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Eine Fundgrube für Bücher zu Ost- und Südosteuropa

In der Bibliothek des HDO (von links): Lilia Antipow, Halrun Reinholz und Karin Bohnenschuh Foto: HDO

Die Menge der Bücher, Fachzeitschriften und Zeitungsbände - über 80000 Bände - kann man sich erst mit einem Blick hinter die Kulissen vorstellen. Foto: Karin Bohnenschuh

Das Haus des Deutschen Ostens kennt in München und Umgebung jeder, der sich für die Heimatgebiete der Vertriebenen und Spätaussiedler interessiert: Regelmäßig locken Ausstellungen, Vorträge, Diskussionsrunden oder Lesungen zu solchen Themen interessierte Besucher in das etwas versteckt liegende HDO am Lilienberg beim Gasteig. Nicht zuletzt auch deswegen, weil man den Besuch in diesem gastlichen Haus in der Gaststätte im Erdgeschoss mit der einen oder anderen heimatlichen Spezialität der Pächterin Annerose Kloos aus Siebenbürgen „abrunden“ kann.

Doch nicht alle wissen auch, dass das HDO eine gut ausgestattete Spezialbibliothek betreibt, wo man fast alles über die ehemaligen Siedlungsgebiete der Deutschen in Ost- und Südosteuropa recherchieren kann. Die Sammlung umfasst wissenschaftliche Publikationen, aber auch Fach- und Informationsliteratur jeder Art und selbstverständlich auch Belletristik – von Lebensgeschichten bis zu preiswürdiger Literatur. Insgesamt sind das 80000 Bände, hauptsächlich in deutscher Sprache, aber nicht nur. Inhaltlich findet man hier alles zur Landeskunde, Volkskunde und Geschichte der Deutschen in und aus Ost- und Südosteuropa. Ein zweiter Schwerpunkt der Sammlung ist politischer Natur mit Werken zur Deutschlandpolitik, zu Flucht und Vertreibung, zu Aussiedlern, der Lage in Osteuropa, der EU-Osterweiterung und ähnlichen Themen. Damit ist die HDO-Bibliothek eine der größten ihrer Art in der Bundesrepublik und auf jeden Fall die größte öffentliche ost- und südostdeutsche Spezialbibliothek in Bayern.

Für die „Banater Post“ wage ich mit meiner Kollegin Karin Bohnenschuh einen Blick hinter die Kulissen. Lilia Antipow, Leiterin des Sachgebiets Öffentlichkeits-, Medien- und Pressearbeit und der Bibliothek, empfängt uns freundlich und führt uns durch die Räume, die auf den ersten Blick etwas übersichtlich wirken. Es gibt einen Lesesaal, in dessen Mitte ein Arbeitstisch steht. An den Wänden rundum türmen sich volle Bücherregale, im nächsten Raum auch. Die Bände sind thematisch nach Regionen geordnet, bei „Banat“ werden wir schnell fündig. Heimat- und Familienbücher stehen da, Nachschlagewerke, Neuerscheinungen und noch so einiges. Vieles kommt uns bekannt vor. Auch zum Thema „Donauschwaben“ gibt es ein Regal. In einem Zeitungsständer entdecken wir die „Banater Post“. „Das ist nur die Spitze des Eisbergs“, verrät Lilia Antipow. Sie führt uns ins Magazin, das normalerweise nur für das Bibliothekspersonal zugänglich ist. Hier kann man nicht schmökern, die Neuzugänge werden strikt nach Eingang fortlaufend nummeriert, deshalb braucht man die Signatur, um gezielt etwas zu finden. Die Menge der Bücher, Fachzeitschriften und Zeitungsbände erschlägt uns. Wie soll man hier den Bestand an Banatica überblicken? „Wir haben einen leistungsfähigen Katalog, der ans WebOPAC angeschlossen ist“, verrät uns die Bibliotheksleiterin. Über den Link zum WebOPAC kann jeder über das Internet recherchieren, ob sich das gewünschte Buch in der HDO-Bibliothek befindet. Seit 2006 pflegt die Bibliothek ihre Neuerwerbungen auch im Bibliotheksverbund Bayern (BVB) ein. Früher erworbene Bestände werden nach und nach erfasst.

In der Regel dürfen die gewünschten Bücher kostenlos für vier Wochen ausgeliehen werden. Besucher aus München können zu den Öffnungszeiten der Bibliothek vorbeikommen und sie mitnehmen. Wer weiter weg wohnt, kann über seine Heimatbücherei von der Fernleihe Gebrauch machen. Ältere oder besonders empfindliche Bücher oder Zeitschriftenbände kann man dagegen nur im Lesesaal benutzen. Das nette Bibliotheksteam berät da freundlich und kompetent.

Karin Bohnenschuh kennt die HDO-Bibliothek bereits aus eigener Erfahrung. Sie recherchiert immer wieder für ihre Familienforschung und hat hier schon einige Lücken in ihren Ahnenreihen schließen können, zumal viele der Banater Familienbücher vorhanden und im Lesesaal leicht zugänglich sind.  Doch sie hat auch schon den einen oder anderen Schatz entdeckt: Das älteste Banater Medium, auf das sie in der HDO-Bibliothek gestoßen ist, war ein „Banater Schulbote“ von 1929, also über 90 Jahre alt. Auf Knopfdruck kann Lilia Antipow sagen, welchen Anteil die Werke zum Banat und zu den Donauschwaben im Bestand haben: Es sind derzeit rund 4200 Titel zur Geschichte, Kultur und Literatur der Donauschwaben und dazu etliche Periodika aus dem donauschwäbischen Raum. Die Bibliotheksleiterin lädt jeden herzlich dazu ein, sich selbst auf Entdeckungsreise in die HDO-Bibliothek zu begeben! Von der Internetseite des Hauses des Deutschen Ostens www.hdo.bayern.de wird man zum WebOPAC und auch zum Katalog des Bibliotheksverbunds Bayern (BVB) weitergeleitet.

Lilia Antipow weist uns darauf hin, dass die Annäherung an Themenbereiche des Banats beziehungsweise der Donauschwaben im HDO nicht nur über Bücher, sondern auf vielfältige Weise stattfindet. Das Ausstellungsprojekt „Wer bin Ich? Wer sind Wir? Zu Identitäten der Deutschen aus dem östlichen Europa“, an dem auch DBJT-Mitglieder mitgewirkt haben, ist als virtuelle Ausstellung von der HDO-Seite abrufbar. Auch das kleine Online-Projekt „Baden in Zoppot, Skifahren im Riesengebirge und Wandern in den Karpaten“ kann von hier angeklickt werden.

Austausch und Vernetzung – das sind schon immer die zentralen Anliegen des Hauses des Deutschen Ostens in München gewesen. Das Haus, das im letzten Jahr seinen 50. Geburtstag feiern konnte, dokumentierte die beachtliche Bilanz dieses halben Jahrhunderts in einer stattlichen Broschüre. Seit 50 Jahren werden im HDO die gewachsenen Kontakte zu den verschiedenen landsmannschaftlichen Gruppen gepflegt. Hinzugekommen sind neue mediale Möglichkeiten, die die Zusammenarbeit leichter und die Arbeit des HDO zukunftsfähig machen. Ein Anliegen unseres Besuchs war es, Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Bibliothek unseres Kultur- und Dokumentationszentrums in Ulm auszuloten und dazu den reichen Erfahrungsschatz der HDO-Bibliothek zu nutzen. Eine andere Ebene der Zusammenarbeit ergibt sich durch das neue Kulturwerk Banater Schwaben Bayern: Kürzlich hielt dessen Kulturreferent Kevin Back im HDO einen Vortrag über „Johannes Künzig und das Banat“. Ein guter, aber nicht der einzige Anlass, mal im HDO vorbeizuschauen. Wenn man Glück hat, gibt es danach vielleicht „Mici“ oder „Sarmale“ in der HDO-Gaststätte mit dem schönen Namen „Zum Alten Bezirksamt“.