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Eine Stadt mit vielfältigem kulturellem Hintergrund: Temeswar-Kalender des Deutschen Kulturforums östliches Europa

Das Deutsche Kulturforum östliches Europa widmet seinen Kalender für das Jahr 2023 der Stadt Temeswar, die dann Kulturhauptstadt Europas sein wird. „Mit Temeswar/Timișoara trägt erstmals eine Stadt im Banat im heutigen Rumänien den Titel einer Kulturhauptstadt Europas – eine Stadt mit einem ungemein vielfältigen kulturellen Hintergrund und mit einer selbst für südosteuropäische Verhältnisse ausnehmend wechselhaften Geschichte, eine Stadt, die durch die Jahrhunderte und teils bis heute von verschiedenen Sprach- und Konfessionsgruppen geprägt wurde, und eine Stadt, die auch in der jüngeren Vergangenheit sowohl im Land selbst wie auch darüber hinaus immer wieder von sich reden gemacht hat. Zugleich ist Temeswar nach Fünfkirchen/Pécs in Ungarn (2010) und Neusatz/Novi Sad in Serbien (2022) bereits die dritte Kulturhauptstadt mit donauschwäbischer Vergangenheit“, heißt es in der von Ministerialdirigent i.R. Winfried Smaczny, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Kulturforums östliches Europa, und Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, gezeichneten Einleitung. Im Rahmen des Jahresthemas des Kulturforums „Die Donau – Dreitausend Kilometer Europa“ werde die Kulturhauptstadt Temeswar einen wichtigen Platz einnehmen. Dazu gehöre unter anderem das in Temeswar angesiedelte Stadtschreiberstipendium (siehe Ausschreibung in dieser Ausgabe). Der Kalender 2023 solle währenddessen „die spannende kulturelle Vielfalt der Region jeden Tag von Neuem in Erinnerung rufen“. 

Die Bildauswahl veranschaulicht eben diese einzigartige ethnische, sprachliche, konfessionelle und kulturelle Vielfalt der Stadt Temeswar. Darauf zielen auch die von Dr. Claudiu Călin, Archivar der Römisch-Katholischen Diözese Temeswar, verfassten kurzen Texte in deutscher und rumänischer Sprache auf der Rückseite jedes Kalenderblatts ab, denen jeweils ein weiteres, kleineres Foto beigegeben ist. Die Texte dienen nicht nur dem Zweck, die Abbildungen zu erläutern, sondern liefern auch grundlegende Informationen über die wechselhafte Geschichte der Stadt. 

Deutlich erkennbar ist das Anliegen der Kalendermacher, den Beitrag der Deutschen zur Entwicklung und Prosperität der Stadt herauszustellen, angefangen von der Ansiedlung der ersten Deutschen – Beamte, entlassene Soldaten, Handwerker, Händler usw. – in der von den Heeren des Prinzen Eugen im Jahr 1717 eroberten Festung Temeswar (dafür steht symbolisch das linke, die Wanderung darstellende Bild des Einwanderungstriptychons von Stefan Jäger) bis hin zu den Heimattagen der Banater Deutschen im Jahr 2019, die auf zwei Fotos dokumentiert sind. 

Ein stimmungsvoller Sonnenaufgang in Temeswar mit den Türmen des Doms, der evangelisch-lutherischen Kirche, der Millenniumskirche und der serbisch-orthodoxen Kathedrale ziert das Titelblatt des Kalenders. Diese Aufnahme stammt – wie die große Mehrzahl der Bilder – aus dem Privatarchiv des Fotografen Dr. Walther Konschitzky. Monat für Monat nehmen die Fotos den Betrachter mit auf eine visuelle Reise durch die Stadt und führen ihn zu den großen geschichtsträchtigen Plätzen mit ihren repräsentativen Bauten und Denkmälern: auf den Domplatz mit der römisch-katholischen und der serbisch-orthodoxen Kathedrale, der Dreifaltigkeitssäule und dem Barockpalais (heute Sitz des Kunstmuseums), auf den Paradeplatz mit dem Alten Rathaus und dem Marien-Nepomuk-Denkmal, schließlich auf den Opernplatz, der sich vom Nationaltheater (hier sind unter einem Dach das rumänische, ungarische und deutsche Theater sowie die Oper untergebracht) über die als Lloydzeile bekannte Flaniermeile bis zur rumänisch-orthodoxen Kathedrale erstreckt. Weitere Stationen des Stadtrundgangs sind das Hunyadi-Schloss (Sitz des Banater Nationalmuseums, wegen Renovierung seit Jahren geschlossen), dargestellt auf einem Gemälde von Stefan Jäger, die Synagoge in der Fabrikstadt als Symbol jüdischen Lebens in Temeswar, das Nikolaus-Lenau-Lyzeum (das Foto zeigt den feierlichen Empfang des Nobelpreisträgers Stefan Hell in seiner ehemaligen Schule), das Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus, das ein deutsches Altenheim beherbergt und Sitz des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat ist, der Rosenpark, an dessen Anlage der Kunstgärtner Wilhelm Mühle maßgeblich beteiligt war, oder das 1910 in Betrieb genommene, unter Denkmalschutz stehende Wasserwerk.  

Bei Temeswar-Kennern dürfte der Kalender Erinnerungen aufleben lassen. Jenen, die die Stadt erst kennenlernen wollen, bietet er einen aufschlussreichen Überblick in Bild und Text. 

Für die Redaktion des Kalenders war Dr. Ingeborg Szöllösi, Leiterin des Länderreferats Südosteuropa, verantwortlich, das Lektorat besorgte Dr. Harald Roth, die Gestaltung oblag Saskia Aberle.