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Die Anfänge des Buchdrucks und Pressewesens im Banat (Teil 2)

Der älteste Banater Druck, herausgegeben von Administrationsrat Johann Freiherr von Tauber, ist im Frühjahr 1771, fast zeitgleich mit der ersten Nummer der „Temeswarer Nachrichten“, erschienen.

Die „Instruction“ wurde lange Zeit für den ersten Banater Druck gehalten, bis Alexander Krischan nachwies, dass es sich bei der Jahreszahl 1769 um einen Fehldruck handelt und das Druckwerk erst 1779 erschienen ist.

Erste Zeitung des Banats

Wenige Wochen nach Vertragsabschluss, am 18. April 1771, brachte Heimerl die erste Nummer der „Temeswarer Nachrichten“ heraus. Die Zeitung erschien im Halbbogenformat, mit jeweils vier Seiten. Gelegentlich, wenn es eine „Anhang zu den Temeswarer Nachrichten“ genannte Beilage gab, wies sie einen Umfang von sechs bis acht Seiten auf. Sowohl die Titelseite als auch der Druck liefern den Beweis, dass in der gut ausgestatteten Druckerei des Matthäus Joseph Heimerl tatsächlich sauber gearbeitet wurde. Da die Seiten zweispaltig gedruckt sind, macht das Blatt eigentlich einen durchwegs modernen Eindruck für seine Zeit. Über die Auflage der „Temeswarer Nachrichten“ ist uns nichts bekannt. Diese dürfte sich Feneşan zufolge „wahrscheinlich auf einige sehr wenige Hundert Exemplare belaufen haben, wenn man die Anzahl der potentiellen Leser in Temeswar und im ganzen Banat berücksichtigt“. Die letzte im Wiener Hofkammerarchiv erhaltene Ausgabe ist die Nummer 13 vom 17. Juli 1771. Obwohl es einige Anhaltspunkte gibt, dass die „Temeswarer Nachrichten“ auch danach weiter erschienen sind, stehen uns keine diesbezüglichen stichfesten Beweise zur Verfügung. 

Die dreizehn erhaltenen Zeitungsexemplare lassen den Schluss zu, dass Heimerl ein überlegter Mann war, der ganz gut wusste, was er mit seiner Zeitung will. Die „Temeswarer Nachrichten“ wollten, wie schon der Name besagt, in erster Linie ein Informationsorgan sein und wurden dieser Zielsetzung auch gerecht. Zu dieser Einschätzung kam auch Josef Wüst: „Wenn man die inhaltliche Ausgestaltung des Blattes einer genaueren Betrachtung unterzieht und in ein Verhältnis zu der damaligen gesellschaftlichen Verschichtung der Bevölkerung in Temesvar bringt, so widerspiegelt sich darin das Bestreben des Herausgebers, nicht nur für einen bestimmten Leserkreis zu schreiben, sondern alle Schichten der Bevölkerung anzusprechen. Diese Tatsache spricht für die großen Fähigkeiten und den Weitblick des Herausgebers. Das Blatt darf daher nicht bloß als eine zufällige Nachahmung der Wiener Blätter gewertet werden, sondern als ein Produkt wohlüberlegter fachmännischer Planung.“

Eingehende inhaltliche Analysen der „Temeswarer Nachrichten“ liegen bereits vor. Verwiesen sei insbesondere auf den vor 25 Jahren von Eduard Schneider in dieser Zeitung veröffentlichten Beitrag. Das Wochenblatt brachte neben den neuesten kaiserlichen Dekreten und Verordnungen der Banater Landesadministration Nachrichten und Berichte über Ereignisse in Europa, vor allem aus der Habsburgermonarchie und vom kaiserlichen Hof, für die vornehmlich das „Wienerische Diarium“ als Bezugsquelle diente. Mit besonderem Interesse wurden die Vorgänge auf dem russisch-türkischen Kriegsschauplatz beobachtet, was den Herausgeber veranlasste, „eine richtige Beschreibung von der Verfassung des türkischen Reichs“ in den Nummern 12 und 13 zu veröffentlichen. 

„Ein Novum, mit dem die Zeitung ihre Kundschaft unmittelbar anzusprechen trachtete, war die Einführung der Banater lokalen Berichterstattung“, stellt Schneider fest. Der Lokalteil brachte regelmäßig Verkaufsanzeigen („Sachen, so zu verkaufen“) und Informationen über die Getreide- und Lebensmittelpreise auf dem Wochenmarkt. Darüber hinaus hin und wieder Versteigerungsverlautbarungen („Sachen, so in Licitation zu verkaufen“), Informationen über „Arbeit suchende und sich recommendirende Leute“ oder über die Ziehungen der Lotterie, die in Temeswar am 28. Mai 1771 zum ersten Mal „öffentlich unter Paucken- und Trompetenschall“ stattfand. 

Eine für die Kultur- und Geistesgeschichte des Banats besondere Bedeutung hat die Rubrik „Sachen, so zu verkaufen“, in der Heimerl laufend Bücher zum Kauf anbot. Schon in der ersten Nummer teilte er seine Absicht mit, „dem geneigten Publico (…) von Zeit zu Zeit jene Bücher samt den Preisen bekannt zu machen, welche in der dahiesigen Buchdruckerey zu bekommen seynd“. Der Vertrieb von Büchern war von Anfang an Teil seines Geschäftsmodells, das sich als gutgehend erweisen sollte. So ist aus der Nummer 13 zu erfahren, dass in der Zwischenzeit eine „Verlagsstube bey der goldenen Waag in der Stadt“ eröffnet worden war, in der die Bücher erworben werden konnten. Mit Heimerls Wirken sind demnach auch die Anfänge des Buchhandels in Temeswar verbunden. Die von ihm angebotenen Titel lassen auf die Lesererwartungen und Lesegewohnheiten der Temeswarer Bevölkerung schließen.

Über die örtlichen Verhältnisse hinaus weisen die in den „Temeswarer Nachrichten“ erschienenen Beiträge wirtschaftlichen oder historischen Inhalts, die mit hoher Wahrscheinlichkeit der Feder lokaler Autoren entstammten. So findet man in einer „Oeconomische Sachen“ betitelten Rubrik einen umfassenden Aufsatz in drei Folgen über den Seidenbau, in dem mit praktischen Anleitungen zur Seidenraupenzucht erläutert wird, wie die „Ausbrutung dieser edlen Würmer“ bewerkstelligt werden kann. Dadurch wollte man dem Umstand Rechnung tragen, dass „der Seidenbau in unserer Provinz von Zeit zu Zeit eine mehrere Aufnahm erhalten“ und diesem damals wichtigen Wirtschaftszweig eine Förderung angedeihen lassen. Nach Feneşan kommt als Verfasser dieses anonym erschienenen Aufsatzes der aus Mantua stammende ehemalige Direktor des Banater Seiden- und Reiswesens Dompropst Clemente Rossi in Betracht.

Ein weiterer, ebenfalls anonym und fortsetzungsweise erschienener Beitrag ist eine „historische Beschreibung des Bannats Temeswar“, die in der Nummer 2 vom 25. April 1771 in der Absicht angekündigt wurde, „gleich Anfangs von dieser Provintz so viele Nachrichten zu ertheilen, als man anderwärtig nicht verzeichnet findet“. Von dem nichtgenannten Verfasser heißt es: „Es hat diese Beschreibung ein Gönner dieser Blätter zusammen getragen.“ Der landeskundliche Aufsatz skizziert äußerst genau die Geschichte des Banats beginnend mit der dako-römischen Zeit bis in die Gegenwart und vermittelt schlüssige Informationen über die Einwohnerschaft des damaligen Banats, wobei die Rumänen und Serben vorurteilsfrei beschrieben werden. Dieser erste Zeitungsaufsatz über die Geschichte der Region markiert den Anfang der Banater deutschen Historiographie. Bezüglich des Verfassers dieser „Historie von dem Temeswarer Bannat“ wurden im Laufe der Zeit verschiedene Namen ins Spiel gebracht. Erst durch die Entdeckung und Herausgabe der Handschrift des Revisors der Banater Landesadministration Johann Jakob Ehrler „Das Banat vom Ursprung bis jetzo (1774)“ konnte das Geheimnis um den Verfasser gelüftet werden. „Anhand vergleichender Textproben steht nun fest, dass Ehrler zweifelsohne als Autor des historischen Beitrags im Anhang der Temeswarer Nachrichten zu betrachten ist“, schlussfolgert der Historiker Costin Feneşan. Dieser hatte Ehrlers Bericht 1982 zunächst in rumänischer Übersetzung im Temeswar Facla-Verlag und im Jahr 2000 in Zusammenarbeit mit Volker Wollmann eine zweisprachige Ausgabe im Verlag Editura de Vest (Temeswar) herausgebracht. Eine Neuauflage ist 2006 im gleichen Verlag erschienen. 

Ältester Banater Druck

In Nummer 1 der „Temeswarer Nachrichten“ findet sich folgende Mitteilung: „So hat auch die Presse verlassen: Fragmente unbekannter Schriftsteller aus dem Alterthume.“ Das Buch in Oktavformat wurde für 36 Kreuzer angeboten. Im Zuge seiner Recherchen zu den frühen Banater Drucken stieß Dr. Alexander Krischan in der Budapester Ráday-
Bibliothek auf ein Exemplar dieses Buches und konnte dadurch den eindeutigen Beweis erbringen, dass die in der Offizin des Temeswarer Druckers Matthäus Joseph Heimerl erschienenen „Fragmente unbekannter Schriftsteller aus dem Alterthume“ den ältesten Banater Druck darstellen. Ein Artikel darüber brachte Krischan in der Zeitung „Der Donauschwabe“ vom 2. Juli 1978 und in dem 1980 von der Arbeitsgemeinschaft Donauschwäbischer Lehrer herausgegebenen Heft 2-4/1943 der Zeitschrift „Deutsche Forschungen in Ungarn“.

Dass es sich um den ältesten Banater Druck handelt, geht aus der dem damaligen Präsidenten der Banater Landesadministration Karl Ignaz Graf von Clary und Aldringen zugeeigneten Widmung hervor, die vom 31. März 1771 datiert und vom „unterthänig-gehorsamsten J. F. v. T.“ gezeichnet ist. Hinter diesen Initialen verbirgt sich der Banater Administrationsrat Johann Freiherr von Tauber. Unter dem Schutze des Grafen sei „in diesem Lande eine Buchdruckerey errichtet worden“, schreibt Tauber. „Es ist also billig, daß ich Eurer Excellenz das erste Werk zueigne, das hier an das Licht tritt“.

Die offene Frage, wieso in der Fachliteratur ein früherer Druck Heimerls aus dem Jahr 1769 – die schon erwähnte „Instruction, wie sich ein Officir bey Führung eines Transports in Geld- und Rechunungssachen zu verhalten hat“ – bisher als ältester Banater Druck galt, obwohl damals im Banat noch gar keine Druckerei bestand, konnte Krischan Jahre später in einem am 24. Mai 1992 ebenfalls im „Donauschwaben“ erschienenen Artikel klären. Der Wiener Forscher hatte nämlich die „Instruction“ in der Bibliothek der Reformierten Kirche in Sárospatak (Ungarn) ermittelt und festgestellt, dass es sich bei der Jahreszahl 1769 um einen Fehldruck handelt. Den Beweis dafür fand er auf Seite 6 des Buches, wo ein als Beispiel angeführtes „Formular zur Brodquittung“ das Datum „1. Octob. 1779“ trägt. Demnach wurde anstatt 1779 irrtümlich als Druckjahr 1769 angegeben.

Übrigens: Die beiden Drucke von 1771 und 1779 liegen als Digitalisat vor und können über die Website der Österreichischen Nationalbibliothek eingesehen werden. 

Alexander Krischan verdanken wir nicht nur die Klärung der Frage des ältesten Banater Druckes, sondern auch das Auffinden des ersten Banater Kalenders, worüber er im „Donauschwaben“ vom 7. und 14. Mai 1995, in der Zeitschrift „Banatica“ (Heft 3/1995) und in der „Banater Zeitung“ vom 21. und 28. Februar 1996 berichtete. Es handelt sich um den von Matthäus Joseph Heimerl gedruckten „Temeswarer alter und neuer Schreib-Calender auf das Jahr 1773“, den er in der Universitätsbibliothek Ungwar (ukrainisch Uschhorod, russisch Užgorod, ungarisch Ungvár) in der Karpatoukraine entdeckte. Einen weiteren Jahrgang (für 1774) ermittelte er in der Bibliothek des Schlosses Münchengrätz (Mnichovo Hradiště) in Böhmen. 

Matthäus Joseph Heimerl wirkte 14 Jahre lang in Temeswar. Er starb auf der Höhe seines Erfolges am 10. Mai 1784 im Alter von nur 52 Jahren. In der Geschichte des Temeswarer Druck- und Pressewesens bleibt Heimerl eine Lichtgestalt. Mit den „Temeswarer Nachrichten“, dem „Temeswarer Schreib-Calender“ und den in seiner Offizin hergestellten Drucken hat er wirkliche Pionierarbeit geleistet. Seine Presse- und Buchprodukte sind wichtige Zeugnisse deutscher Kulturleistung im Banat, im ganzen europäischen Südosten.