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Als Franz Ferch der Prinz Eugen-Preis verliehen wurde (Teil2)

Die anlässlich der Preisverleihung vom Gaukulturamt Banat der Deutschen Volksgemeinschaft in Rumänien herausgegebene Broschüre

Meine Schwester

Von Franz Ferch angefertigte Skizze seines Häuschens an der Marosch, erschienen in der BDZ vom 14. Mai 1939

Durch die Verleihung des Prinz Eugen-Preises sei dem Banater Kunstmaler Franz Ferch eine ehrenvolle Auszeichnung zuteilgeworden, „die seinen Namen weit hinaus über die Grenzen unserer engeren Heimat trägt und ihn auf einen würdigen Platz in der Reihe der ersten volksdeutschen Künstler stellt“. Franz Ferch sei in treuer Liebe mit seiner Heimatscholle und seinem Volkstum verwachsen. „Mit derselben Verbundenheit, in der er zu ihnen steht, nimmt die Heimat und unser Volk an seinem Aufstieg teil.“

In dem Artikel wird erwähnt, dass Ferchs erste Ausstellung 1925 in Temeswar „vielversprechende Beachtung“ gefunden habe. Hierzu folgende Anmerkung: In einem Gespräch, das Ferch mit dem Journalisten Anton Bruckner 1958 geführt hat (siehe Neuer Weg, Nr. 2866, 11. Juli 1958), erwähnte der Maler, dass seine erste Ausstellung 1923 in Temeswar nicht so gut angekommen sei, weil das  Publikum „eine konventionell geprägte Heimatkunst, unberührt von der Unruhe der Zeit und von der neuen Ästhetik der Moderne“ wünschte und keine Impressionen aus seiner Dresdner Zeit mit Arbeiterversammlungen, Straßenkämpfen und Massenkundgebungen, die er in seinen Arbeiten verewigt hätte. Ferch rühmte sich damit, dass er als erster in Rumänien ein Lenin-Porträt ausgestellt habe. „Die Frage, ob es dieses Porträt tatsächlich gegeben hat oder ob wir es mit einer Erfindung des Künstlers zu tun haben, der sich als alter, bewährter Revolutionär darstellen wollte, bleibt offen“, stellt Gudrun-Liane Ittu in ihrer Studie „Franz Ferch (1900-1981), ein bildender Künstler stets im Einklang mit dem Geist der Zeit“ fest (erschienen in: Kronstädter Beiträge zur Germanistik, Neue Folge, Heft 2/2013).

Zu Besuch in Ferchs Maroschhäuschen

Einen Monat später, am 14. Mai 1939, erschien in der BDZ ein Bericht von Klaus Groß über einen Besuch des Direktors des Hermann-städter Brukenthalmuseums Dr. Rudolf Spek bei Franz Ferch in dessen Heim und Werkstatt in Perjamosch.

Nach der Schilderung der Reise von Temeswar nach Perjamosch beschreibt der Verfasser des Artikels Ferchs Häuschen an der Marosch: „Es dämmerte schon, als wir über Perjamosch hinaus das Maroschufer erreichten, wo Ferchs selbstgeplantes und zum Großteil selbst errichtetes Häuschen hoch am Maroschufer steht. Nett, sauber, schlicht, aber nicht ohne persönliche Note, ist das Heim, in welchem Kunstwerke von unvergänglichem Wert für unser Volk entstehen. Schon die Wahl des Platzes, unmittelbar am Maroschufer, doch mehrere Meter den Fluß überhöht, läßt erraten, daß hier einer wohnt, der volks- und bodenverbunden ist, und dem ein Grashalm dieser Banater Landschaft mehr zu sagen weiß, als die endlosen grauen Asphaltflächen der Stadt.“

Der Artikel ist mit der Handskizze eines kleinen Hauses mit giebelseitiger Veranda auf einem umzäunten Hügel illustriert. Das Haus entspricht bis in Einzelheiten jenem in den Zeichnungen „Maroschhaus“ und „Weiden am Maroschhaus des Künstlers“ im Katalog von Krier/Rothgerber (Seiten 66, 67 und 73). Hier stellt sich die Frage, ob Ferch die hier wiedergegebene Skizze eigens für den Bericht von Klaus Groß in der BDZ gezeichnet hat.

Nach einer freudigen Begrüßung durch den Künstler und seine junge Gattin werden die Besucher in das Atelier des Malers gebeten, wo sie die „neuesten Arbeiten Franz Ferchs, zum Teil noch unvollendet“, zu sehen bekommen. Der Bericht fährt fort: „Und wir freuten uns, feststellen zu können und diese Ansicht teilt auch der Maler, daß er nunmehr die richtige Form für sein kraftvolles Schaffen gefunden hat. Wer seinen Pflüger, den Brotschneider oder den Kolonisten kennt, weiß, welche Wucht Franz Ferch seinen Figuren zu verleihen weiß. Seine neuen Werke (…) liegen in der selben Linie. Im ‚Tennemann‘ sehen wir den schwäbischen Arbeitsmenschen so packend dargestellt, wie ihn typenhaft nur noch Egger-Lienz gestalten konnte. Die ‚Sorge‘ ist eine wundervolle, in ihrer Einfachheit ergreifende, im Au[s]druck sofort erkenntliche Schöpfung des kämpfenden Bauern und der ihm dabei treu zur Seite stehenden Bäuerin. Eine neue Fassung des bereits vorhandenen ‚Kolonisten‘ bildet den Gegenstand einer Diskussion, welche der beiden Fassungen besser sei. Am tiefsten beeindruckt aber alle das noch nicht fertiggestellte Bild ‚Die letzte Furche‘. Auch hier bilden die nährende und lebensspendende Scholle und ihr unermüdlicher Bearbeiter das Thema.“

Mit einbrechender Dunkelheit bittet die junge Hausfrau zu Tisch. Die Gäste sind von der Abendstimmung beeindruckt: „Auf der Veranda wartete uns der gedeckte Tisch. Die Beleuchtung besorgt eine Petroleumlampe − Strombeleuchtung gibt’s hier draußen keine, Gott sei Dank, sie würde nur stören. – Die Stimmung ist herrlich. Die Marosch und der Wind rauschen um die Wette. Nördlich der Marosch zieht ein Gewitter auf. Blitze beleuchten für Sekunden den unter unseren Füßen wirbelnden und glucksenden Fluss – das merken wir aber alles erst, nachdem wir uns gesättigt haben, eine merkwürdige Abhängigkeit des Sinnes für Romantik.“

Gesprächsthema nach dem Abendessen ist wieder die Kunst und in erster Linie die Arbeit Franz Ferchs: „In seiner heiterdrolligen Art erzählt uns Ferch von seinem künstlerischen Schaffen, von seinen Kämpfen in der Studienzeit, über die Enttäuschung, die ihm die Stadt gebracht hat und über die Flucht vor dieser in die Einsamkeit der Maroschgefilde, wo er schließlich die ihm am besten zusprechende Form für sein Werk gefunden hat.“ Als der Name Egger-Lienz abermals fällt, erklärt Ferch überraschend, dass er bis vor kurzem nicht einmal den Namen dieses hervorragenden Tiroler Meisters gekannt habe. Karl Groß՚ Kommentar dazu: „Er schuf seine Bauerntypen und legte in diese sein ganzes schwäbisch banater Wesen, ohne von diesem Meister, dem er so nahe gekommen war, auch nur Kenntnis zu haben. Ein Beweis, wie Dr. Spek sagte, daß wahres Künstlertum sich in der Auffassung oder in der Ausdrucksform immer wieder zusammenfindet.“

Der Bericht schließt mit der Rückfahrt nach Temeswar in der Abenddämmerung und der pathetischen Bemerkung: „Die Ruhe lag auf der Landschaft, kräftesammelnde Ruhe und ihre Menschen schliefen, um am nächsten Tag die lebendige Kraft einzusetzen, die uns an Franz Ferchs Bildern am tiefsten beeindruckt. Die Kraft des Schwaben.“

Der erwähnte Albin Egger-Lienz (1868-1926) war ein österreichischer Künstler, bekannt für monumental dekorative Malerei mit plastischen Körperformen. Einige Werke von Ferch können auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, stilistisch und vom Thema her solchen von Egger-Lienz ähnlich zu sein (z. B. Der Pflüger, Die Not, Der Flößer).

Am 10. Oktober 1939 wies die BDZ auf Seite 4 in einer Randnotiz darauf hin, dass die ursprünglich für Mai oder Juni in Wien angekündigte Überreichung des Preises „infolge der außergewöhnlichen Verhältnisse ausnahmsweise nicht in Wien, sondern in unserer Stadt erfolgen“ werde. Man hatte also zwischenzeitlich vor, die Zeremonie nach Temeswar zu verlegen, denn dadurch würde „die hohe Bewertung der Kunstschöpfungen Franz Ferchs im Rahmen seiner Verbundenheit und Zugehörigkeit zum Banater Deutschtum unterstrichen“. Die „außergewöhnlichen Verhältnisse“ umschreiben hier offensichtlich den durch den Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 ausgelösten Krieg, der zwar einerseits mit der Kapitulation Polens am 6. Oktober 1939 endete, aber andererseits die Kriegserklärung von Großbritannien und Frankreich an das Deutsche Reich hervorrief. Noch konnten die Menschen in Rumänien das Geschehen aus neutraler Entfernung betrachten.

Erst ein Jahr später, am 3. Oktober 1940, gab die BDZ auf Seite 6 in einer kleinen Notiz bekannt, dass „gestern in Wien der Prinz Eugen-Preis für 1939 in feierlicher Weise unserem Volksgenossen, dem Maler Franz Ferch,“ und den Vorkämpfern des Deutschtums in Ungarn Dr. Franz Basch (1901-1946), Prof. Dr. Richard Huß (1885-1941) und Prof. Dr. Heinrich Schmidt (1877-1953) feierlich überreicht worden sei. Diese Meldung stimmte nicht ganz: Basch erhielt den Preis für 1940, Huß und Schmidt für 1941. Alle drei waren Germanisten, Basch und Huß außerdem „Volkstumspolitiker“. Zudem hatte die Feier am 30. September stattgefunden.

Festliche Preisverleihung an der Wiener Universität

Die BDZ veröffentlichte am 6. Oktober 1940 auf Seite 7 einen ausführlichen Bericht über die Festsitzung der Wiener Universität:

„In einer Feierstunde des gesamten Donau-Deutschtums ist im festlich mit Lorbeerbäumen und Blattgrün, dem Hoheitszeichen sowie den Fahnen Rumäniens und Ungarns geschmückten Auditorium Maximum der Wiener Universität der Prinz Eugen-Preis dem vorjährigen Träger, unserem Landsmann, dem Banater Maler Franz Ferch und den diesjährigen Trägern, dem Führer der ungarländischen deutschen Volksgruppe Dr. Franz Basch (Budapest), Universitätsprofessor Dr. Richard Huß (Debrezin) und Universitätsprofessor Dr. Heinrich Schmidt (Szegedin) überreicht worden.

In feierlichem Zug unter Vorantritt der Pedellen [Universitätsdiener] betraten der Rektor und die Dekane der Universität im vollen Ornat und mit den Preisträgern in ihrer Mitte den Festsaal. Die Bläservereinigung der Wiener Philharmoniker spielte das Rondino S-Dur von Beethoven. Gegenüber der festlich geschmückten Estrade, auf der der Rektor Dr. Fritz Knoll, die Dekane und der Vorsitzende des Kuratoriums der Prinz-Eugen-Stiftung Professor Dr. Hassinger Platz nahmen, waren Ehrensitze für die Preisträger errichtet worden. Das Rund der Bankreihen dahinter füllten führende Vertreter von Partei, Staat und Wehrmacht, von Wissenschaft und Volkstumsarbeit aus dem gesamten Reichsgebiet und den östlichen und südöstlichen Nachbarstaaten, welch letztere auch sämtlich ihre diplomatischen Vertreter entsandt hatten. Unser Banater Deutschtum war durch Gaukulturwalter Prof. Anton Valentin [1898-1967] und Prof. Hans Diplich [1909-1990] vertreten.“

In seiner Begrüßung habe Rektor Dr. Knoll die jahrhundertealten Kulturbeziehungen mit dem Südosten unterstrichen und die Kulturleistungen der Deutschen in Rumänien und Ungarn hervorgehoben, heißt es weiter in dem Bericht. Die Verleihung des Prinz Eugen-Preises möge auch anderen Künstlern und Wissenschaftlern ein Ansporn sein, so der Rektor der Wiener Universität.

Der Kuratoriumsvorsitzende Prof. Dr. Hassinger habe in seiner „großangelegten Rede“ auf die Bedeutung der Preisverleihung hingewiesen: „Der Prinz Eugen-Preis ist ein Teil des Goethe-Preises und die Stiftung eines Hamburger Patriziers. Er hat den Zweck, besonders kulturelle Leistungen des Deutschtums im Südosten auszuzeichnen. Dr. Rudolf Spek, der Direktor des Brukenthal-Museum[s] in Hermannstadt, ist seinerzeit als erster mit dem Preis ausgezeichnet worden und mit ihm die siebenbürgische Volksgruppe. Heute gelten unsere drei Preise dem Donau-Deutschtum im engeren Sinne. Im Jahre 1939 hat das Kuratorium den Banater Maler Franz Ferch ausersehen, den Preis zu tragen. Für das Jahr 1940/41 ist der Preis drei Männern, die dem Deutschtum in Ungarn entsprossen und sich als Germanisten hervortaten, zuerkannt worden. Die heutige Feier ist eine Feierstunde des gesamten Donau-Deutschtums. Der Ausblick auf eine gesicherte Zukunft des Deutschtums im Südosten ist mitzuverdanken der Arbeit der Männer, denen wir heute in feierlicher Weise die Preisurkunden überreichen.“

Der Bericht fährt fort: „Rektor Dr. Fritz Knoll ergriff wieder das Wort und betonte, daß man bei der Verleihung des Preises bestrebt war, die Besten auszuwählen und in ihrer Person mittelbar auch die Volksgruppen zu ehren. Aus seinen Händen nahmen hierauf die Preisträger die künstlerisch gestalteten Urkunden in Empfang. In ihrem Namen sprach der Führer des ungarländischen Deutschtums Dr. Franz Basch den Dank aus.“

Auf die Überreichung der Urkunde folgte der letzte Satz der Serenade Nr. 12 von Mozart, vorgetragen von der Bläservereinigung der Wiener Philharmoniker, womit die Festversammlung schloss. Im Anschluss daran habe Prof. Dr. Schmidt einen Lichtbildvortrag über „Deutsche Forschung im südöstlichen Donauraum“ gehalten, heißt es weiter in dem Zeitungsbericht, der zum Schluss noch die anlässlich der Preisüberreichung erschienene, vom Gaukulturamt herausgegebene Broschüre mit Lichtbildern von zwölf Gemälden Franz Ferchs und einleitenden Worten von Robert Reiter erwähnt. Diese Broschüre ist die älteste bekannte Publikation über den Maler Franz Ferch. Ihr sind das Porträtfoto von Ferch und die hier abgebildeten Gemälde des Künstlers entnommen.

Der Preis war mit 5000 Reichsmark dotiert, nach heutiger Umrechnung ca. 22500 Euro.

Am 27. September 1940, drei Tage vor der Festlichkeit in Wien, war Andreas Schmidt von der Volksdeutschen Mittelstelle Berlin als „Volksgruppenführer“ im Hotel Krone in Kronstadt durch Obergruppenführer Werner Lorenz eingesetzt worden. Am 20. November 1940 wurde die Volksgruppe als Körperschaft öffentlichen Rechts durch das Dekret 3884 der rumänischen Regierung anerkannt.

Franz Basch wurde nach dem Zweiten Weltkrieg an Ungarn ausgeliefert und 1946 hingerichtet, Huß verstarb 1941, Schmidt 1953.

„Der Ausblick auf eine gesicherte Zukunft des Deutschtums im Südosten“, wie oben in der Rede formuliert, sollte sich im Weiteren als fataler Irrtum herausstellen und sich in das Gegenteil umkehren.