Anfang März traf die neue Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, die CSU-Landtagsabgeordnete Dr. Petra Loibl, erstmals mit dem BdV-Landesvorstand und den Landesvorsitzenden der in Bayern vertretenen Landsmannschaften zusammen. Die BdV-Vizevorsitzende Herta Daniel eröffnete die Zusammenkunft mit der Bemerkung, dass die Vertriebenenverbände mit voller Hochachtung und Dankbarkeit den Elan der Politikerin bei der Herangehensweise an ihre neue Aufgabe beobachteten. Daniel hatte kurzerhand für den durch eine Zugverspätung zu Beginn des Treffens verhinderten BdV-Landesvorsitzenden Christian Knauer die Eröffnung und Begrüßung vorgenommen und die anschließende kurze Vorstellungsrunde geleitet.
In ihrem Eingangsstatement bekräftigte die neue Beauftragte, dass sie sich seit ihrer Berufung durch das Kabinett am 8. November 2023 darauf freue, gemeinsam mit dem BdV für die Anliegen der Heimatvertriebenen, Aussiedler, Spätaussiedler sowie für die in der alten Heimat Verbliebenen arbeiten zu dürfen. Aussiedler und Vertriebene hätten viel zum Wiederaufbau und Wohlstand Bayerns beigetragen, pflegten das kulturelle Erbe ihrer Heimat und seien „echte Brückenbauer für die Verständigung mit den Menschen in den Ländern des östlichen und südöstlichen Europa“. Ihr schweres Schicksal sei Mahnung und Verpflichtung zugleich. Daher gelte es, die Erinnerung an die alte Heimat und an das Erlittene zu bewahren und sie an künftige Generationen weiterzugeben.
Wichtig sei ihr, den Themen „Flucht und Vertreibung der Deutschen“ sowie „Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“ zu jener öffentlichen Sichtbarkeit zu verhelfen, die sie verdienen. Deshalb werde sie versuchen, eng mit dem BdV, den Landsmannschaften und ihren Kulturwerken, der Wissenschaft, Museen, Heimatstuben, Kulturverbänden, den diplomatischen Vertretern der Länder, aus denen Deutsche ausgesiedelt oder vertrieben wurden und allen, die in diesem Bereich engagiert sind, zusammenzuarbeiten.
In kurzen Zügen gab sie auch einen Einblick in ihren Werdegang. 1965 im niederbayrischen Plattling ohne Vertriebenenhintergrund geboren, verbrachte sie ihre Kindheit und Jugend im Landkreis Deggendorf. Dort hatte sie bereits in jungen Jahren mit zahlreichen Heimatvertriebenen Kontakt. Das damals bereits geweckte Interesse für deren Belange habe auch zu ihrem Engagement in der einschlägigen CSU-Fraktions-Arbeitsgruppe geführt. Ihre berufliche Laufbahn führte nach Abschluss des Studiums der Tiermedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München und erfolgter Promotion zum amtstierärztlichen Dienst in den Landkreis Rottal-Inn und ans Landratsamt Dingolfing-Landau.
Eine ausgesprochen positive Resonanz erfuhr die Beauftragte aus zahlreichen Wortmeldungen im Hinblick auf die Errichtung der vier durch die Bayerische Staatsregierung gegründeten ostdeutschen Kulturwerke, die mit einem jährlichen Finanzvolumen von insgesamt fast zwei Millionen Euro ausgestattet sind. Sowohl die Landesvorsitzende der Deutschen aus Russland Valentina Wudtke wie ihr Banater Kollege Bernhard Fackelmann attestierten der CSU-Politikerin, dass es durch die Förderung nunmehr möglich sei, durch die ehrenamtliche Tätigkeit der Landsmannschaften dem Vergessen der Kultur der deutschen Siedlungsgebiete entschlossener entgegenzuwirken. Einig waren sich die BdV-Vertreter aber auch darin, dass sich die Kulturwerke nicht zum Selbstzweck entwickeln dürften, sondern die Landsmannschaften als Träger der Kulturarbeit vorrangig zu unterstützen hätten.
Die stellvertretende BdV-Landesvorsitzende Dr. Dorith Müller und Landesschatzmeister Paul Hansel baten die Abgeordnete, sich wie ihre Vorgängerin dafür einzusetzen, vor allem der jüngeren Generation die Geschichte und Kultur der Deutschen im Osten stärker nahezubringen. Hier bedürfe es neuer Akzente in der bayerischen Bildungspolitik. Der Landesvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien Dr. Gotthard Schneider und sein oberschlesischer Kollege Damian Bednarski berichteten von einem „zaghaften ersten Frühling“ für die deutsche Minderheit in Polen nach den polnischen Nationalwahlen. Es sei begründet zu hoffen, dass ab Beginn des neuen Schuljahres der muttersprachliche Deutschunterricht wieder auf das einstige Niveau von drei Wochenstunden angehoben werde.
Sorgen bereiten den Vertriebenenverbänden aber jüngste Entwicklungen im Verantwortungs-bereich von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen). Offenkundig habe man dort die finanziellen Mittel für die ostdeutsche Kulturarbeit derart reduziert, dass man bislang keine Rückmeldungen auf Anträge für im laufenden Jahr beantragte Projekte erhalten habe. Der Landesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Steffen Hörtler bezeichnete das Verhalten Roths als „immer unverständlicher“ und als „schweren Schaden für die Brückenbauarbeit“ in die früheren Heimatländer.
Den Schwerpunkt seiner Ausführungen legte der BdV-Landesvorsitzende Christian Knauer auf die nach wie vor bestehende Ungerechtigkeit bei den Rentenberechnungen für Aussiedler und Spätaussiedler. Während die Ostrenten zwischenzeitlich dem Niveau im Westen angepasst seien, hätte man versucht, diesen Personenkreis „durch eine völlig unzureichende Fondslösung schlicht abzuspeisen“. Der Bundesvorsitzende der Banater Schwaben Peter-Dietmar Leber und die Ehrenvorsitzende der Siebenbürger Sachsen Herta Daniel stützen in ihren Ergänzungen diese Auffassung. Von den im Rahmen der „Fondslösung“ gestellten rund 70.000 Anträgen seien lediglich etwa 20.000 positiv verbeschieden worden. Die Ablehnungsquote sei weitaus höher als erwartet. Es sei schlicht ein sozialpolitischer Skandal, die individuellen finanziellen Folgen der vom Bund mehrfach vorgenommenen Reduzierungen bei der Rentenberechnung für diesen Personenkreis mit der Auszahlung von einmalig 2.500 Euro vom Tisch bringen zu wollen.
Auf positive Resonanz stießen die Bitten der Verbandsvertreter an die Politikerin, sich bei Reisen in die Länder Ost- und Südosteuropas die besonderen Landeskenntnisse der Vertriebenen nutzbar zu machen. Um die Verständigung zwischen Bayern einerseits und den Nachbarn im Osten andererseits voranzutreiben, sei es auch wichtig, in einen regen und kontinuierlichen Austausch mit den in München akkreditierten diplomatischen Vertretern der Herkunftsländer der Aussiedler und Vertriebenen zu treten. Gemeinsames Ziel von BdV, Landsmannschaften und der Beauftragten müsse es sein, die Kontakte, Zusammenarbeit und die Freundschaft zu den Herkunftsländern weiter auszubauen.