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Die Pandemie als Inspirationsquelle

Die Pandemie kam über uns wie ein Tornado. Plötzlich, unangekündigt und mit tödlicher Wucht. Das Fatale an der Situation: Sie ist hartnäckiger, zäher und zerstörender als jeder Tornado. Wir waren unvorbereitet, unwissend und hilflos. Die Politiker agierten oft kopflos und wenig vorausschauend. Der Lockdown – das einzige Mittel zur Eindämmung der Pandemie. 

Was kann man zu Hause in seinem stillen Kämmerlein tun, wenn man ausgeliefert und machtlos ist? Als Schriftsteller und Kopfarbeiter versucht man, so eine Katastrophe geistig in den Griff zu kriegen, sich einen Überblick zu verschaffen, indem man Fragen stellt und diese zu beantworten versucht – aus rein persönlicher Sicht, aus dem Blickwinkel eines Abenteurers, der sich auf unbekanntes Terrain wagt. Das hat Walter Wilhelm getan und zwei Bücher zum Thema vorgelegt. Sie tragen den gleichen Titel – „Was hat das mit Corona zu tun? Tagebuch eines Risikopatienten“ – und reflektieren in jeweils zwölf Bildern die erste und die zweite Welle der Pandemie: von März  bis August 2020 beziehungsweise von September 2020 bis Februar 2021.

Um den nötigen Abstand zum Geschehen zu wahren, hat der Autor für seine beiden Corona-Bände ein Pseudonym gewählt. Er schreibt unter dem Namen Georg Staub. „Staub Juri, also Georg, hieß mein Großvater und auch sein Vater. Das Pseudonym war für mich wichtig, um besser von außen auf das Thema schauen zu können“, sagt Wilhelm. „Und auch auf mich selbst. So bekomme ich eine andere Perspektive auf meine Familie, auf die gesamte Umgebung und auch auf Corona.“

Ein Thema, mit dem er noch lange nicht fertig ist. Der dritte Band ist bereits in Arbeit. „Nach meinen Berechnungen wird die dritte Welle bis zum Herbst gehen, dann kommt die vierte. Das ist die Wahrheit“, meint Wilhelm und fügt lächelnd hinzu: „Die Wahrheit ist, dass niemand die Wahrheit kennt. Corona hat niemand im Griff. Das Virus, das uns alle lahmgelegt hat, macht aber nicht nur Ärger, es trägt auch zur Entschleunigung und zum Umdenken der Gesellschaft bei.“ 

Corona hat Walter Wilhelm alias Georg Staub im positiven Sinne aktiviert. Es hat ihn als Autor inspiriert und seine Kreativität entfacht. Er legt ein Kaleidoskop an Alltagsgeschichten vor, die im Persönlichen ansetzen, Fragen über gesellschaftlich relevante Strukturen und Veränderungen aufwerfen und dabei die existenziellen Erfahrungswerte neu betrachten. Dabei entsteht ein erzählerischer Bogen von der Pandemie als Blockade und Stillstand, mit Gefühlen von Ohnmacht und Ratlosigkeit über die Zeit der Innenschau, inklusive Erneuerungsprozess, bis zur Erweiterung im ganzheitlichen Sinne – mit einem Schimmer Hoffnung am Corona-Horizont. Damit ist nicht die ersehnte Impfung gegen das Virus gemeint, sondern die Kraft und der Gestaltungswille jedes Einzelnen sowie die gemeinschaftliche Verantwortung der Gesellschaft.

Georg Staub verbindet subjektives Erleben mit den zentralen Themen unserer Zeit und kreiert Geschichten, die von Weltoffenheit und Selbstironie zeugen und Erkenntnisgewinne bieten. Sie sind fragend, erklärend, inspirierend. Am Ende ist vor allem die Liebe der verlässlichste Hoffnungsgeber in der Pandemie-Zeit. Und der Glaube an das Leben schlechthin. Eine Quintessenz, die jeder mittragen kann. Selbst Verschwörungstheoretiker.

In den zwölf Essays des zweiten Bandes setzt sich der Autor mit den politischen Entscheidungen, den gesellschaftlichen Reaktionen und den intellektuellen Interpretationen auseinander. Er skizziert Irrungen und Wirrungen über News und Fake-News in der zweiten Welle. Es ist der Versuch einer Orientierung und Einordnung widersprüchlicher Angaben und Realitäten in einer Phase der Ratlosigkeit und Unsicherheit, die uns alle betrifft.  Als Lerneffekt aus der Krise beschreibt Staub unter anderem den Perspektivwechsel, wie zum Beispiel die Quarantäne auch als cooles Klausur- oder Fastenerlebnis gesehen werden kann. Oder wie eine gehörige Portion Humor à la Max und Moritz das Ausgeliefertsein erträglicher machen könnte.

Staubs Sinn für Komik und Ironie gipfelt in einer eigenen Verschwörungstheorie – natürlich als Persiflage auf die Ungläubigen in unserer Gesellschaft. Sein Fazit am Ende des zweiten Bandes: der Vergleich mit einem Fußballspiel. Damit gelingt Staub die bildliche Übersetzung der oft verwirrenden Corona-Fakten. Und vielleicht auch eine Motivation, durchzuhalten wie bei einem schweren Kampf mit einem zähen Gegner. 

Ein persönliches, integratives Narrativ des Infektionsgeschehens – mit vielen guten Storys. Kenntnisreich, eloquent und nachvollziehbar. 

Die beiden Bände (116 beziehungsweise 106 Seiten) können zum Preis von je 10 Euro beim Autor unter info@wilhelmwalter.de bestellt werden.