Einige Pendler aus den Heide- und Heckeortschaften des Banats hatten nur einen Katzensprung vom Temeswarer Nordbahnhof zu ihrem Arbeitsplatz. Dadurch ersparten sie sich die Abokosten im Personenverkehr in Temeswar. Die monatlichen Kosten für das Pendlerabo mit der CFR waren schon nicht unerheblich. Je nach Entfernung von Wohnort und Arbeitsplatz konnten sie sich auf gut ein Zehntel des Verdienstes belaufen. Der Zeitaufwand war für die meisten Pendler auch beträchtlich. Zu den Glückspilzen konnten sich daher die Mitarbeiter von „Elba“ und „Electromotor“ zählen. Ihnen – ob Pendler oder nicht – will ich in diesem Kurzartikel berichten, was aus ihren ehemaligen Arbeitgebern wurde bzw. ob es sie noch gibt und wie es ihnen heute ergeht.
Morgens nach dem Verlassen des Bahnhofs gingen die einen rechts zur „Elba“, die anderen nach links zur „Electromotor“.
Die Vorgänger der „Elba“ waren die „Dura“, 1921 gegründet, die „Rudolf Kissling şi Fiul“, später in „Lumina – Fabrica Română de Candelabre şi Mărfuri Metalice S.A.“ umbenannt, gegründet 1923, und die „Galvani“, gegründet 1924. Letztere produzierte als kleines Unternehmen Elektrogeräte und Batterien. In der Wirtschaftskrise fusionierten die ersten zwei Unternehmen mit ähnlichem Profil zu „Uzinele Dura“. Diese übernahmen 1946 „Galvani“.
Nach der Nationalisierung wurde „Uzinele Dura“ zu „Electrobanat“ umbenannt. Mit einer Produktpalette aus Batterien, Leuchtkörpern, LEDs, Lustern und Lampen war das Unternehmen breit aufgestellt. In Erinnerung blieb mir das rechteckige, aus drei galvanischen Trockenelementen in rot-weißes Papier gewickelte Paket, mit zwei Messinglamellen (einer kürzeren Plus-Pol und einer längeren Minus-Pol), mit 4,5 V Spannung dazwischen. Der Ladezustand wurde mit der Zungenspitze geprüft und nach der Stärke des Kribbelns eingeschätzt.
Nach der Wende sahen die Zeiten zum Fortbestand des Unternehmens, das im Jahr 1980 annähernd 6000 Mitarbeiter hatte, nicht rosig aus. 1990 trennte sich die Batterieproduktion vom restlichen Betrieb unter dem ehemaligen Firmennamen „Dura“, um vier Jahre später Konkurs anzumelden. Die verbliebenen Mitarbeiter wurden Teilhaber (Aktionäre) der Elba S.A. und mit Renault – Investor – bei Dacia „leuchteten“ am Horizont Aufträge auf. Die Wirtschaftskrise von 2008 wurde überstanden und heute steht „Elba“ als ein gesundes Unternehmen auf mehreren Beinen. Nach 2010 zog das Banater Traditionsunternehmen in den Freidorfer Industriepark Temeswars um. Das ehemalige sieben Hektar große Gelände ist planiert und für ca. 12 Millionen Euro von den Eigentümern zum Bau eines geplanten Wohngebietes mit Infrastruktur verkauft worden.
Die Vorgänger der „Electromotor“ waren die 1900 gegründete Fabrik „Friedrich“, die nach 1904, als sich auch der Bruder des Gründers mitbeteiligte, ihren Namen in „Gebrüder Friedrich“-Fabrik wechselte, und die 1929 gegründete Fabrik „Britania“. Die „Gebrüder Friedrich“-Fabrik war Hersteller und Zulieferer mechanischer Baugruppen für Landmaschinen und Eisenbahnloks, während die „Britania“ mittelstarke Elektromotoren herstellte.
Nach den Wirren der Wende wurde „Electromotor“ privatisiert und gehört heute als „BEGA Electromotor“ zur Firmengruppe BEGA, Inhaber sind die Gebrüder Marius und Emil Christescu. Was nach der Zerschlagung von „Electromotor“ übrigblieb, ist an unterschiedliche Firmen und Behörden vermietet. In einem der Hauptgebäude befindet sich gegenwärtig das Kreis-Jobcenter Temesch (Agenţia Judeţeană pentru Ocuparea Forţei de Muncă Timiş). Ein Großteil der restlichen Gebäude wurde geschleift und auf einem Teil der frei gewordenen Flächen wurde das Nokia-Campus errichtet, wo „Nokia-Network S.R.L.“ (davor „Alcatel Lucent“) residiert.
Einst eines der bekanntesten Unternehmen des Banats, stellte „Electromotor“ ab 1. Juli 2015 seine Fertigung ein und entließ die letzten 50 Mitarbeiter.
Nach rechts und nach links vom Nordbahnhof: „Elba“ und „Electromotor“ in Temeswar sind längst Geschichte
Dokumentation Erstellt von Walter Altmayer