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Nachruf auf Prof. Dr. Anton Schwob: Die donauschwäbische Herkunft prägte ihn

Anton Schwob (Mitte) 2006 bei einem Symposium in München mit Stefan Sienerth (li) und Richard Wagner. Foto: Luzian Geier

In Salzburg ist am 30. Oktober 2023 der in Germanisten- und Hochschulkreisen bekannte und geschätzte langjährige Universitätsprofessor in Wien und Graz Dr. Anton Schwob verstorben. Die Verabschiedung fand am 15. November auf dem Kommunalfriedhof Salzburg statt. 
In unseren Kreisen war Prof. Schwob vor allem dank seines großen, vielseitigen ehrenamtlichen Wirkens für die Wahrung des Erbes und der Erforschung der Sprache und Geschichte der Südostdeutschen bekannt.
Geboren wurde Schwob am 29. August 1937 in der Großgemeinde Apatin in der Batschka, im heutigen Serbien, als Sohn des Bauleiters Josef Schwob und seiner Ehefrau Rosina, geborene Pless. Nach traumatischen Kindheitserinnerungen an das titoistische Hungerlager Gakovo (bei Sombor) für „Volksdeutsche” gelang ihm gemeinsam mit der Mutter 1947 die abenteuerliche Flucht nach Österreich. Der Vater war in Kriegsgefangenschaft.
Dem daher verspäteten Eintritt in die Schule folgte schließlich der Besuch der Lehrerbildungsanstalt mit Matura 1957 an der Bundes-Lehrerbildungsanstalt in Salzburg. Anschließend begann Schwob ein Studium der Fächer Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie an den Universitäten Marburg an der Lahn, München und Innsbruck. In Marburg hatte der Student Gelegenheit, bei den Professoren Walther Mitzka und Ludwig Erich Schmitt am Deutschen Sprachatlas zu arbeiten -nachzulesen in der Biographie, die die Grazer Universität ins Netz gestellt hat. In den Jahren 1963 und 1964 erfolgte während mehrwöchiger Fahrten im Rahmen der vom Deutschen Spracharchiv und vom Deutschen Sprachatlas durchgeführten Erfassung der ost- und südostdeutschen Mundarten die Aufnahme und Protokollierung von 88 südostdeutschen Ortsmundarten auf Tonband. Darauf stützte sich seine Promotion zum Dr. phil. 1967 in Innsbruck mit der Arbeit „Siedlermischung und Sprachausgleich in jungen südostdeutschen Sprachinseln am Beispiel der Mundart von Neubeschenowa im Banat“. Die Arbeit über den Mundartan- und -ausgleich in den Dörfern der südosteuropäischen Deutschen ist in erweiterter und verallgemeinernder Fassung als Buch erschienen. 
Von 1968 bis 1982 war Schwob als Assistent, ab 1969 auch als Lehrbeauftragter, am Institut für Germanistik der Universität Innsbruck tätig, in den Jahren 1971 bis 1975 auch Lehrbeauftragter der Universität Padua. 1979 wurde ihm Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Deutsche Sprache und Ältere deutsche Literatur“ von der Universität Innsbruck verliehen. 1981 war er Gastdozent an der Universität Wien, seit 1982 ordentlicher Professor für Ältere deutsche Sprache und Literatur an der Universität Graz. In Graz war er von 1992-1998 und wieder von 2002-2004 Vorstand des Instituts für Germanistik, hier wirkte er auch eine Zeit als Prodekan bzw. Dekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität. Seit dem 1. Oktober 2005 war Schwob emeritiert. 2001 erhielt er das Ehrendoktorat der Lucian-Blaga-Universität Sibiu / Hermannstadt, 2003 das Ehrendoktorat der Janus-Pannonius-Universität Pécs / Fünfkirchen.
Zu den von der Grazer Universität aufgeführten Lehr- und Forschungstätigkeiten sowie wissenschaftlichen Funktionen (beispielsweise Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Germanistik) kamen die ehrenamtlichen Einsätze hinzu, die in den meisten Internet-Beiträgen fehlen, und die hier aus Raumgründen auch nicht alle aufgezählt werden können. 
Ab 1960  war es die vielseitige Arbeit als Geschäftsführer des damaligen Südostdeutschen Kulturwerks in München, die sich zum langjährigen Einsatz im Vorstand der Forschungsstätte bis zum Übergang in das heutige IKGS und auch danach entwickelte. Über viele Jahre kümmerte er sich mit dem Mitarbeiterteam – darunter viele Jahre Hans Diplich, Johann Adam Stupp, Franz Hutterer, Hans Bergel, später die  jüngeren Mitarbeitern Dr. Stefan Sienerth, Dr. Peter Motzan, Eduard Schneider u. a. - um die Herausgabe der Zeitschrift, damals „Südostdeutsche Vierteljahresblätter“,  und betreute die Buchreihen des Kulturwerks. Laut Wikipedia waren es beispielsweise 24 Bände als Herausgeber, mehrere Buchreihen und Zeitschriften sowie über 70 Aufsätze, außerdem Forschungsberichte, Miszellen, Artikel in Handbüchern, Lexika und Rezensionen, fast alle behandelten Themen zu Südosteuropa. 
Die gesamten Tätigkeitsbereiche des Kulturwerks waren von seinem Mit-Wirken fast ein halbes Jahrhundert lang geprägt, Leistungsbereiche, die Prof. Dr. Stefan Sienerth in zwei Beiträgen gewürdigt hat (zum 70. in den „Spiegelungen” und zuletzt zum 80. Geburtstag in der Zeitung der Siebenbürger Sachsen in München, online im Internet am 29. August 2017). In letzterem hält Dr. Sienerth, lange Zeit Mitstreiter im Kulturwerk bzw. danach Direktor des IKGS, u. a. einschätzend fest: Von all den Akteuren, die in leitender Funktion bzw. als Mitarbeiter und Mitwirkende am IKGS im Laufe von mehreren Jahrzehnten tätig waren, kann bislang keiner auf eine so lange Zeit zurückblicken wie Anton Schwob, und kaum jemand war wie er darauf bedacht, dass bei aller Offenheit Erneuerungen gegenüber und bei aller Anpassungsfreudigkeit an die Zeitläufe das ursprüngliche Profil des Institutes nicht verloren ging.