zur Druckansicht

Msgr. Andreas Straub feiert diamantenes Priesterjubiläum

Monsignore Andreas Straub beim Kirchweihgottesdienst in der Mutter-Anna-Kirche in Sanktanna Foto: HOG Sanktanna

Andenkenkärtchen zum Diamentenen Priesterjubiläum mit dem Bildmotiv „Jesus klopft an die Tür“

Monsignore Andreas Straub, heimatverbunden und in der Gemeinschaft der Banater Schwaben fest verwurzelt, pflegt bis heute eine große Nähe zu seinen Landsleuten und ist immer für alle da. Anlässlich seines 60-jährigen Priesterjubiläums führte Katharina Schmidt, Mitvorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Sanktanna, mit dem Jubilar das folgende Interview.

Msgr. Straub, am 8. Dezember 2021 dürfen Sie Ihr 60-jähriges Priesterjubiläum feiern. Ein solcher Jahrestag ist Anlass, zurückzuschauen. Beginnen wir mit Ihrer Kindheit und Jugendzeit. In Neuarad aufgewachsen, wollten Sie einmal Lehrer werden. Welche Erinnerungen an diese Zeit sind geblieben?

Ich erinnere mich gern an meine Kindheit und Jugendzeit, an mein Elternhaus, an Familie und Freunde. Ich wuchs wohlbehütet im Kreise meiner Familie mit Mutter Katharina und Vater Franz Straub, mit Schwester Magdalena (verh. Raaber) und Priesterbruder Franz Straub auf. Als Jüngster in der Familie habe ich viel Zuwendung und Liebe erfahren. Diese Erfahrung sowie Verantwortung und Fürsorge füreinander haben mich bei meiner Berufswahl geleitet. Denn früh haben mich Menschen mit ihren Freuden und Sehnsüchten, mit ihrem Werdegang fasziniert und interessiert. Schon als Kind wollte ich immer Menschen begegnen und begleiten. So lag es nahe, dass ich ursprünglich den Lehrerberuf ergreifen wollte. Ich wuchs in einer sehr gläubigen Familie auf, war Ministrant und beeindruckt von den Gottesdiensten und Priestern in meinem Heimatort. Dies hat mich geprägt und war mit ausschlaggebend dafür, dass ich dann Priester wurde. 

Dieses Zeugnis bestätigt, wie sehr die Erziehung im Elternhaus und auch der Kontakt mit den Priestern wichtig ist für Priesterberufungen. Sie haben die Lehrerausbildung absolviert, danach zwei Semester Mathematik und Physik in Temeswar studiert. 1954 kam dann die große Wende. Gott hat angeklopft und Sie sind seinem Ruf gefolgt. Woran haben Sie erkannt, dass Gott mit Ihnen andere Pläne hat?

Die Frage nach dem tieferen Sinn im Leben war für mich wegweisend: Woher, wofür und wohin führt mein/unser Lebensweg? Rasch habe ich erkannt, dass Gottlosigkeit und Materialismus keinen Sinn geben, dass es mehr geben muss. So habe ich mich auf die Suche gemacht. Die politischen Gegebenheiten jener Zeit und die Repressalien, denen die katholischen Priester ausgesetzt waren, hinterließen bei mir einen gewaltigen Eindruck. Es waren Vorbilder, wie die Bischöfe Áron Márton und Augustin Pacha sowie meine Wegbegleiter, die in mir den Entschluss haben reifen lassen, Priester zu werden. 1954, an der Bahre von Bischof Pacha, war ich überzeugt, dass ich diesen Weg als Priester einschlagen werde.

Das Bild „Jesus klopft an“ aus der Offenbarung (Off 3,20) begleitet mich bereits mein gesamtes Priesterleben. Auch jetzt, in der Adventszeit, begegnet uns dieses Motiv. Jesus steht vor der Tür unseres Herzens und klopft an. Wie reagieren wir? Hören wir das Klopfen in unserem Leben? Lassen wir uns darauf ein, dann gibt es nur eine Antwort: ihm nachfolgen.

Von 1955 bis 1961 studierten Sie Philosophie und Theologie am Priesterseminar in Karlsburg (Alba Julia). Am 8. Dezember 1961 empfingen Sie in der Karlsburger Kathedrale die Priesterweihe von Bekennerbischof Áron Márton. Welche besonderen und unvergesslichen Erinnerungen haben Sie an den Moment der Weihe? 

Die Priesterweihe, der entscheidende Schritt, Jesus auf seinem Weg nachzufolgen, bedeutete für mich: Gott und den Menschen dienen, Freud und Leid mit ihnen teilen. Der Weg bis dahin war kein leichter. Bischof Áron Márton, einer meiner Lehrer im Priesterseminar und mein Vorbild bis heute, standhaft im Glauben, hat es vorgelebt, was es heißt, Jesus Christus nachzufolgen. Ein Andenkenbild von ihm wurde mein Wegbegleiter. 

Die längste Zeit Ihres priesterlichen Wirkens im Banat verbrachten Sie in Neusanktanna, als Kaplan von 1962 bis 1965 und als Pfarrer von 1971 bis 1981. Für viele unserer Landsleute waren und sind Sie der Geistliche, mit der Gabe, Menschen die Augen zu öffnen, den Glauben an Jesus Christus zu vermitteln und glaubwürdig das Evangelium zu verkünden. An welche Begebenheiten, Begegnungen und Erfahrungen in dieser Zeit denken Sie heute noch gern zurück? 

Mit Freude erinnere ich mich an diese Zeit. Vor allem an das Feiern der Gottesdienste im Kreise vieler Gläubigen und bei vollen Kirchen, an den Religionsunterricht für so viele Kinder und Jugendliche, an die Sakramentenvorbereitung und ganz besonders daran, dass ich eine gläubige, singende und betende Gemeinschaft erleben durfte. Denn davon lebt die Kirche.

Es waren die Gläubigen und meine Mitbrüder, die diese Zeit geprägt haben, mit denen ich eine gemeinsame Wegstrecke ging und viel priesterliche Freundschaft und Hilfe erlebte: von den Kaplänen in Neuarad, von Pfarrer Karl Hampel, Pfarrer Johann Wolf, den Salvatorianer-Patres Klemens Zwick, Gottfried Borth und Pius Hofmann, von den Heimatpfarrern Dr. Geza Kienitz und Dr. Anton Schulter.

In einem Priesterleben gibt es positive Erfahrungen, aber auch Kreuze und Prüfungen. Wie haben Sie diese besonderen Situationen erlebt und woraus schöpften Sie die Kraft zum Durchhalten und Weitermachen?

Mir war immer bewusst: Wer glaubt und Gott vertraut, weiß sich nie allein. Diese Grundüberzeugung gab mir stets Kraft, die „politischen Herausforderungen“ in Rumänien lange zu bestehen. Ich fühlte mich mit den Gläubigen im Gebet verbunden und durch das Gebet getragen. Viele Betende, viele Menschen, ob jung oder alt, standen hinter mir. Danke, Gott vergelte es allen!

Vor vierzig Jahren, 1981, kamen Sie in die Bundesrepublik Deutschland, um den Schlingen der Securitate beziehungsweise des kommunistischen Systems zu entkommen. Sie haben diesen Schritt getan und im Alter von 45 Jahren nochmals einen Neuanfang gewagt. Von 1982 bis 2003 waren Sie im Erzbistum Bamberg als Pfarrer von Münchberg mit den Filialen Sparneck, Zell und Weißdorf tätig. Erzbischof Karl Braun ernannte Sie zum Erzbischöflichen Geistlichen Rat. Diese Zeit bezeichneten Sie als die intensivste Zeit ihres Lebens. Weshalb?

An keiner der vorherigen Stationen war ich so lange wie in Münchberg tätig. Über 20 Jahre konnte ich hier seelsorgerisch wirken, die Pfarrei verantwortlich leiten, das geistliche Leben weitgehend gestalten sowie ein mir stets wichtiges Ziel verwirklichen: Ökumene leben mit den anderen Konfessionen vor Ort. 

Auch wurden mir in dieser Zeit verschiedene Ämter und Ehrenämter übertragen: Präses der Kolpingfamilie, Vorstand der Kindergärten sowie die Beauftragungen der Deutschen Bischofskonferenz und des St.-Gerhards-Werks.
Die Aufgaben in der Seelsorge sind intensiv und vielfältig, wenn man ein Herz hat und nach dem Vorbild Jesu arbeitet. Denn Menschen haben ein gutes Gespür und erkennen, wer sich um ihre Sorgen und Nöte kümmert. Dieses Feedback motivierte und begeisterte mich.

Sie waren von 1984 bis 2003 Schuldekan und Religionslehrer am Gymnasium in Münchberg. An welche Erfahrungen mit Schülerinnen und Schülern erinnern Sie sich gerne?

Natürlich gab es viele schöne und herausfordernde Situationen. Als Religionslehrer war für mich immer wichtig, den jungen Menschen Glaubenserlebnisse zu ermöglichen und sie zu fördern. Am Ende eines Schuljahres am Gymnasium in Münchberg kamen drei Mädchen zu mir und sagten: „Herr Pfarrer, Sie haben es uns nicht immer leicht gemacht. Aber Sie haben uns viel fürs Leben mitgegeben.“ Das ist genug Lob und Anerkennung für einen Priester. 

Wenn Sie Rückschau halten auf 60 Priesterjahre, das heißt auch 60 Mal Weihnachten feiern, 60 Mal zu Ostern predigen, immer wiederkehrende Gottesdienste, Taufen, Kommunion, Hochzeiten, Beerdigungen usw. Wie verhindert man eine Routine, die lähmt?  

Meine Losung lautet: Jede Feier und jede Begegnung ist einmalig. Mache das Beste für die Menschen daraus! Jeder Augenblick und jeder Mensch ist einzigartig. Diese Überzeugung lebe ich, das lässt mich authentisch und offen sein in den wiederkehrenden liturgischen Ritualen und Alltagssituation und gegenüber Menschen, in denen mir Jesus begegnet.

Dies hat auch junge Menschen angesprochen, ja in Sanktanna motiviert, selbst Priester zu werden: Andreas Reinholz, Franz Marksteiner, Michael Henger, Sepp Tänzler, Josef Hell, Karl Zirmer und aus Neuarad Egmont Topits. Ich bin täglich Gott dafür dankbar.

Ihr Primizspruch aus dem Te Deum lautet: „Auf dich, o Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. In Ewigkeit werde ich nicht zuschanden“. Weshalb haben Sie sich für diesen Text entschieden? 

In einer hoffnungslosen, gespaltenen Welt gibt es für Glaubende nur ein Licht und eine Zuversicht: Gott, der Herr und Hirte seines Volkes. Weil wir Christen unsere Hoffnung auf Gott setzen, haben wir auch Hoffnung für diese Welt. Damit verändern wir die Welt zum Besseren. Riskieren wir es, uns darauf einzulassen! Wagen wir, in das Gute im Anderen zu vertrauen! Setzen wir dabei in allem unsere Hoffnung auf Gott!

Ein weiterer wichtiger Text, der mich begleitet, ist der Psalm 36,10: „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht.“ Wenn wir unser Leben, unsere Welt mit eigenen Augen betrachten, verstehen und überblicken wollen, erkennen wir oft nur Fragmente oder stochern im Nebel und bleiben in Vermutungen, in Hypothesen oder Scheinwahrheiten hängen. Nur im Lichte des Schöpfers gelangen wir selber ins rechte Licht und gewinnen Klarheit über ihn, diese Welt und über uns selbst. In seinem Licht fällt Licht auf unser Leben und damit auf unser Wirken in und für diese Welt.

Zwanzig Jahre lang, von 1991 bis 2011, wirkten Sie als von der Deutschen Bischofskonferenz beauftragter „Sprecher der Priester und Gläubigen aus der Volksgruppe der Donauschwaben“ beziehungsweise als „Visitator der Donauschwaben und Deutschen aus Südosteuropa“. In dieser Funktion haben Sie mit dem St.-Gerhards-Werk, dessen Geistlicher Beirat Sie auch waren, das „Donauschwäbische Martyrologium“ initiiert. Haben Sie eine besondere Erinnerung hierzu?

Beim Papstbesuch 2007 wurde ich mit einer Delegation der Donauschwaben und ökumenischen Mitarbeitern am Martyrologium – einer Zusammenstellung der Opfer für den Glauben in der kommunistischen Ära – dem Heiligen Vater Papst Benedikt XVI. als Visitator der Donauschwaben vorgestellt. Seine Frage lautete: „Halten die Donauschwaben noch zusammen?“ Meine Antwort: „Heiliger Vater, sie feiern ihre Zusammenkünfte immer zum Auftakt mit einer heiligen Messe und halten ihre Wallfahrten zu den Marienwallfahrtsorten“. Er antwortete: „Sie haben alle meinen Segen“. Das heißt für unsere Landsleute: „An Gottes Segen ist alles gelegen“. Was braucht es mehr in der jetzigen Zeit der Pandemie?

2003 haben Sie sich aus der Pfarrei Münchberg verabschiedet und sind nach Bayreuth umgezogen. Sie sind seitdem im „Un-Ruhestand“, Pfarrer i.R. = Pfarrer in Ruf- und Reichweite! Seelsorgerisch sind Sie im Seelsorgebereich Bayreuth und Auerbach besonders in der Regens-Wagner-Stiftung in Michelfeld tätig. 2007 erhielten Sie die Berufung zum Päpstlichen Kaplan von Papst Benedikt XVI., eine ganz besondere Würdigung Ihres vielfältigen priesterlichen Wirkens. Ihr priesterliches Wirken zeigt sich auch darin, dass Sie immer noch von vielen Landsleuten um Rat gebeten werden.

Als Priester bin ich ständig am Leben der Menschen ganz nahe dran. Es verblüfft mich immer noch sehr, wie Gott im Herzen der Menschen wirkt und Neues und Schönes hervorruft. Besonders freue ich mich, wenn mich Rückmeldungen erreichen, dass meine Worte geholfen haben. Wenn wir Glauben miteinander teilen, geht er tiefer. Menschliche und christliche Lebenserfahrungen sind eine Schatzquelle und sehr wertvoll.     

Msgr. Straub, zwei Wesenseigenschaften kennzeichnen Sie: Bescheidenheit und Humor. Wie gelingt es Ihnen, diese Ausgewogenheit zu bewahren?

Der Heilige Papst Johannes XXIII., der einen Weg der Offenheit durch das Zweite Vatikanum beschritten hat, sagte sich, wohl vor dem Spiegel stehend: „Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!“ Das verhilft mir zu Gelassenheit und Gottvertrauen.

Um die Kirche und den Glauben ist es in der heutigen Zeit nicht so gut bestellt. Sie haben in diesen sechs Jahrzehnten eine fast dramatisch zu bezeichnende Wende erlebt – von intakten katholischen Strukturen (der Volkskirche) hin zu einer zunehmenden Entkirchlichung. Was muss sich ändern, was ist erforderlich?

Wir leben in einer Zeit des Übergangs, auch in der Kirche. Wir sollten vor allem umdenken und uns besinnen: Vom Ich zum Du, vom Du zum Wir. Gemeinschaft statt Eigensinn und Egoismus, eine Kultur des Miteinanders und der Liebe intensiver pflegen. Mehr Taten als Worte.  

Ich zitiere dazu das Lied aus dem Gotteslob mit dem Text von Klaus-Peter Hertzsch (1989):

„Vertraut den neuen Wegen
auf die der Herr uns weist,
weil Leben heißt: sich regen,
weil Leben wandern heißt. 

Seit leuchtend Gottes Bogen 
am hohen Himmel stand,
sind Menschen ausgezogen 
in das gelobte Land.

Vertraut den neuen Wegen 
und wandert in die Zeit!
Gott will, dass ihr ein Segen
für seine Erde seid.

Der uns in frühen Zeiten 
das Leben eingehaucht,
der wird uns dahin leiten, 
wo er uns will und braucht.

Vertraut den neuen Wegen, 
auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen. 
Die Zukunft ist sein Land.

Wer aufbricht, der kann hoffen
in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen.
Das Land ist hell und weit.

Am 8. Dezember werden Sie Ihr Jubiläum in kleinem Kreis begehen. Bei Ihrer Primizfeier in Neuarad am 10. Dezember 1961 wurde eine öffentliche Feier vom kommunistischen Regime untersagt. Wer hätte gedacht, dass heute, 60 Jahre später, eine öffentliche Feier aufgrund eines Virus – wiederum aufgrund politischer Regelungen – nicht möglich sein soll. Welche Botschaft möchten Sie unseren Landsleuten mitgeben anlässlich Ihres diamantenen Priesterjubiläums?

Damals nicht feiern zu können, wiederholt sich heute in anderer Form, heute leben wir aber in Freiheit. Von meiner Primizfeier gibt es nicht einmal eine Aufnahme von mir am Altar. Damals wie heute wird mir die Begegnung mit den Menschen fehlen, gemeinsam im großen Kreis den Gottesdienst zu feiern und gemeinsam Gott zu danken und zu loben.

Mein Priesterleben ist sinnvoll und erfüllt, wenn meine Liebe Gott ist, mein Vorbild Maria, meine Heimat Gottes Haus und Altar und meine Seelsorge die Menschen erreicht. Betet mit mir und dafür! Es segnet Sie, Euch und Eure Familien Msgr. Andreas Straub.

Msgr. Straub, vielen Dank für das Zeugnis, das Sie uns gegeben haben, und die Ermutigung, die es mit sich bringt. Ich wünsche Ihnen weiterhin ein segensreiches Leben, so lange, wie der Herrgott es will, erfüllt von Glauben und Gottes Liebe, um weiterhin seelsorgerisch für unsere Landsleute wirken zu können. Ein herzliches Vergelt’s Gott!