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Hermann Klee zum 140. Geburtstag

Das Grab des Komponisten Hermann Klee auf dem Josefstädter Friedhof in Temeswar im Juli 1987 Foto: Privatarchiv Wanda Klee

Landsmannschaft digitalisiert den Nachlass des Komponisten aus Deutschland, der in Siebenbürgen und im Banat Karriere machte

In diesem Jahr 2023, in dem Temeswar „Europäische Kulturhauptstadt“ ist, jährt sich der Geburtstag Hermann Klees zum 140. Mal. Die Landsmannschaft der Banater Schwaben hat dies zum Anlass genommen, den im Privatbesitz befindlichen Nachlass des Komponisten, Dirigenten und Chormeisters zu digitalisieren, um sein Werk für die heutige Zeit zugänglich zu machen.
Hermann Klee wurde am 8. September 1883 in Rendsburg (bei Hamburg) geboren, wirkte aber seit seinem 26. Lebensjahr in Siebenbürgen und im Banat. Ab 1909 leitete er in Bistritz einen siebenbürgisch-sächsischen und einen rumänischen Chor. 1919 war er Mitbegründer der Klausenburger Rumänischen Staatsoper, 1946 Mitbegründer der Rumänischen Staatsoper in Temeswar. An beiden Opernhäusern arbeitete er als Chormeister und Dirigent. Seine besondere Liebe galt der rumänischen Folklore. Klee schrieb zwei Opern, Ballettmusik, Orchestersuiten und Lieder. Er vertonte Gedichte bedeutender deutscher und rumänischer Dichter, darunter Joseph von Eichendorff, Eduard Mörike und Hermann Hesse oder Mihai Eminescu, Lucian Blaga und Ion Ursu Soricu. Für seine künstlerischen Leistungen erhielt er hohe Auszeichnungen. Trotzdem ist sein Werk nach seinem Tod am 22. August 1970 in Temeswar in Vergessenheit geraten. Darüber klagt seine Witwe, die Opernsängerin Rosel Klee, in einem undatierten Brief an die „Neue Banater Zeitung“. Wörtlich schreibt sie: „Hermann Klees Tätigkeit begann im Jahre 1904 und endete im Jahre 1959. Nach solch einer reichen Tätigkeit als Dirigent, Professor, Komponist und Schöpfer zweier Opern wäre es nicht möglich, auch für ihn ein Konzert zu organisieren, wie man dies für andere Künstler in Temeswar getan hat? Ich denke, er hätte diese Ehrung verdient und das Temeswarer Publikum würde einer solchen Aufführung viel Interesse entgegenbringen, zumal Hermann Klee in der Erinnerung vieler Musikfreunde Temeswars weiterlebt.“

Wieder entdeckt wurde Hermann Klee von dem aus dem Banat stammenden Münchner Dirigenten, Organisten und Musikwissenschaftler Dr. Franz Metz. Vor dreißig Jahren begann er, Klees Musik in Konzerten in Deutschland und in Rumänien aufzuführen. 2019 brachte er in München das Buch „Hermann Klee – Von Hamburg bis Temeswar – Ein Musikerleben in Dokumenten und Bildern“ heraus, außerdem eine Sammlung mit Partituren von Liedern und Klavierwerken Hermann Klees. Noch bevor Rosel Klee 1982 nach Deutschland ausreiste, schenkte sie fast den gesamten Nachlass ihres Mannes dem Temeswarer „Banater Museum“. Einige Werke Hermann Klees befinden sich auf sechs Tonbändern, die Wanda Klee von ihrem Vater erbte. Klee selbst hat diese Kompositionen in den 1960er Jahren in Temeswar auf Band aufgenommen. Wanda Klee war Harfenistin der Temeswarer Staatsoper und der Temeswarer Philharmonie, nach ihrer Ausreise nach Deutschland war sie Harfenistin des Orchesters des Berliner Theaters des Westens. Als sie der Landsmannschaft über ihre Tonbänder berichtete, fasste unser Bundesvorstand den Beschluss, die Kompositionen Hermann Klees zu digitalisieren. Wanda Klee freute sich darüber sehr. Ebenso freuten sich Hermann Klees Enkelinnen Irene und Ingrid. Den Auftrag zur Digitalisierung erhielt die Berliner Fachfirma „Motionland“. Die Festplatte mit den Digitalisaten liegt nun im Kultur- und Dokumentationszentrum der Landsmannschaft der Banater Schwaben in Ulm. Auf der Festplatte befinden sich folgende Werke Hermann Klees:
Die Oper „Se face ziua“ („Es tagt“, zwei Mal mit Orchesterbegleitung, ein weiteres Mal nur mit Klavierbegleitung); das Ballett „Pădurea fermecată“ („Der Zauberwald“); die Lieder „Noapte“ („Nacht“), „Sub teiul“ („Unter der Linde“), „Cucu“ („Der Kuckuck“), „Rândunica“ („Die Schwalbe“), „Și dacă ramuri bat în geam“ („Wenn Zweige an das Fenster klopfen“, Gedicht von Mihai Eminescu) „Rugăminte“ (die rumänische Übersetzung des Gedichts „Bitte“ von Hermann Hesse“), „Zu zwein“ (Gedicht von Max Bewer); ein Ausschnitt aus der Orchestersuite „Viața la țară“ („Leben auf dem Lande“); ein Interview, das Hermann Klee wahrscheinlich Ende der 1960er Jahre Radio Temeswar gab; sowie ein Gruß des Komponisten an seine Frau Rosel anlässlich ihres 14. Hochzeitstags im Jahre 1963. „Se face ziua“ ist Klees zweite Oper. Darin geht es um den Bauernaufstand unter Horea, Cloșca und Crișan in Siebenbürgen im Jahre 1784, aber nicht in kommunistischer, sondern in christlicher Deutung. 
Die Tonqualität der Kleeschen Tonbandaufnahmen ist stellenweise gut, stellenweise weniger gut. Wenn die Aufnahme nicht gut ist, kann man sie durch die Digitalisierung kaum verbessern. Bei der Identifizierung eines Stücks halfen uns Dr. Franz Metz sowie der junge Temeswarer Dirigent Andreas Schein. Sie verglichen die Musik auf dem Tonband mit der Partitur und sagten uns dann, dass es sich um einen Ausschnitt aus „Viața la țară“ handelt. Nicht auf den Tonbändern aus Hermann Klees Nachlass sind seine erste Oper, die Märchenoper „Făt-Frumos“ (zu deutsch in etwa „Der schöne Jüngling“), und seine „Réverie für Harfe“, die er seiner Tochter Wanda widmete.
Sehr gern hätten wir bei dem Digitalisierungsprojekt mit Radio Temeswar zusamengearbeitet. Wir schlugen vor, dem Sender Musik von den Kleeschen Tonbändern zur Verfügung zu stellen und dafür Musik aus dem Radioarchiv zu erhalten, die nicht auf unseren Tonbändern ist. Auf unser Schreiben erhielten wir leider keine Antwort.
Die Digitalisierung des im Privatbesitz befindlichen Nachlasses von Hermann Klee betrachten wir als unseren Beitrag zum 140. Geburtstag des Komponisten und zugleich als Beitrag zu „Temeswar – Europäische Kulturhauptstadt 2023“.