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Freidorf: Neugestaltung des Kircheninnenraums 1861 unter Pfarrer Mathias Ehardt

Der Hochaltar der Freidorfer Kirche nach der letzten Restaurierung mit dem Gemälde des heiligen Rochus, einem Werk des Wiener Malers Carl Gutsch Fotos: Mihai Botescu (2012)/Archiv der Diözese Temeswar

Ehrengräber für die Seelsorger Mathias Ehard und Stefan Pontelly Foto: Archiv Radegunde Täuber

Die Freidorfer Kirche, dem heiligen Rochus geweiht, wurde 1772-1777 errichtet.

Dieser Beitrag zur Kirchen- und Ortsgeschichte kann einerseits als Fortführung der in der „Banater Post“ vom 15. März 2019 erschienenen Dokumentation „Dreihundert Jahre Freidorf: Wie alles begann“ von Agnes Kralig und Michael Zikeli gesehen werden, knüpft auch an den ebenfalls von Agnes Kralig im Herbst desselben Jahres verfassten Bericht anlässlich des 25. Heimattreffens in Nürnberg an (Ausgabe vom 5. Oktober). Andererseits liefern die in der Juni-Ausgabe 2020 publizierten Daten über den Wiener Maler Carl Gutsch, insbesondere der Abschnitt über seine bislang nachgewiesenen Altarblätter im Banat, auch konkrete Hinweise hinsichtlich der Altarbilder in Freidorf (Radegunde Täuber: „Ein Stein ist ins Rollen gekommen“).

Der unbekannte Maler in der Familienüberlieferung

Dass unsere Familiengeschichte mehrfach zur Freidorfer Kirche hinführt, mag wegen des rein privaten Charakters belanglos erscheinen, von ihr ist aber für mich die Anregung ausgegangen, mich – schon vor Jahren – auf die Suche nach dem Maler zu begeben.
Laut Familienüberlieferung wussten wir, dass das Porträt unseres Dreimal-Urgroßvaters Johannes Ehardt (1798-1866), ansässig in Kleinjetscha, von demselben Maler ausgeführt worden war wie der Hauptaltar und zwei (nicht mehr vorhandene) Nebenaltäre in der Freidorfer Kirche. Beide Bilder – Porträt wie Altarblatt –, ebenso die gesamte Erneuerung des Kircheninnenraums fallen in die Zeit, da sein Sohn Mathias Ehardt über den langen Zeitraum von fast 30 Jahren Pfarrer in Freidorf war (1858-1887).

Das lebensgroße Brustbild soll hier nur mit einigen Randbemerkungen erwähnt werden, weil es so etwas wie ein Pflasterstein zu den Altarbildern gewesen ist und weil mit dem Bild viel an Zeitgeschehen wieder aufgetaucht ist. Fest steht, dass das Porträt im Freidorfer Pfarrhaus entstanden ist. Bisher ist es an drei Stellen veröffentlicht worden: das erste Mal in der von Hans Dama herausgegebenen Festschrift „An der Schwelle zum 100-jährigen Jubiläum des Verbandes der Banater Schwaben Österreichs“ (Wien 2005) – bei noch unbekanntem Maler, aber bereits abgerundetem Lebensbild des Dargestellten, einschließlich der Odyssee des Bildes; das zweite Mal – bei namentlich bekanntem Maler, ergänzt durch Informationen über die Billed-Bogaroscher „Schwabenpetition“ an Kaiser Franz Joseph I. vom 2. Oktober 1849 – im „Temeschburger Heimatblatt 2019“; das dritte Mal in der „Banater Post“ vom 20. November 2019 (Radegunde Täuber: Im Kampf um die nationale Selbsterhaltung).

Carl Gutsch − der Maler, Joseph Treydl − der Vergolder

Erst die in der „Historia Domus“ vorgefundenen Aufzeichnungen hatten es ermöglicht, den Anteil des Malers Carl Gutsch sowie den des Vergolders Joseph Treydl an der Verschönerung des Gotteshauses zu erkennen und nun entsprechend zu würdigen. Die „Historia Domus“, ein fest gebundenes, großformatiges, handgeschriebenes Buch, ist vermutlich relativ spät ans Temeswarer Diözesanarchiv abgegeben worden. 2005 konnten mir weder Johann Dirschl, seit 1989 Pfarrer in Freidorf (jetzt Monsignore, Generalvikar der Diözese Temeswar), noch Dr. Franz von Klimstein, damals Diözesanarchivar in Temeswar, Auskunft über den Verbleib des Bandes geben. Wie es scheint, hatte Dr. Johann Heber, Pfarrer in Freidorf (1956-1988), Domherr, Päpstlicher Hausprälat, die „Historia Domus“ bis zuletzt aufbewahrt und wie seinen Augapfel gehütet. (Ein Nachtrag ist nötig.)

Den größten Anteil an den ausführlichen Aufzeichnungen in der „Historia Domus“ hat Pfarrer Mathias Ehardt (geboren 1823 in Kleinjetscha, gestorben 1887 in Freidorf). Sie ist weit mehr als nur die Geschichte der Freidorfer Pfarrei, sie ist eine Fundgrube für Lokalforscher, indem sie an vielen Stellen anschaulichen Einblick in das Gemeindeleben gewährt. Vorauszuschicken sind Anmerkungen zu Regelungen, die die Pflichten des einzelnen „Inwohners“ als Untertan festschrieben. Freidorf war Ende des 18. Jahrhunderts Kameraldorf geblieben, weil sich unter Joseph II. kein Käufer als Privatgrundherr gefunden hatte. Der Gemeinde und dem einzelnen Untertan erwuchsen daraus Vorteile: Sie blieben von dem Sessionalgulden verschont, desgleichen vor dem Entrichten des Zehnten, wie „Fruchtzehend, Wein-, Lämmer-, Bienen- und Tabakzehend“, und mussten nur Gemeinderobote (Fuhrvorspann und/oder Arbeitstage) leisten, auch für Kirche und Schule, Pfarrer und Lehrer.

Karoline Lotte Wilhelm hält ausdrücklich die gesetzliche Grundlage dafür fest: Laut Impopulationsinstruktion [kaiserlicher Verordnung] wurden Kirchen und Pfarrhöfe auf Unkosten des höchsten Ärars erbaut und in gutem Zustand gehalten. Doch mancher Gulden musste von der Gemeinde und der Bevölkerung aufgebracht werden (vgl. Heimatbuch der deutschen Gemeinde Freidorf im Banat 1723-1973, 1985, S. 76, 91, 192). Das galt umso mehr für die Verschönerung der Kirche. Bei dem großen Vorhaben von 1861 kam Freidorf jedenfalls nicht in den Genuss einer reichen Zuwendung. Die Spenden der Gläubigen sind als spürbare Opfer einzuschätzen, lag doch die Überschwemmungskatastrophe keine zwei Jahre zurück. Im Räderwerk des Gemeindelebens kam es umso mehr auf ein gutes Zusammenwirken an, gerade in Zeiten großer Herausforderungen.

Auszüge aus der „Historia Domus“

[Der Text – in Kursivschrift – ist etwas gekürzt und an einigen Stellen unerheblich geändert.]

Der Chronist geht auf die notwendig gewordenen Restaurierungsarbeiten beziehungsweise auf die „Verschönerung“ ein, den Vertrag mit den beiden Künstlern, auf den Besuch des  Bischofs Alexander Bonnaz (1812-1889, als Bischof seit einem knappen Jahr im Amt) nach Beendigung der Arbeiten, die Weihe der neuen Altarbilder, verbunden mit dem Spenden des Sakraments der Firmung, und auf den bischöflichen Besuch in der Schule. Die ganze Gemeinde feierte mit, waren es doch die Gläubigen der Gemeinde gewesen, die durch ihre Spenden die neue Pracht erst ermöglicht hatten. Vor uns Lesern entfaltet sich ein beeindruckendes Geschehen [S. 22-24].

Die hiesige Kirche ist wie schon auf der 1. Seite dieses Buches zu entnehmen ist, unter der glorreichen Regierung Maria Theresias 1777 erbaut und wiederum nach Verlauf [von] 44 Jahren, 1821, unter Kaiser Franz I. restauriert worden. Während dieser Zeit blieb die innerliche Einrichtung, ausgenommen die Anschaffung kleiner Gegenstände, ein und dieselbe, besonders aber waren die Altäre schon so veraltet, dass kaum mehr zu sehen war, welche Arbeit einstens dafür aufgewendet wurde.

Dieser Zustand war Impuls Nummer eins, sich an die Erneuerung zu wagen; ebenso wichtig war, das Beispiel anderer frommer christlicher Gemeinden nachzuahmen, zu beweisen, dass auch die hiesige Gemeinde im Stande und auch bereitwillig ist, ihrem Gotteshause die innerliche Zierde und Verschönerung Gott zu Ehren durchzubringen […]. Zu diesem Zweck scheute Hochwürden Herr Pfarrer Ehardt [er schreibt es in der dritten Person nieder] keine Mühe: Er ging von Haus zu Haus, um Unterschriften und die Einwilligung der Inwohner zur Ausmalung und Renovierung der Kirche zu bekommen. Was mit Gottes Hilfe gelang. Diese gemeinsame Einwilligung war ihm persönlich und der Gemeindevertretung wichtig – dem Ortsrichter und Gemeindevorstand Mathias Lindacher sowie den Geschworenen Peter Krispin und Philipp Moll.  

Und so geschah es, dass [sie] … das Vorhaben ausführen konnten.

Demzufolge war durch den Orts Pfarrer nach vorangesehener Kirche von Gyertyámos [Gertianosch/Căr-piniş] derselbe Vergolder Joseph Treydl aus Wien berufen worden, mit welchem die Gemeinde am 25. July 1861 einen Vertrag mit 1300 fl. [Gulden] abschloß, wofür derselbe die innerliche Einrichtung zu vergolden und marmorieren und die Bänke zu fladern [masern, ädern] die Pflicht auf sich genommen hat, mit der Bedingnis, daß die Arbeit bis zum 1. November verfertigt sein muß. – Dieser Contrakt wurde pünktlich beobachtet, wozu auch ein Ölgemälde der Hl. Dreyfaltigkeit im Plafond einvernommen war. – Bei dieser Gelegenheit musste auch das große Altar Bild, welches weder zu reinigen noch zu übermalen war, neu errichtet werden. Und so geschah es, dass durch die Gemeinde auch dafür das Opfer mit 150 fl Öst. [Gulden österreichischer Währung] für das große Altar Bild des Hl. Rochus dargebracht wurde.

Nebstens sind auch die Seiten Altar Bilder, nämlich das Bild der Hl. Maria und des Hl. Wendelini aus einer Sammlung des Jahres 1860 neu errichtet worden, welche auf 130 fl. Öst. gekommen sind, mithin alle Bilder von einem und demselben Meister Carl Gutsch aus Wien verfertiget.

Nachdem die Kirche innerlich gänzlich hergestellt war, [wurde] der Hochwürdigste H[err] Bischof Alexander Bonnaz zur Besichtigung und Weihe eingeladen. Am 14. November fand die würdevolle Feier als Fest der ganzen Gemeinde statt. – Es folgt ein weitläufiger Bericht, von dem nur einige Momente herausgegriffen seien:  

Früh warteten an der Canal-Brücke neun Burschen als Vorreiter auf die hohen Gäste, um sie zu empfangen und zu begleiten. Angekommen an der Ortsgrenze, wurde der Bischof von einer Prozession zur Kirche geleitet – unter Glockengeläut, Salven und Böllerschüssen, abgegeben vom Schützencorps. Dazu ertönte der Gesang „Großer Gott, wir loben dich!“ In seiner an die Gemeinde gerichteten Rede sprach der Oberhirte Lob und Dank für ihre Opferwilligkeit aus.

Nach der Weihe der drei neuen Altarbilder, dem Festgottesdienst und Spenden des Sakraments der Firmung an 244 Gläubige, d.h. nach vollzogener kirchlicher Ceremonie, besuchte der Bischof die Schule, belehrte [die Schüler] über den … Vortheil  und Nutzen des Schulegehens und ermahnte sie, diese ihre Kindespflicht gewissenhaft zu erfüllen, um dadurch ihren Eltern und Vorgesetzten Freude zu verschaffen. Lehrer war damals Heinrich Tittel.

Das Mittagmahl wurde im Pfarrhaus eingenommen, Toaste zur Gesundheit der hohen Gäste wurden unter Salven des Schützencorps ausgebracht. Ähnlich wie der Empfang verlief die Verabschiedung unter Glockengeläut, Böller und Salven des Schützenvereins, begleitet von den Vorreitern.

Wer von uns Heutigen hat je eine kirchliche Feier mit so viel Aufwand aus nächster Nähe erlebt? – Auch vor nunmehr 150-160 Jahren und mehr war so ein Fest im Leben der Gemeinde ein Höhepunkt, ja einmalig, doch es war nur Glied in einer Kette ähnlicher Ereignisse rundum. Insgesamt betrachtet, war jedes dieser Feste ein erhebendes Gemeinschaftserlebnis, zugleich Ausdruck eines Zeitgeistes, dessen eine Wurzel mit Sicherheit in den Nöten und Unsicherheiten der Untertanen gründete, über mehrere Generationen hinweg. Wie wichtig dieser kirchliche Festtag im Leben der Gemeinde Freidorf war, wird in der „Historia Domus“ durch das Siegel und die Unterschriften des Pfarrherren und der Gemeindevertreter deutlich gemacht.

Verweilen vor St. Rochus, dem Pestheiligen

Lotte Wilhelm hilft dabei mit ihrer erklärenden Schilderung: „Zum Kirchenpatron wurde der Hl. Rochus erwählt. Er ist der legendäre Pestheilige und soll sich bei der Pflege von Pestkranken selbst die Pest geholt haben. Sein Sterbetag war der 16. August 1327. Wir feiern am Sonntag nach diesem Augusttag immer unser Kirchweihfest. – Auf unserem Altarbild sehen wir, wie ein Hund dem kranken Rochus ein Brot bringt. Über seinem entblößten Knie erkennen wir eine Wunde, die die Pest ihm geschlagen hat. Er ist als Pilger mit breitrandigem Hut, Pilgerflasche und Hirtenstab dargestellt. (Heimatbuch, S. 78 f.; ausführlicher bei Dirschl/Boér) 

Den Nachweis dafür, dass Carl Gutsch im Banat in einigen Kirchen als Maler von Altarblättern anzutreffen ist, aber auch als Porträtist, hat Bischof Roos an mehreren Stellen seiner monumentalen Dokumentation „Erbe und Auftrag. Die alte Diözese Csanád“ (Band I,3a: 1851-1889, erschienen 2014) geliefert, eine Überraschung, für die wir ihm dankbar sind. Seine Recherchen konnten nämlich inzwischen in erfreulicher Zusammenarbeit ergänzt werden (vgl. „Banater Post vom 15. Juni 2020). Angestoßen durch Dr. Walter Wolf war der Stein durch Zusenden von drei Gutsch-Altarbildern in Triebswetter ins Rollen gekommen. Bischof Bonnaz hatte sie seiner Heimatgemeinde gespendet, darunter ein fast identischer St. Rochus-Seitenaltar, datiert zwei Jahre nach den Arbeiten in Freidorf. Die beiden Altäre unterscheiden sich vor allem durch den farblichen Eindruck: Der Hintergrund der Altartafel in Triebswetter ist überwiegend in Blautönen gehalten, während beim Freidorfer Altarbild gedämpftes Braun und Gold vorherrschen.

Echo auf die Neugestaltung des Kircheninnenraums

Im dreisprachig verfassten Freidorf-Bändchen von Johann Dirschl und Jenő Boér (2003) findet das „wohl gelungene, wirkungsvolle Altarbild“ besondere Beachtung. Wenige Jahre vor Erscheinen des Bändchens war es aufgefrischt worden (ich vermute 1992 im Zuge der durch Mathias Schreiner vorangetriebenen Instandsetzungsarbeiten) „und strahlt seither in seiner früheren Schönheit“. Den Namen des Malers, „eines hochbegabten Kunstmalers der Wiener Schule“, haben die Autoren vermutlich anhand der Signatur auf dem Bild zu deuten versucht, und zwar als Christian Guntsch (S. 13), was nicht zutrifft, wie wir heute wissen. Ihr Gesamturteil über die Wirkung des Kirchenraums auf den Betrachter: „Die hier erzielte Einfachheit [des Kircheninnenraums] flößt den Eindruck des Erhabenen ein. Sie besticht alle durch ihre Großartigkeit.“ (S. 18)

Unter dem volksnahen und tüchtigen Pfarrer Ehardt wurden weitere Neuerungen durchgeführt, (mit-)getragen von der Bevölkerung, so das Ersetzen des noch mit Schindeln gedeckten Dachs von Sakristei und Turm durch Ziegel. Mit dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 waren die Pflichten des Ärars an die Ungarische Schatzkammer übergegangen. 1880 wurden die fünf 44 Jahre alten hölzernen Flurkreuze (Richtung Temeswar, Kischoda, Utvin) durch neue ersetzt. Lotte Wilhelm schöpft aus Erinnerungen, wenn sie Bittprozessionen zu den Wegkreuzen und Fronleichnamsprozessionen in der Vorstellung der Leser lebendig werden lässt (Heimatbuch, S. 216 ff). Wie vieles andere hatten sie ihren Ursprung in der tiefen Frömmigkeit von Jung und Alt.

Auch großzügige Spenden zeugen vom Einvernehmen zwischen „Inwohnern“ und ihrem Pfarrer. So das große, vergoldete eiserne Kreuz vor der Kirche, errichtet aus dem Erbe der Eheleute Konrad und Anna Winkler, gegossen 1875 in der Eisengießerei Anina, geweiht 1877 „in Anwesenheit der eifrigen Dorfbevölkerung“ (Mathias Schreiner, Heimatbuch, S. 221).

Alle wichtigen Ereignisse hat Pfarrer Ehardt in seiner ausführlichen Darstellungsweise aufgezeichnet. Sein Nachfolger als Seelsorger, Stefan Pontelly (1840-1898), Benediktiner, hat in seinen ungarisch abgefassten Aufzeichnungen zur Geschichte der Kirche und Gemeinde manches Bemerkenswerte aus den Jahren vor seinem Amtsantritt in Freidorf diesem Band entnommen; sie werden im Heimatbuch im Nachtrag berücksichtigt (S. 192 f.), doch von  Pontelly selbst, einem tüchtigen Mann, gibt es keine Eintragungen in der „Historia Domus“, ebenso von keinem seiner Nachfolger bis 1949/1950.

Das verdienstvolle Wirken von Mathias Ehardt im Laufe von fast dreißig Jahren fand eine sichtbare Anerkennung: Sein Grab neben der Kapelle wird bis heute gepflegt. Neben ihm ist in einem zweiten Ehrengrab Pfarrer Stefan Pontelly bestattet.

Nachtrag zum Heimatbuch und zur „Historia Domus“

Freidorf hat mit seiner Ortsmonographie eine der lebendigsten und authentischsten Erinnerungsbücher, dies vor allem dank der federführenden Lotte Wilhelm, die es verstanden hat, Geschichte erlebbar zu machen, nicht zuletzt durch Hinzuziehung einer Reihe von Mitarbeitern. Sie verfasste auch den Freidorf-Artikel im fünften Band der Reihe „Das Banat und die Banater Schwaben“ (2011, S. 186-192).

Lotte Wilhelm war mit meinen Eltern befreundet und hat sich während der Arbeit an der Monografie darüber beklagt, dass der damalige Pfarrer, in dessen Verwahrung sich die „Historia Domus“ befand, ihr den Einblick verwehrt hat. Weiter unten werde ich versuchen, eine Antwort auf das Warum zu geben. Sie war in Deutschland – Pfarrer Dr. Johann Heber im Freidorf der Ceauşescu-Zeit. Ihr standen aber die Matrikelbücher zur Verfügung und sie nutzte Quellen aus Wiener Archiven und Bibliotheken.

Mit den Eintragungen in der „Historia Domus“ – insgesamt 57 Seiten – hat es eine eigene Bewandtnis. Grob betrachtet setzt sie sich aus vier unterschiedlichen Teilen zusammen: 1. einer Erklärung: Wegen des stark beschädigten Zustands des (ersten) Originals fertigt der neue Gemeindepfarrer Mathias Ehardt eine wortgetreue Abschrift an, beglaubigt durch die Unterschriften von Gemeindevertretern; 2. der Abschrift der originalen Chronik (ab 1723), fast durchgehend in lateinischer Sprache verfasst, Übereinstimmungen mit dem Artikel von Kralik/Zikeli in der „Banater Post“ (siehe weiter oben); auch Lotte Wilhelms Liste der Freidorfer Seelsorger hört mit Franz Widmayer (1831-1858) auf (S. 93); 3. Chronik/Fortsetzung: das umfangreiche Mittelstück – ein originaler, authentischer Zeitbericht von Pfarrer Mathias Ehardt († 1887), S. 12-44; 4. 1949/1950, nach nahezu 50 Jahren, hat sich der damals junge Dr. Franz Kräuter, anfangs Administrator, dann Kaplan, bemüht, die Lücke zu schließen, d.h. das über Jahrzehnte Versäumte zu rekonstruieren. Eine erstaunliche, Achtung gebietende Leistung! Darunter, besonders ausführlich, voll menschlicher Anteilnahme das Schicksal des in den Anfangsjahren der kommunistischen Diktatur verfolgten, inhaftierten, letztlich in Freidorf beigesetzten Pfarrers Maximilian Simonich (1880-1950). Eine Kurzbiografie von Mathias Schreiner und eine Abbildung seiner letzten Ruhestätte finden sich im Heimatbuch, S. 311.

In den Mitteilungen über Pfarrer Simonich ist höchstwahrscheinlich die Erklärung der oben aufgeworfenen Frage zu sehen: Dr. Johann Heber, selbst den Verfolgungen kaum entronnen, fürchtete für sich und andere, dort Genannte, eine neue Welle von staatlicher Gewalt. Dennoch scheint der eine oder andere der Mitautoren des Heimatbuches Zugang zu dem Folianten gehabt zu haben. Das alte (erste) Original dürfte ebenso wie Pontellys Aufzeichnungen wesentlich früher in den Besitz des Diözesanarchivs gelangt sein als die „Historia Domus“. Wie dem auch sei – heute sind diese Originale im Diözesanarchiv in Temeswar einsehbar.