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Trachtenpuppen im Lenauheimer Heimatmuseum sind in die Jahre gekommen

Großjetschaer Trachtenpuppenpaar. Einsender: N. Neidenbach

Katharina Klemens und Magdalena Kierer mit einer Orzydorfer Trachtenpuppe. Einsender: Werner Griebel

Lenauheim, Orzydorf und Großjetscha nehmen Vorreiterrolle bei der  Erneuerung der Trachtenpuppen ein. Vor einigen Jahren kam die berechtigte Diskussion innerhalb der HOG-Tagung in Frankenthal auf: Was kann man machen, um die in die Jahre gekommenen 51 Trachtenpuppenpaare im Lenauheimer Heimatmuseum in ansehnlicher Form weiterhin auszustellen? Seit der Gründung des Heimatmuseums auf Initiative von Nikolaus Berwanger sind immerhin fast dreißig Jahre vergangen. Damals konnte man auf einen großen Mitarbeiterstab aus dem ganzen Banat zurückgreifen. Sicherlich haben unsere Landsleute Qualitäts-arbeit geleistet und den Puppen Trachten, Schuhwerk und Kopfschmuck aus bestem Material verpasst, dennoch nagt der Zahn der Zeit an den Materialien und das Aussehen der Trachtenpuppen ist dementsprechend.

An Ort und Stelle wurde das Problem mit dem damaligen Bürgermeister Alinel Narita und seinem Nachfolger Ilie Suciu wie auch mit der seinerzeitigen Museumsbetreuerin Elfriede Hockl und der jetzigen Betreuerin Elfriede Klein besprochen. Als erstes wurde der Versuch unternommen, die Kleidungsstücke zu reinigen, was jedoch misslang, da die Textilien dadurch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Später einigten wir uns mit dem Bürgermeister darauf, dass die alten gegen neue Trachtenpuppenpaare ausgetauscht werden können. Jede Heimatortsgemeinschaft oder auch Privatinitiative (dann aber nur über die jeweilige HOG) kann diesbezüglich Kontakt zum Bürgermeisteramt aufnehmen. Die neuen Puppenpaare müssen allerdings in der genau gleichen Tracht gekleidet sein wie die jetzigen. Bei Fragen kann man sich auch an die HOG Lenauheim wenden.

Lenauheim nimmt bei dieser Initiative eine Vorreiterrolle ein. Bereits 2007 wurde ein Trachtenpuppenpaar in neuer Tracht nach Lenauheim gebracht. Für das Anfertigen der Tracht konnte Helene Koch (geborene Reiter), eine passionierte Hobby-Schneiderin, die mittlerweile im Ruhestand ist, gewonnen werden. Sie beherrscht noch das überlieferte „Knüpfen“ der Tücher, das Legen der Röcke und das Ankleiden der Mädchentracht. Es war eine mühevolle Arbeit, wofür Helene Koch unser herzlicher Dank gebührt. Landsmann Alfred Geiger erklärte sich bereit, ein Drehpodest für das Puppenpaar anzufertigen. Es steht auf einem von einem Elektromotor mit kleiner Tourenzahl betriebenen Drehteller und kann somit von allen Seiten betrachtet werden. Alfred Geiger sprechen wir ebenfalls unseren Dank aus. Dies ist auch ein Zeichen des Traditionsbewusstseins und des Zusammenhalts unserer Heimatortsgemeinschaft.

Erfeulicherweise sind im vergangenen Jahr zwei weitere Banater Orte dem Beispiel der Lenauheimer gefolgt: Orzydorf und Großjetscha. Das Puppenpaar in Orzydorfer Kirchweihtracht wurde von Magdalena Kierer aus Garching gespendet. Seit einem Jahrzehnt widmet sie sich voller Leidenschaft ihrem Hobby: der Anfertigung von Kirchweihtrachten für Puppen. Dabei wird sie von ihrer Schwester und ihrem Ehemann unterstützt. Etliche Trachtenpuppen sind bisher aus ihren Händen hervorgegangen; diese stehen nicht nur bei ihren Kindern, bei Verwandten und Freunden, sondern sind auch im Banater Brauchtums- und Trachtenpuppenmuseum in Würzburg sowie im Heimatmuseum in Görwihl (Schwarzwald) zu bewundern. Darüber hinaus spendete sie für die Tombola bei vier Heimattreffen der Orzydorfer je eine Kirchweihpuppe, die den Gewinnern viel Freude bereitete. Nachdem sie bei einem Besuch im Lenauheimer Heimatmuseum im Jahr 2011 feststellte, dass dort kein Kirchweihpuppenpaar aus ihrem Heimatort ausgestellt ist, erklärte sie sich spontan bereit, eines anzufertigen. Im April 2012 konnte das Paar als Spende übergeben werden. Magdalena Kierer, der die Trachtenpuppen im Lenauheimer Museum sehr am Herzen liegen, bietet an, zwei in Mitleidenschaft gezogene Puppenpaare aufzufrischen bzw. zu erneuern. Die Übernahme der Puppen kann 2013 erfolgen, die Übergabe im darauffolgenden Jahr.

Dass im Lenauheimer Heimatmuseum nun auch ein neues Puppenpaar in Großjetschaer Tracht steht, ist der Initiative von Hilde und Horst Redl zu verdanken. Beide leiten schon seit vielen Jahren die Tanzgruppe der Banater Schwaben aus Singen, die die Großjetschaer Tracht trägt. Bei einem Besuch in Lenauheim stellten sie fest, dass eine dringende Erneuerung des Großjetschaer Puppenpaars vonnöten ist. Nach Rücksprache mit dem HOG-Vorsitzenden Norbert Neidenbach entschied man sich für die Anfertigung eines neuen Paares. Familie Redl übernahm mit Unterstützung von Mutter und Schwiegermutter die Herstellung der Tracht und das Ankleiden der Puppen, die dann anlässlich ihres nächsten Besuchs dem Heimatmuseum übergeben wurden. Das alte Paar wurde nach Deutschland mitgebracht und nach Erneuerung der Heimatstube in Göppingen zur Verfügung gestellt.

Diese Initiativen mögen den anderen Heimatortsgemeinschaften als Aufforderung dienen, einen Beitrag zur Erneuerung der Trachtenpuppen in Lenauheim zu erbringen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Banater Trachten in ihrer Schönheit und Vielfalt auch in Zukunft in unserer alten Heimat präsentiert und bewundert werden können.

Eine schwäbische Welt im Kleinen

Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber: „Unsere Landsleute haben mit viel Begeisterung sowohl in Lenauheim als auch in Würzburg zu unterschiedlichen Zeiten, unter völlig verschiedenen Bedingungen und in zwei unterschiedlichen Häusern eine Ausstellung mit Trachtenpuppen geschaffen. So als wollte man der kleiner werdenden schwäbischen Welt des Banats eine kleine, künstliche Welt gegenüberstellen, nähten Frauen aus fast allen schwäbischen Dörfern und Gemeinden des Banats damals Trachten für Puppen und schufen damit eine einzigartige Sammlung. Viele Landsleute beklagen nach Besuchsfahrten im Banat, dass nicht mehr viel im öffentlichen Raum an die Existenz der Banater Schwaben erinnere. In Lenauheim selbst befindet sich eine solche Stätte. Mehr als vierzig Jahre nach ihrer Errichtung sind mehrere Trachtenpuppen bereits in einem schlechten Zustand. Es wäre für jede Heimatortsgemeinschaft nur eine kleine Anstrengung, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Tracht in Lenauheim adäquat präsentiert wird. Die Initiative der HOG Lenauheim, die in Mitleidenschaft gezogenen Trachten zu ersetzen, verdient unsere Unterstützung.“

Dr. Swantje Volkmann, Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm: „In Lenauheim befindet sich die einzige fast komplette Sammlung von Trachtenpuppen der Banater Schwaben. Es ist das einzige, was bleiben wird. Leider haben Temperaturschwankungen und unzulängliche Handhabe im Laufe der Zeit den Stoffen zugesetzt. Abhilfe tut not.“