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Zeichen der Erinnerung und Mahnung

Der von Friedrich Philippi und Erwin Josef Ţigla in Zusammenarbeit mit Crina und Dorin Dărăban (Dokumentation der Denkmäler in Nordsiebenbürgen und Ungarn) veröffentlichte und in diesen traurigen Zeiten der Pandemie gar nicht alltägliche Bildband „Denkmäler und Gedenktafeln für die im Januar 1945 in die Sowjetunion deportierten Rumäniendeutschen“ besticht vorerst durch seine großzügige Aufmachung und nicht zuletzt durch sein umfassendes Konzept. Der Band, eine vervollständigte zweite Auflage des 2010 vorgelegten Bildbandes zum Thema – die Arbeit geht auf einen Aufruf zur Mitarbeit von Erwin Josef Ţigla zurück –, ist als 105. Buchpublikation des Deutschen Kultur- und Erwachsenenbildungsvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ mit großzügiger finanzieller Unterstützung durch die rumänische Regierung erschienen. 

War eine erweiterte Auflage des Bandes zu einem nach der Wende vielbesprochenen Thema überhaupt noch nötig? Die Antwort lautet: Ja. Obwohl in Zeugenberichten, in wissenschaftlich-geschichtlichen und publizistischen Arbeiten nach der Wende lokal, regional, landesweit und im deutschen Sprachraum Europas über die traumatischen Geschehnisse von vor 75 Jahren in verschiedenen Formen berichtet wurde, gab es, was auch im Vorwort von Friedrich Philippi betont wird, trotzdem weiteren Nachholbedarf. Nachdem die Russlanddeportation in kommunistischer Zeit in Rumänien ein Tabuthema war, nachdem die Friedhöfe in den Deportationsgebieten aufgelassen und verschüttet wurden, musste von den Foren und Kirchengemeinschaften der Deutschen in Rumänien wie auch von den Verbänden der Rumäniendeutschen weltweit viel von dem Verbotenen, Verschütteten ans Tageslicht gebracht und von dem Versäumten nachgeholt werden. Und dieser „Prozess“ ist noch nicht abgeschlossen: Da und dort, in Rumänien, Deutschland (von den Heimatortsgemeinschaften) und Ungarn, werden weiterhin Zeichen gesetzt für die Überlebenden, deren Zahl heute nur noch gering ist, aber besonders für die 12-15 Prozent der rund 70000 deportierten Rumäniendeutschen, die die unmenschliche Zwangsarbeit in den 85 sowjetischen Arbeitslagern nicht überlebt haben. Viele der Denkmäler und Gedenktafeln entstanden erst nach 1990. Es sei hier daran erinnert, dass das erste große Denkmal im Land 1995 in Reschitza entstand (nach einem Entwurf des aus Reschitza gebürtigen Bildhauers Hans Stendl), zuletzt wurde 2019 eine Gedenktafel für die  Opfer des Zweiten Weltkriegs und der Russlanddeportation in der evangelischen Kirche in Nußbach (im Burzenland/Siebenbürgen) eingeweiht.

In Schrift und Bild dokumentiert sind in diesem zweisprachigen (deutsch-rumänischen), farbigen Bildband auf 232 Seiten Denkmäler und Gedenktafeln aus dem Banat, aus Siebenbürgen, Nordsiebenbürgen, Bukarest, Ungarn sowie unter anderen neun Denkmäler aus Deutschland, von Deggingen bis Regensburg. Als etwas ganz Besonderes sind die gestickten Texte auf den Paramenten (Behänge um Altar, Kanzel, Taufbecken oder Gestühl) hervorzuheben. Außergewöhnliche Denkmäler sind auch jene aus Bartholomä und Honigberg, die rund um eine Glocke errichtet wurden.

Letztlich sei die hingebungsvolle Arbeit der Autoren und zahlreichen Mitarbeiter von überall als eine bleibende Gemeinschaftsarbeit gewürdigt. Die Denkmäler und Gedenktafeln sind Zeichen der Erinnerung an unsere Russlanddeportierten, an die Überlebenden dieses Unrechts und an die vielen Toten, aber noch wichtiger: Sie sind  ein Zeichen der Mahnung, die uns den Weg in eine gemeinsame Zukunft in Frieden und Freiheit weisen.

Friedrich Philippi, Erwin Josef Ţigla: Denkmäler und Gedenktafeln für die im Januar 1945 in die Sowjetunion deportierten Rumäniendeutschen / Monumente și plăci comemorative pentru germanii din România deportaţi în ianuarie 1945 în Uniunea Sovietică. In Zusammenarbeit mit / Cu sprijinul: Crina und Dorin Dărăban. Reschitza: Banatul Montan, 2020. 232 Seiten