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Auf ein Wort des Kolumnisten

„Gutes tun, fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen.“ (Don Bosco)

Zwei Jahre lang stellte ich Monat für Monat meiner Sportkolumne einen Spruch voran, der zum jeweiligen Thema passte. Von Anfang an habe ich die Messlatte hochgelegt – und immer überquert. Obwohl ich heute keine Kolumne schreibe, habe ich wieder einen Spruch parat, der diesmal auf mich selbst zutrifft. Weil er die Grundhaltung meines Lebens widerspiegelt. 

An diesen Spruch des in der Nähe von Turin geborenen Priesters, Jugendapostels und Sozialpioniers Don Bosco musste ich vor neun Monaten während einer Rundreise durch Andalusien denken, als wir in Ronda in der Provinz Malaga die Casa Don Bosco besuchten, ein im Jugendstil erbautes luxuriöses Wohnhaus mit großem Garten und vielen historischen Einrichtungsgegenständen. Von seiner Grünanlage hatten wir eine grandiose Aussicht auf das atemberaubende Panorama der wilden Gebirgslandschaft Serrania de Ronda und die berühmte Steinbrücke Puente Nuevo. Obwohl der unverbesserliche Optimist Don Bosco nie in diesem Haus gelebt hatte, ist sein Geist zwischen den Mauern zu spüren. 

„Gutes tun, fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen“ – was kann es Schöneres geben? Als ich diesen Spruch zum ersten Mal las, wusste ich sofort: Das ist mein Motto! Weil es die Weltsicht der Freude und des Lebens ausdrückt. Gutes tun ist zum Beispiel das Schreiben der Sportkolumne. Fröhlich sein bedeutet für Journalisten: Nicht nur ständig herumnörgeln, sondern konkrete Lösungen vorschlagen. Die Spatzen pfeifen lassen – wer das macht, wird mit seiner Lebensart fesselnd und motivierend sein. Oder wie es der Alte Fritz ausdrückte: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“ Nichtsdestotrotz verschieben sich Prioritäten. So ist das nun mal im Leben. Was heute gilt, ist morgen schon ganz anders. Deshalb wird es meine Sportkolumne in ihrer bisherigen regelmäßigen Erscheinungsform an einem bestimmten Datum ab sofort nicht mehr geben, sondern in losen Folgen.

Corona liegt hoffentlich bald hinter uns und unser liebstes Hobby vor uns: Wie schon seit 25 Jahren durch die Welt zu bummeln, aber intensiver wie bisher. Als Jungrentner läuft uns die Zeit mit Siebenmeilenstiefeln davon. Man kann es auch anders ausdrücken. „Die Landschaft bleibt, indessen unser Zug/ Zurücklegt die ihm zugemessnen Meilen./ Die Zeit steht still. Wir sind es, die enteilen“, wie meine Lieblingsdichterin Mascha Kaléko in ihrem Gedicht „Die Zeit steht still“ schreibt. Deshalb wollen wir die uns verbliebene nutzen, um die Fernreisen nach dreieinhalb Jahren pandemiebedingter Pause endlich wieder aufzunehmen. Unsere letzte große Reise fand im Herbst 2019 nach Patagonien und Feuerland ans „Ende der Welt“ statt. Dorthin, wo sie mit Brettern zugenagelt ist, wie wir zu Hause im Banat scherzhaft zu sagen pflegten.

Der Fernsehmoderator Robert Lembke meinte: „Journalisten sind Menschen, die in einem anderen Beruf mit weniger Arbeit mehr Geld verdient hätten.“ Trotzdem bin ich seit fast 40 Jahren gerne Journalist. Wer kann schon von sich behaupten, seinen Beruf zum Hobby und sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben? Dennoch wird es Zeit, beruflich kürzer zu treten und den zukünftigen Lebensabschnitt anders zu gestalten. Gemäß der Aussage des Journalisten und Schriftstellers Kurt Tucholsky: „Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an.“

Viele von uns kennen das Heimweh. Aber es gibt auch ein Fernweh. Beide können stark brennen. Wie schön ist es, den Duft der großen weiten Welt einzuatmen. Das wollen wir in vollen Zügen tun. Unsere Liste ist lang: Ecuador, Vietnam, Alaska, Singapur, Namibia, Kambodscha, Sri Lanka, Indien, Jordanien, Venezuela, Saudi-Arabien, Indonesien, Malaysia. Dazwischen vielleicht mal eine Weltreise per Schiff machen oder eine Flusskreuzfahrt auf der Donau bis ins Delta. Und nächstes Jahr die Olympischen Sommerspiele in Paris vor Ort erleben. Vielleicht mit einem banatschwäbischen Medaillengewinner, am besten auf dem höchsten Treppchen. Sollte es so kommen, werde ich gerne darüber berichten.

Bis dahin werden wir im Sommer mit dem CHIO in Aachen das beste Reitturnier der Welt besuchen. Vorher geht՚s in die Europäische Kulturhauptstadt Temeswar und nach Schimonydorf, der nördlichsten banatschwäbischen Ortschaft, die den 140. Jahrestag ihrer Ansiedlung begeht und in der ich zuletzt vor 22 Jahren auf Besuch war. Dort wurde mein Vater geboren und habe ich wunderschöne Ferien bei meinen Großeltern verbracht. Außerdem möchte ich, ebenfalls nach 22 Jahren, mal wieder ein Spiel von UTA vor Ort erleben, solange die Arader noch in der ersten Liga sind. Ein pralles Programm!

Verständlich, dass ich angesichts unserer geplanten Reisen weniger Zeit zum Schreiben haben werde. Doch versprochen: Wenn ich im Lande weile, werde ich es wieder tun. Mal eine Kolumne oder Glosse, dazwischen ein Essay – dazu wird es mich nach wie vor in den Fingern jucken. Der deutsche Schriftsteller Jean Paul sagte: „Das Leben ist wie ein Buch, und wer nicht reist, liest nur wenig davon“. Wir hoffen, dass unser Buch noch viele Seiten zum Lesen bereithalten wird. Doch erstmal geht՚s nächsten Monat an ein anderes Ende der Welt – nach Australien. Die Flugrichtung kennen wir schon seit Neuseeland, dem von Deutschland entferntesten Land. Allerdings waren wir damals zwanzig Jahre jünger...

Unsere Vorfreude auf den fünften Kontinent ist groß. Zumal wir endlich mehr Zeit füreinander haben werden – im Gegensatz zu früher. Als Sportjournalist, vor allem in den mehr als zwei Jahrzehnten bei BILD, gab՚s viele Jahre, in denen ich allenfalls acht Wochenenden frei hatte. Stattdessen immer auf Achse, stets gefordert, oft fort, meist unterwegs, permanent weg. Dazu braucht es eine Partnerin mit viel Verständnis. Wenn ich gearbeitet habe, hatte sie frei. Und wenn sie arbeitete, hatte ich frei. Am längsten waren wir einmal pro Jahr zusammen – im mehrwöchigen Urlaub.

Während der Pandemie hatte ich ja genug Zeit. Sie wurde von mir gerne für die erste Sportkolumne in der Geschichte der „Banater Post“ genutzt. Obwohl das Arbeitsvolumen groß war. Geplant habe ich die meisten Themen bereits ein Jahr im Voraus – und sogleich mit der Recherche begonnen. Sie war oft zeitraubender als das eigentliche Schreiben. Dabei kam mir das Netzwerk aus Zeiten bei der „Neuen Banater Zeitung“ und BILD zugute. Aber auch Rat und Tat von Personen, die ich an dieser Stelle erwähnen möchte. In erster Reihe meine Lebensgefährtin, mit der ich mich zu Themen, Recherchen, Zeilenvorschlägen, Ausdrucksweise regelmäßig ausgetauscht habe. Sie ist mein erster und wichtigster Ansprechpartner. Gerti und ich sind seit mehr als 25 Jahren zusammen – trotz eines hektischen und rastlosen Reporterlebens.

Bedanken möchte ich mich bei drei Mitstreitern. Hans Vastag kenne ich seit Jahrzehnten. Wir waren Kollegen bei der NBZ und der deutschen Sendung von Radio Temeswar. Unsere Mütter litten während der Deportation in die Sowjetunion im gleichen Zwangsarbeitslager. Hans hat öfters Korrektur gelesen, redigiert, Fotos zurechtgeschnitten und Faksimiles bearbeitet. Ebenfalls seit langem kenne ich Josef Zippel, als er und der viel zu früh von uns gegangene Johnny Weber in die NBZ-Redaktion kamen. Die Musikanten der Rosenkavaliere suchten und fanden in mir einen Gleichgesinnten, der über die beliebte Gruppe in der NBZ zu schreiben begann und mit ihr sogar auf Tournee ging. Seppi wohnte unweit von mir in Temeswar. Zuletzt weilte ich aber mehr bei ihnen in der Mehala als bei mir im Circumvalaţiunii-Viertel. Wenn es um Herkunftsfragen von Sportlern oder Schiffslisten ging, hat er mir als engagierter Familienbuchautor geholfen. Ebenso möchte ich den Verantwortlichen Redakteur erwähnen. Von allen kenne ich Walter Tonţa am längsten – aus gemeinsamen Hatzfelder Lyzeumszeiten seit demnächst fünfzig Jahren. Wir haben wegen der Sportkolumne so manchen Strauß ausgefochten, weil wir als Perfektionisten bestrebt sind, bestmögliche Arbeit für die Leser abzuliefern. Ohne all diese Menschen hätte es meine Sportkolumne in dieser Form nicht gegeben. Dafür nochmals: Danke! „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind“, wusste der englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon schon vor 400 Jahren.

Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten. Der Schriftsteller und Journalist Theodor Fontane meinte: „Man wird nicht älter, sondern besser.“ Das Einzige, was dabei zählt: Dass wir glücklich sind. Und immer fliegen mit dem Wind. Er wird meine Zeilen auch in Zukunft zu Ihnen tragen. Im März geht՚s für mehrere Wochen nach Down Under. Doch keine Sorge: Die Sportkolumne geht nicht unter. Denn wer schreibt, der bleibt. In diesem Sinne: Bis dann irgendwann.

Kommen Sie gut durch die Zeit!