zur Druckansicht

Vom „Helikon“ zur „Poligrafie“

„Păcălici“ - Schwarzer Peter. Das beliebte Kartenspiel kam aus der Temeswarer Druckerei. Fotos: Walter Altmayer

Blick auf das ehemalige Gelände der Druckerei. In der Mitte der letzte Rest der Druckereigebäude zwischen Hochhäusern.

Als „Helicon“ − Societate bănățeană pe acțiuni pentru tipografie din Timișoara, zu Deutsch: „Helikon“ − Banater Druckerei A.G. und ungarisch: „Helikon“ − Banati Nyomda Reszvenytársaság, wurde das Unternehmen im Jahre 1921 gegründet. Eingetragen war „Helikon“ unter der Registernummer 356/1931 im Temeswarer Handelsregister mit Sitz in der Lenaustraße Nr. 8 in Temeswar. Auch in Bukarest hatte „Helikon“ in der Bitolieistraße Nr. 25 eine Niederlassung.
„Helikon“ wurde durch das Gesetz 119/1948 verstaatlicht und mit anderen 43 Druckereien, denen es durch die Nationalisierung gleich erging − wie „Ateneu“, „Awender & Sohn“, „Doina“, „Horia“, „Gebrüder Gero“, „Gebrüder Pregl“ usw. − zur Druckerei „I.C. Frimu“ zusammengeschlossen und später zum „Polygraphie Unternehmen Banat Temeswar“ umbenannt.
Auf dem öden und verlassen wirkenden Gelände in der Arader Straße hinter dem Eisenbahnviadukt erinnert heute kaum noch etwas an das erfolgreiche Druckereiunternehmen, außer den noch verbliebenen Grundmauern eines einzigen Baus, in dem nicht mal mehr Tauben nisten. Hier wurden bis vor ca. dreißig Jahren Zeitungen, Zeitschriften, Schulbücher, Dosen-, Flaschen- und Gläseretiketten für die Lebensmittelindustrie, Spielkarten und Gesellschaftsspiele gedruckt. Die Herstellung dieser Artikelvielfalt verlangte auch eine entsprechende Maschinenausstattung der Druckerei. Der Buchdruck wurde von den Österreichern in Temeswar eingeführt und die Fachausdrücke waren deutsch und wurden auch − wie auch die Arbeitsweise – weiterhin beibehalten. Sie unterschieden sich im Druckerhandwerk deutlich von jenen in Bukarest.
Nach der Wende von 1989 erfuhr das staatliche Unternehmen langsam, aber kontinuierlich seinen Niedergang. Es wurde, wie viele andere in Rumänien, privatisiert. Trotz der Veräußerung von 40% der Aktien an den neuen Mehrheitsaktionär, die niederländische Firmengruppe „Cofinec“, gelang es dem Firmenmanagement nicht, in der Weltwirtschaft Fuß zu fassen. Das nach 1989 in „Helicon S.A.“ umbenannte unternehmen scheiterte an seinem in der Planwirtschaft verhafteten Denken und fehlendem marktwirtschaftlichem Verständnis der Nachwendejahre, die von der neuen leitung nicht rechtzeitig erkannt wurden. Mangels Aufträgen musste die Produktion heruntergefahren und die Belegschaft verringert werden, was unvermeidbar zur endgültigen Produktionseinstellung und der Schließung führte. Anschließend wurde das Betriebsgelände mit allem, was sich noch darauf befand, an „Park Plaza SRL (GmbH)“ verkauft, deren Vorhaben es ist, einen Gebäudekomplex im Hochhausformat mit Mischnutzung zu bauen.
Die Anlagen kamen zum „Alteisen“, die Gebäuderuinen beherbergten bis zur Schleifung Obdachlose. „Boschetari“, Gestrüpp und Unkraut, überwuchern das Gelände. Wiederholte Aufforderungen des Vizebürgermeisters, das Gelände instandzuhalten, blieben folgenlos. Bisher wurde vom Bauvorhaben wenig umgesetzt, lediglich zwei zehngeschossige Hochhäuser sind errichtet und bewohnt. Diesen Schandfleck in unmittelbarer Nähe des Botanischen Parks Temeswars gilt es noch zu beseitigen.