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Musikalische Schätze auf Schellacks 

Das Ehepaar Dumele aus Dingolfing überließ dem Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik zwölf wertvolle Schellackplatten. Foto: FDB

Da die Blaskapellen wegen der Corona-Pandemie kaum öffentliche Auftritte absolvieren können, nutzte der Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik die Zeit anderweitig und widmete sich unter anderem seinem Tonträgerarchiv, das neben Vinylschallplatten auch Schellackplatten aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen umfasst. Nun ist es gelungen, eine Lücke in unserer Schellackplatten-Sammlung durch den Erwerb von zwölf solchen Platten zu schließen. Die Neuerwerbungen stammen aus dem Besitz der Familie Dumele aus Dingolfing, die aus Glogowatz stammt. Durch Vermittlung von Peter Lowitz aus Nürnberg hat sie die aus Amerika stammenden Tonträger dem Freundeskreis überlassen. Die Hälfte der Kosten wurde vom Bundesvorstand der Landsmannschaft der Banater Schwaben übernommen, in deren Kultur- und Dokumentationszentrum in Ulm das Archiv des Freundeskreises aufbewahrt wird. Dafür einen herzlichen Dank! Insgesamt besitzt der Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik nun über 40 solcher Schellackplatten.

Im zweiten Band seiner Dokumentation „Unser klingendes Erbe. Aus dem Musikleben der Donauschwaben“ (München 1994) weist der Musikforscher Robert Rohr (1922-2008) auf die erstaunlich rege Schallplattenproduktion der Banater und donauschwäbischen Blaskapellen in Amerika in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen und auf den hohen kulturgeschichtlichen Wert dieser Schellackplatten hin. „Mag der kleine Volksstamm der Donauschwaben nach Zahl und Bedeutung im Weltgeschehen ohne besonderes Gewicht sein, in der Entfaltung seiner Musiktradition ist er des Öfteren über sich selbst hinausgewachsen“, schreibt Rohr und nennt dafür zwei Beispiele: die donauschwäbischen Knabenblaskapellen, die weltweit erfolgreich aufgetreten sind, und eben die Schellackplattenproduktion in den Vereinigten Staaten. Es ist Robert Rohrs Verdienst, über 300 von donauschwäbischen Musikkapellen, Solisten und Chören während der Zwischenkriegszeit in Amerika produzierte Schellackplatten dokumentiert zu haben. 

Im Jahr 2012 hat der Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik aus seinem Schellackplatten-Bestand die 18 schönsten Stücke auf einer CD mit dem Titel „Traditionelle Banater Blasmusik aus dem Schellackzeitalter“ herausgebracht. Darauf  sind namhafte Kapellen wie die von Peter Stahl (geboren in Bogarosch), Peter Müller (Kowatschi) und Georg Lowitz (Glogowatz), die Schwäbische Bauernkapelle unter der Leitung von Ludwig Weissenburger (Kreuzstätten) sowie Anton Brouseks Militärkapelle zu hören. 

Die meisten der neu erworbenen Schellackplatten wurden von Peter Müller’s Banater Kapelle produziert. Peter Müller, Jahrgang 1892, zählt zu den erfolgreichsten donauschwäbischen Kapellmeistern. Er hatte sein Handwerk in Knabenblaskapellen erlernt und an Gastspielreisen teilgenommen. Noch vor dem Ersten Weltkrieg begab er sich nach Amerika, wo er in Philadelphia als Möbelanstreicher arbeitete. 1921 gründete er seine „Banater Kapelle“, mit der er im gleichen Jahr seine erste Platte einspielte – es sollten dann mindestens 122 schwarze Scheiben werden. Peter Müller ist Mitte der 1980er Jahre in Philadelphia verstorben. 1977 hatte ihn die Landsmannschaft der Banater Schwaben mit ihrem Ehrenbrief ausgezeichnet.

Folgende Titel stammen von Peter Müller’s Banater Kapelle:
• Columbia 55048: Verlorene Liebe, Walzer / Die lustigen Schweizer Buab’n, Polka
• Columbia 55077: Fridolin, Polkalied / Fischerjunge, Walzerlied
• Columbia 55082: Das Jagen das ist mein Leben, Walzerlied / Der faule Handwerksgeselle, Polkalied
• Columbia 55088: ’S frohe Lieserl / Heimatgruß, Walzer
• Columbia 55091: Schwäbische Hochzeit, Teil 1 / Schwäbische Hochzeit, Teil 2
• Columbia 55094: O du liebe Ehe, Polkalied / Die Liebe an der Donau
• Columbia 55166: Ich bin Dein, Du bist mein / Maruska, ich küsse nie
• Columbia 55197: Der Pfannenflicker / Bummelpetrus

Peter Müller hat mit seiner Banater Schrammelkapelle auch mehrere Platten mit Schrammelmusik eingespielt. Zwei dieser Platten konnten erworben werden:
• Columbia 55134: Der Teufel in der Metternacht, Teil 1 / Der Teufel in der Metternacht, Teil 2 
• Columbia 55137: Jetzt kommt die Jugend, Polka / Die alten Weiber, Ländler 

Peter Stahl, Jahrgang 1884, ist 1902 nach Amerika ausgewandert. Wie Peter Müller lebte auch er in Philadelphia, wo er in Fotogeschäft betrieb. Er widmete sich intensiv der Musik und bespielte schon 1908 seine erste Schellackplatte. Robert Rohr konnte 80 Platten der Stahl’s Kapelle dokumentieren und weiß zu berichten, dass die Kapelle 1923 aus 30 aus dem Banat stammenden Musikern bestand. Auch er erhielt 1977 den Ehrenbrief der Landsmannschaft der Banater Schwaben. Peter Stahl ist im Alter von weit über 90 Jahren in Philadelphia gestorben.

Auf der neu erworbenen Schellackplatte von Stahl’s Kapelle sind die folgenden zwei Titel zu hören: 
• OKeh 85166: Arm und klein ist meine Hütte / An der Quelle sass der Knabe.

Eine weitere Schellackplatte wurde von der Internationalen Columbia Kapelle eingespielt. Laut Robert Rohr stehe fest, dass auch Donauschwaben darin mitgewirkt haben. Diese Annahme lässt sich anhand der folgenden Platte erhärten:
• Columbia 59507/59508: Varjaser Madeln / Rührt euch doch.

Der Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik freut sich über die Vervollständigung seiner Schellackplatten-Sammlung. Nach der Archivierung und gegebenenfalls Nutzung für einen neuen Tonträger werden die nun erworbenen Tonträger dem Archiv des Freundeskreises zugeführt.

Sollte jemand noch solche Schellackplatten besitzen und sie nicht mehr benötigen, wäre der Freundeskreis an einer Übernahme interessiert. Bitte nehmen Sie gegebenenfalls Kontakt mit Richard Hummel auf (Tel. 07123 / 61935, E-Mail donauschwaben@gmx.net).