschen auf der Flucht, die sich nun in tiefster Not befinden, erleben trotzdem die Anwesenheit Gottes, durch die Art und Weise, wie sie empfangen, aufgenommen und liebevoll umgeben werden. Dafür sind wir nun zuständig. So sollen wir die Fürsorge des Auferstandenen unseren tiefgeprüften Mitmenschen bezeugen, wo wir es nur in unserem Alltag tun können! Und wenn wir den freudverkündenden Ostergruß aussprechen: „Christus ist erstanden!“, mögen uns diese Worte zu Taten nach dem Herzen Jesu ermuntern!

Mit diesen Gedanken wünsche ich all meinen Schwestern und Brüdern ein frohes, heiliges und gesegnetes Osterfest!

✠ Josef Csaba Pál
Bischof der Diözese Temeswar