33. Ausgabe des Temeschburger Heimatblattes erschienen - Wie gewohnt wartet das Temeschburger Heimatblatt 2022 – im Jahr des Krieges in Europa und nach schweren Pandemiezeiten – mit einer Reihe hervorragender Beiträge auf. Ganz besondere Beachtung verdienen die Erlebnisberichte, aber auch die Kapitel „Kulturelles“ und „Geschichtliches“ bieten Lesevergnügen auf hohem Niveau. Dazu kredenzt Arnold Töckelt interessant und kurz gefasst Wissenswertes über das Kulturgut Wein, es wird wie immer traditionell und reichhaltig gekocht und dem Thema Fußball sind gleich zwei Beiträge gewidmet. Das Lyrische Eck erfreut mit Wehmütigem, Sehnsüchtigem, Heiterem und nachdenklich Stimmendem. Luzian Geiers Beitrag über die Dichterin Edith Ottschowski bereichert dieses Kapitel zusätzlich.
Etwas sperrig und wohl der allgemeinen Verunsicherung geschuldet, die sich, bedingt durch den Ukraine-Krieg, die Energiekrise, den Klimawandel, die noch nicht überstandene Pandemie, durch alle Schichten der Bevölkerung zieht, versucht Chefredakteur Dr. Alfred W. Zawadzki im Editorial und im darauffolgenden Leitartikel der Leserschaft seine eigene Position zu den genannten Themen zu vermitteln. Um den Bogen von der globalen Weltpolitik über die aktuelle bundesdeutsche Politik zu aktuellen Anliegen der Banatdeutschen zu spannen, schießt der Chefredakteur etwas über das Ziel hinaus, indem er sich viel zu vehement gegen grüne Politik im Allgemeinen wie auch gegen eine ganz bestimmte Politikerin, dafür jedoch umso leidenschaftlicher zu Verbrennungsmotoren eines süddeutschen Herstellers bekennt.
Gleich nach diesen Einführungen erwartet den Leser ein äußerst interessanter, kurzweiliger und wie immer sehr leicht verständlicher Beitrag von Hans Gehl: „Kurioses im Wortschatz, Teil 1“. Hans Fink klärt in „Der Bär und sein Schatten“ über den überregional sehr bedeutungsvollen 2. Februar, gut bekannt als „Lichtmess-Tag“, ausführlich auf. Bräuche, Glauben und Aberglauben werden kurz und anschaulich dargestellt. Ergänzt wird das Kapitel „Geschichtliches“ durch einen Beitrag über Österreich-Ungarische Kriegsmedaillen und den unbedingt lesenswerten Artikel „Dem Frieden die Ehr‘“ von Franz Marschang, in dem der Autor über die wichtige und mit hohem strategischem Sachverstand aufgebaute Militär-Bauerngrenze des Österreich-Ungarischen Imperiums informiert und auch die Konsequenzen dieser Politik aufzeichnet.
Weiter geht es mit dem Kapitel „Kulturelles“. Hier ist der Beitrag „Was geschieht mit unserem Kulturgut? Teil 1“ von Hans Gehl besonders hervorzuheben. Der Autor weist eindringlich auf die Notwendigkeit hin, allen Banater Dichtern und Schriftstellern gebührend Raum und Aufmerksamkeit zu widmen. Insbesondere Jakob Hübner, Otto Grefner aber leider auch Ludwig Schwarz würden nicht genügend beachtet und zu wenig verlegt. Gehl nimmt gezielt die HOGs der Geburtsorte dieser für das Banat und die Erinnerung an seine bewegte Geschichte so wichtigen Persönlichkeiten in die Pflicht. Dem unverkennbaren Heimatdialekt, den lokalen Einfärbungen und vor allem den für die Banater Sprache so selbstverständlichen Entlehnungen von Ausdrücken oder gar Redewendungen aus anderen Sprachen widmet sich Hans Fink in seinem Beitrag „Serbus - Mir Temeswarer“ auf äußerst unterhaltsame Art. Radegunde Täuber schlägt in der „Unglaublichsten Geschichte der Welt“ einen gekonnten Bogen zu dem regen interkulturellen Austausch, der im Banat immer schon Tradition hatte und liefert gleichzeitig einen sehr interessanten Einblick in die Geschichte der Oberammergauer Passionsspiele. Herzerfreuend und hervorragend geschrieben ist Walter Roths Beitrag: „Die Geschichte unseres Spätburgunders“. Der Artikel ist absolut lesenswert und es wird kaum einen Leser geben, der in der sozialistischen Zeit aufgewachsen ist und sich nicht stellenweise schmunzelnd im Autor und dessen Freund wiederfindet.
„Temeschburger Persönlichkeiten“ ist ein weiteres traditionell wichtiges Kapitel des Heimatblattes. Hervorzuheben ist das große Interview mit Horst Samson. Der bekannte Lyriker erzählt – geschickt befragt durch Peter Sragher – frei und versöhnlich Unglaubliches aus seiner Biografie, beschreibt seinen Werdegang zum Journalisten, seine bitteren Enttäuschungen und die zahlreichen nicht immer gewollten Wendungen seines bewegten Lebens. Christl Kuchars Nachruf auf Brigitte Zawadzki ist voller Herzenswärme und skizziert mit großer Anerkennung die Vielfalt des langen engagierten Lebens einer wichtigen Repräsentantin der Erlebnisgeneration.
Die bereits eingangs erwähnte Serie „Erlebtes Temeswar“ ist einmalig. Jeder Beitrag verdient eine eigene würdigende Rezension. Anna Schuld mit „Der einsame Raum“ und „Stadtfahrt im Dezember“, Julia Henriette Kakucs mit „Die Strudel-Perspektive“ und schließlich Fred Zawadzki mit „Am Ufer der guten alten Bega“ – sie alle zeichnen ein fantastisch atmosphärisches Bild der alten Heimat, fangen Stimmen und Stimmungen ein, lassen Nachbarn und die alte vielsprachige Gemeinschaft auf zauberhafte Art lebendig werden. Emil Knöbls Beitrag „Der kleine Emil, ein Temeswarer Tschibeser“ fällt im Prinzip durch jede Rechtschreibeprüfung. Aber dennoch, oder vielleicht deshalb, ist er so herrlich amüsant-authentisch, so wahrhaftig, so frisch von der Tschibeser-Seele geschrieben und dadurch so überzeugend.
Zahlreiche Leserbriefe, zu Recht voll des Lobes, zeugen von der großen Akzeptanz und Wertschätzung des Temeschburger Heimatblatts - nicht nur in den Kreisen der Landsleute, sondern auch bei allen an der Geschichte der Deutschen und Südosteuropas Interessierten. Dieser Anerkennung schließt sich auch Pia Branzeu in ihrem Artikel in der Temeswarer Zeitung „Orizont“ an, der von Fred Zawadzki ins Deutsche übertragen wurde.
Es ist dem Redaktionskollegium auch in diesem schwierigen Jahr gelungen, ein lebhaftes, ernsthaft und warmherzig gezeichnetes, sehr einprägsames Bild dessen zu bieten, was die alte Heimat, ihre zutiefst europäische Prägung und ihre Einmaligkeit ausmacht. Die Aufmachung ist elegant und die kleinen typographischen und orthografischen Ausrutscher fallen fast gar nicht auf.
Temeschburger Heimatblatt 2022. 33. Jahrgang. Herausgeber: HOG Temeschburg. Redaktion, Gestaltung und Layout: Dr. W. Alfred Zawadzki. 96 Seiten. – Mitglieder der HOG Temeschburg erhalten das Heimatblatt jährlich automatisch. Nicht-Mitglieder können es zum Preis von 20 Euro zzgl. Versandkosten online unter www.hog-temeschburg.de/kontakt bestellen. Der Betrag ist vorab auf das Konto der HOG Temeschburg, IBAN: DE75 6305 0000 0000 2914 62, BIC: SOLA DES1ULM zu überweisen.