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Vollblutkünstler schuf vielgestaltiges Werk

Friedrich Eberle (1927-2021) Foto: Walther Konschitzky

„Ich kann nur malen, was ich sehe und das muss ich genau malen“, sagte Friedrich Eberle und malte und malte und malte. Reizende Aquarelle mit einer Farbenpracht sondergleichen. Und nun malt er nicht mehr. Er ist im Kreise seiner Familienan-gehörigen im 94. Lebensjahr am 9. Januar 2021 in Nürnberg friedlich entschlafen. Ihm, der in seinem langen Leben nie im Krankenhaus weilte, war das Glück zuteil, auch seine letzten Stunden hier auf Erden zu Hause mit seinen Lieben zu sein. Am 12. Februar 2020 hatte er noch zusammen mit seiner Ehefrau Waltraud Edith nach 65 Ehejahren die Eiserne Hochzeit gefeiert.

Walther Sinn, der Pfarrer seiner Heimatgemeinde Liebling, in der er am 25. August 1927 geboren worden war, ließ am Tag des Todes ausrichten: „Seien Sie dankbar, dass Gott ihm 93 Jahre geschenkt hat.“ Hinzufügen möchte ich: Auch wir, als große banatschwäbische und siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft, sind dankbar, Friedrich Eberle als einen treuen Landsmann und großen Künstler erlebt zu haben, der uns mit seinen vielfältigen, die Betrachter in besonderem Maße erfreuenden, klug komponierten, stimmungshaften Bildern reich beschenkt und uns seine Heimat – das Banat, Siebenbürgen und Franken – künstlerisch vermittelt hat. Er bleibt unvergessen und lebt spürbar weiter durch sein Lebenswerk.
Seine Ehefrau war stets an seiner Seite und hat ihn in seinem Schaffen bestärkt. Sie bewunderte ihn sehr ob seiner künstlerischen Fähigkeiten und war stolz auf ihn, dass er seine Malkunst den Kirchen und Kirchenburgen aus Siebenbürgen, ihrer Heimat, widmete. Zwei Töchter und drei Enkelkinder bereicherten sein erfülltes Familienleben.

Schon als Kind hatte Friedrich Eberle gerne gezeichnet. Papier und Stifte waren im Elternhause eher selten. Deshalb zeichnete er auf leeren Buchdeckeln mit Kohlebrocken, die er dem Bügeleisen entnommen hatte. Auch das Bücherlesen mochte er sehr. Friedrich Eberle bleibt als großer Künstler in Erinnerung. Jahrelang hat er bereut, dass er keine Hochschule besuchen konnte, sondern nur auf der Schule für Bildende Künste in Temeswar war. Ein Fernstudium mit Diplom „Werbegrafiker“ hat er dann aber in seiner neuen Heimat, in die er 1977 übersiedelt ist, mit „ausgezeichnet“ nachgeholt. Der berühmte Banater Maler Franz Ferch, bekannt durch seine wunderschönen Distelbilder aus der Banater Heide, war sein Lehrer, von ihm hatte er das genaue Zeichnen und Malen gelernt.

Nach Abschluss der Grundschule in Liebling half er in der elterlichen Bauernwirtschaft mit. Allein mit seiner Mutter geblieben, war an eine weitergehende Schule nicht zu denken. Wie viele seiner Altersgenossen wurde auch er am 15. Januar 1945 zur Zwangsarbeit in den Donbass deportiert. Achthundertdreiundneunzig Tage war er von zu Hause weg. Nach einem Fußmarsch von sechsundsiebzig Tagen – er war in Ostdeutschland, wo man ihn ausgesetzt hatte, losgegangen – war er am 26. Juni 1947 wieder zu Hause in Liebling angekommen. Diesen dramatischen Lebensabschnitt hat er in einem im Jahr 2016 erschienenen Büchlein festgehalten.

In Liebling musste er sich zunächst wieder zurechtfinden, denn nach Kriegsende hatte es große Umwälzungen im Land gegeben. Als Bauer gab es auch für ihn keine Zukunft mehr. Er durfte nur dank einer Sondergenehmigung des Bukarester Unterrichtsministeriums aufgrund seiner außergewöhnlichen zeichnerischen Begabung die Schule der Bildenden Künste in Temeswar besuchen. Nach deren Abschluss 1953 bestand er die Aufnahmeprüfung für das Studium der Medizin in Temeswar, jedoch gab es für ihn keinen Studienplatz. 1955 heiratete er die Siebenbürger Sächsin aus Reußdorf Waltraud Edith, die als Lehrerin nach Liebling zugeteilt worden war.

Friedrich Eberle arbeitete als Porträtmaler in der Technik Kohle und Pastell. Vor rund vierzig Jahren begann er mit der Aquarellmalerei und formte seinen erfolgreichen Malstil. Er beherrschte die altmeisterliche Arbeitstechnik bis zur Vollkommenheit. Tief beeindruckt von den malerischen siebenbürgischen Straßendörfern mit ihren mächtigen Kirchenburgen, wurden diese zunächst die geeigneten Motive für seine Malerei. Hinzu kamen dann auch weitere wie Altstadt Nürnberg, Landschaftsbilder aus Bayern und aus Urlaubsorten, aus seiner Heimatgemeinde Liebling, Blumensträuße. Einige dieser Bilder hat er auch in Öl gemalt.

Sein umfangreiches Werk konnte in zahlreichen Ausstellungen bewundert werden (Legelshurst, München, Mitterfels, Dinkelsbühl, Fürth, Scheinfeld, Nürnberg, USA,  Königsbrunn, Heilbronn, Rottenburg-Stuttgart, Schwabach, Herzogenaurach, Airport München, Hermannstadt), zuletzt auch in seinem Bildband „Siebenbürgen in Aquarellen“ (siehe auch „Banater Post“ vom 20. Mai 2019). Der große Meister der gemalten Illusion (Trompe-l’oeil), der Siebenbürger Sachse Michael Lassel, hebt ausdrücklich die große Breite der „zeichnerischen Begabung“ und die herausragende Qualität im vielgestaltigen Werk des „Vollblutkünstlers“ Friedrich Eberle hervor. Lassel betont mit hoher Achtung die Bandbreite seiner Kunst, dessen „Klang der Farben“, das Beherrschen der altmeisterlichen Arbeitstechnik.

Die hohe Wertschätzung des renommierten Künstlers zeigt sich auch in den hunderten Bildern, die Besucher der Heimattage in Dinkelsbühl oder bei großen schwäbischen Veranstaltungen erworben haben. Die hohe Qualität Friedrich Eberles, besser gesagt, seiner Werke, liegt vorwiegend in deren emotionalen Annahme durch seine Betrachter, durch seine große „Fangemeinde“. Sein Werk wirkt weit über seinen Tod hinaus als eine lebensbejahende, Sinnhaftigkeit und farbenfreudige Lebenslust vermittelnde Botschaft. Danke, Friedrich Eberle!