Im Verlag der Donauschwäbischen Kulturstiftung ist vor kurzem ein weiterer Mosaikstein der Geschichte der Deutschen in Südosteuropa erschienen. Es handelt sich um den vierten Band einer fünfteiligen Reihe, mit dem die Kulturstiftung ihr Unternehmen fortsetzt, eine mit wissenschaftlicher Methodik abgefasste Gesamtdarstellung der Geschichte der Donauschwaben vorzulegen. Er trägt den Titel „Flucht - Vertreibung - Verfolgung - Genozid. Der Leidensweg ab 1944“. Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres soll der fünfte und letzte Band erscheinen. Er wird sich mit der Eingliederung der Donauschwaben in die neue Heimat befassen. Bisher sind erschienen: „Das Jahrhundert der Ansiedlung 1689-1805“ (2006), „Wirtschaftliche Autarkie und politische Entfremdung 1806-1918“ (1997), „Die Tragödie der Selbstbehauptung im Wirkfeld des Nationalismus der Nachfolgestaaten 1918-1944“ (2010).
Der vierte Band, den ein Autorenteam unter der Leitung des in Österreich beheimateten Philosophen und Theologen Georg Wildmann herausgegeben hat, stellt die reale Tragödie der Donauschwaben ab Herbst 1944 dar: die gelenkte Flucht eines Teils der Deutschen aus den Gebieten, die ihnen 250 Jahre Heimat waren; die Vertreibung in Form der Abschiebung und Aussiedlung nach Deutschland; die Deportation in die Sowjetunion; die Verfolgung durch Enteignung, Exekutionen und Lagerinternierungen, kurz gesagt: den Untergang in Raten des Deutschtums auf dem Gebiet der ehemaligen Doppelmonarchie. Das Buch bemüht sich um die Erfassung jener Ursachen der Tragödie, die im Nationalcharakter und der Ideologie der Verfolger zu suchen sind. Viel Raum wird der Tragödie der Donauschwaben Jugoslawiens eingeräumt.
Das Schicksal der Ungarndeutschen und der Schwaben im östlichen Teil des Banats wird gesondert dargestellt. Die Historikerin Dr. Maria Werthan schrieb den rund einhundert Seiten umfassenden Teil über die politische Geschichte der Banater Schwaben im Zeitraum 1944 – 2013. Eine Nennung der einzelnen Kapitelüberschriften vermag Aufschluss zu geben über die inhaltlichen Schwerpunkte des Beitrags: 1. Geänderte Weichenstellungen in der rumänischen Politik und ihre Folgen für die deutsche Bevölkerung: Rechtlosigkeit, Verfolgung und geplante Vertreibung; 2. Terror, Verhaftungen, Internierungen und Deportation nach Russland; 3. Ansiedlung rumänischer Bevölkerung in deutschen Gemeinden, totale Enteignung und Zwangskollektivierung; 4. Die Bărăgan-Deportation; 5. Schauprozesse; 6. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die deutsche Minderheit; 7. Überleben der Banater in der Diktatur; 8. Aussiedlung und Freikauf: Der Anfang vom Ende?; 9. Die Deutschen im Banat: Was blieb nach der Revolution?; 10. Die Landsmannschaft: Ein Netzwerk mit Zukunft? Separate Fachkapitel sind der Deportation in die Bărăgan-Steppe (Autor: Wilhelm Weber) und dem deutschen Schulwesen (Autor: Hans Fink) gewidmet. In der Einleitung bedauert Wildmann, dass „ein Kapitel über die kulturell-literarischen Ambitionen der Banater Schwaben“ nicht zustande gekommen ist.
Georg Wildmann: Donauschwäbische Geschichte. Band IV: Flucht – Vertreibung – Verfolgung – Genozid. Der Leidensweg ab 1944. München: Donauschwäbische Kulturstiftung, 2015. 722 Seiten. Das Buch kann bestellt werden bei der Donauschwäbischen Kulturstiftung in Sindelfingen, Tel. 07031 / 7937633, E-Mail mojem@haus-donauschwaben.de. Es kostet 20 Euro zuzüglich Versandpreis.