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Weihnachten − eine unglaubliche Botschaft

Die Weihnachtskrippe 2020 in der Mutter-Anna-Kirche in Sanktanna Einsender des Fotos: Marianne Hellstern

Eine moderne Weihnachtsgeschichte erzählt von einem Engel, der den Menschen die Ankunft des göttlichen Kindes verkünden sollte und die bittere Erfahrung machen musste, dass seine Botschaft auf taube Ohren stieß. Die Geschichte endet mit der Frage des Engels, die auch unsere Frage sein könnte: „Warum geht Er denn zu den Menschen und wird einer von ihnen, wenn keiner nach ihm verlangt?“ Und Gabriel, der Erzengel, gibt ihm die Antwort: „Er liebt – er liebt sie; und wer liebt, der kann nichts anders! – Weißt du, Mächtigen muss man gehorchen, Starke muss man fürchten. Reiche mag man beneiden, Kluge kann man bewundern. Kinder kann man nur lieben! Darum kommt er nicht mit Macht und Herrlichkeit in die Welt, sondern als Kind.“ 

Gott kommt als Kind: Der Schöpfer des Universums wurde ein Geschöpf, der Ewige wurde ein Sterblicher, der große Gott ein hilfloses Kind, der Herr der Welt einer von uns, unser Bruder. Das ist eine unglaubliche Botschaft! 

Viele Menschen können sie gar nicht glauben. Sie sagen: „Zu schön, um wahr zu sein.“ Andere wiederum meinen, das lasse sich mit der Größe Gottes gar nicht vereinbaren. Markion zum Beispiel, ein Theologe aus dem 2. Jahrhundert, wollte die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel streichen. In einer Weihnachtspredigt sagte er: „Schafft mir die Krippe aus den Augen und die eines Gottes unwürdigen Windeln!“  Das hilflose Kind von Betlehem passte nicht zu seiner Vorstellung von der Größe und Allmacht Gottes, von seiner Unendlichkeit und Ewigkeit.

Und dennoch: Weihnachten fasziniert die Menschen zu allen Zeiten. Weihnachten fasziniert uns, weil es hier um eine Wahrheit geht, die sich nicht an unseren Verstand richtet, sondern unser Herz berührt. Gottes Liebe hat in Jesus Christus Hand und Fuß bekommen. Sie wird erfahrbar und sichtbar in einem kleinen Kind. Die Kraft der Liebe, die mit ihm in die Welt kam, ist mächtiger als Hass und Gewalt, als Egoismus und Unfriede in dieser Welt. Wir glauben an die Macht der Liebe, weil wir an dieses Kind von Betlehem glauben. 

Die Geburt Jesu bringt Hoffnung in die Dunkelheit unseres Lebens: „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen ist, kann unsere Nacht nicht endlos sein.“ Seit dieses Kind geboren wurde, wissen wir: Das Licht der Heiligen Nacht wird nie mehr erlöschen. Das Licht der Heiligen Nacht wird sich letztlich auch in unserem Leben durchsetzen. Mag dieses Licht in unserem Leben oft auch nur winzig sein – das Licht ist da! Ich muss es nur sehen wollen! Ich muss genau hinschauen! Ich kann es auch übersehen, wie die meisten Menschen damals die Geburt Jesu übersehen haben. 

Wer an Jesus glaubt, für den weitet sich gewissermaßen der Horizont, für den wird die Enge des menschlichen Daseins aufgebrochen, für den erhält das Leben eine neue Perspektive, die bis in die Ewigkeit Gottes hineinreicht. Was uns hier begegnet an Unrecht, an Schmerz, an Bösem, an Krieg und Gewalt, an Leid und Tod, ist in der Perspektive des Glaubens nur das Vorläufige, nicht das Endgültige. Nichts auf dieser Welt kann so dunkel sein, dass es nicht von dem Licht der Hoffnung, die an Weihnachten mit der Geburt Jesu in die Welt gekommen ist, erleuchtet werden könnte. 

In einer der dunkelsten Stunden in der Geschichte unseres Volkes und seines eigenen Lebens schrieb der Jesuitenpater Alfred Delp die tröstlichen und mutmachenden Worte: „Lasst uns dem Leben trauen, weil diese Nacht das Licht bringen musste. Lasst uns dem Leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben, sondern Gott es mit uns lebt.“

Gott kommt in diese Welt, um uns Menschen neue Lebensmöglichkeiten zu eröffnen. Er lädt uns ein, unsere Lebenszeit bewusst zu gestalten. Gott lehrt uns, auch in so manchem Rückschlag, dass das Leben mehr ist als Arbeit und Pflicht. Er lehrt uns, dass Zeit, die wir verschenken, nicht verlorene Zeit ist. Sie macht unser Leben heller, wärmer, lebenswerter.  

Gott ermutigt uns, die Liebe zu leben, auch wenn wir immer wieder Niederlagen zu verbuchen haben, auch wenn wir immer wieder enttäuscht und verletzt werden. Unsere verletzte Liebe darf heilen, weil er uns liebt, weil er uns seine Liebe schenkt in den vielen kleinen Zeichen der Ermutigung mitten in unserem Alltag.  Gott lädt uns ein zu einem gelingenden Leben, und dieses Leben ist mehr als Wohlstand und Luxus, mehr als Gesundheit und Glück. Gott lädt uns ein, unsere Lebenschancen, die in so mancher Nacht und in so manchem Scheitern stecken, mit zwei Händen anzupacken, damit er in uns und durch uns Mensch werden kann.

Mit dem Wunder dieser Nacht verändert sich die Wirklichkeit unseres Lebens. Nun wissen wir: „Gott ist mit uns!“ Er ist ein Gott an unserer Seite, Gott auf unserer Erde, Gott mitten in unserem Leben. Jesus wird zum Retter: nicht, indem er Krankheit, Krieg, Leid und Not beseitigt; nicht, indem er das Dunkel dieser Welt einfach auflöst. Das ist sein Weg nicht.

Der Weg, den er geht, ist ein „Mit-Gehen“. Er wird Mensch und ist mit den Leidenden ebenso wie mit denen, die sich freuen. Gott ist bei den Menschen. Er ist mit uns in guten und bösen Tagen. Das ist für uns eine tröstliche Zusage. Eine wahrhaftig frohmachende Botschaft! 

Die Weihnachtsbotschaft soll nicht nur geglaubt werden. Sie will gelebt werden. Überall dort, wo ein weihnachtliches Wort gesprochen und eingelöst wird, wird unsere Welt heller und wärmer. Überall dort, wo weihnachtliche Menschen auftreten und leben, wird Gottes Liebe und Güte sichtbar und erfahrbar. Weihnachten muss werden in unserem Alltag.

Weihnachten ist überall dort,
wo die Liebe und der Glanz der Heiligen Nacht die Herzen der Menschen anrühren.

Weihnachten ist überall dort,
wo Menschen aneinander denken und füreinander beten.

Weihnachten ist überall dort,
wo Menschen sich miteinander versöhnen und neues Leben ermöglichen.

Weihnachten ist überall dort,
wo Menschen den Frieden verwirklichen.

Weihnachten ist überall dort,
wo Menschen gütige und herzliche Worte einander zusprechen.

Weihnachten ist überall dort,
wo ein Mensch erfährt: Ich bin angenommen und geliebt.

Weihnachten ist überall dort,
wo der Glaube neues und besseres Leben schenkt,
wo die Hoffnung Türen öffnet und neue Wege bahnt,
wo die Liebe alle menschlichen Grenzen überwindet,
wo das Licht der Heiligen Nacht in menschlichen Herzen brennt.