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UTA und die Auferstehung des Barons

Von oben sieht das neue Arader Stadion gut aus. Foto: stadiumdb.com

Aus der Nähe gesehen ist der Spielfeldboden rissig.

Zur Rasenbewässerung wird ein zu kurzer Jacuzzischlauch verwendet. Fotos: Special Arad, Sportarad

Lass uns lachen, das Leben ist ernst genug. Seit der Covid-19-Pandemie noch mehr. Deshalb werfe ich einen heiteren Blick auf den Fußball-Erstligisten UTA  Arad und einen sarkastischen aufs neue Stadion. Der Aufsteiger hat die reguläre Spielzeit mit einer Nullnummer bei Astra beendet. Astra, aber ohne Zeneca. Obwohl 15 Spieler, 3 Trainer und 2 Masseure von UTA infiziert waren. Auch davor gab's schon Fieber, Muskelschmerzen, Husten, Schnupfen und Schüttelfrost gegen Astra Giurgiu bei der 0:6-Klatsche im letzten Hinrundenspiel. Astra geigte UTA heim – mit der höchsten Heimniederlage in der ruhmvollen Vereinsgeschichte. 06 – das klingt schlimmer als 04. Damit meine ich Schalke 04. Die sind Tabellenletzter. Das ist auch UTA, aber nur zuhause.

Nach der Blamage gegen Astra wurde der legendäre Mittelfeldspieler Flavius Domide vom Reporter gefragt: „Wie hätte die Meisterelf von 1970 heute gegen Astra gespielt?“ Der zweifache Landesmeister antwortet: „Wir hätten 1:0 gewonnen.“  Der Reporter ungläubig: „Wieso nicht höher?“  Domide: „Schließlich sind wir alle schon über 70.“ Dieser Witz ist so gut, weil UTA daheim so schlecht spielte. Spitze sind die Arader nur, wenn die Tabelle umgedreht wird. 15 Spiele, 2 gewonnen, 9 Tore geschossen. UTA's schlechteste Erstliga-Heimbilanz aller Zeiten! Selbst göttlicher Beistand verpuffte. Zweimal in vier Monaten segneten ein orthodoxer bzw. katholischer Priester das Stadion, zuletzt vor versammelter Mannschaft. Umsonst! Beide Spiele wurden verloren. Hilf dir selbst, so hilft dir Gott. Die Heimpunkte schmolzen wie Eis im Bratofen. Vom ersten bis zum zweiten Dreier dauerte es 162 Tage. So viel Zeit für einen Dreier? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Mit Dreier meine ich natürlich einen Dreipunkte-Sieg...

Erinnern Sie sich an den Spielfilm „Păcală“ von 1974 mit Sebastian Papaiani? Möge er ruhen in Frieden. Nicht Păcală, sondern Papaiani, der vor fünf Jahren verstorben ist. Păcală lebt – und wird gebraucht. Drehbuchautor Dumitru Radu Popescu muss keine neuen Streiche erfinden. Im Arader Stadion kann er aus dem Vollen schöpfen. Seit Monaten brennt dort fürs Heim-Schlusslicht die Rote Laterne – wenn der Strom nicht gerade ausgeht. Das passiert schon mal. Einmal sogar vor einer Pressekonferenz. Worüber sich am meisten die Sponsoren „gefreut“ haben, weil ihre Logos auf der LED-Anzeigetafel zappenduster blieben. Im Dunkeln ist gut munkeln...

Gemunkelt wird übers Spielfeld. Der Rasen ist nicht mal zum Grasen. Ausgedörrtes Gras, rissiger Boden. Wie auf den Banater Feldern, wenn's lange nicht regnet. Dabei hat er drei Millionen Lei gekostet. Das Spielfeld ist ein Rübenacker und so hart, dass woanders trainiert werden muss. Beinbruchgefahr, weil die Bewässerungsanlage ausfiel. Deshalb wurde der Rasen mit einem Jacuzzischlauch besprüht. Da dieser zu kurz war, musste die Feuerwehr mit langen Schläuchen anrücken. Aber: Warum brauchen die Arader überhaupt ein Jacuzzi? Es regnet doch sowieso in die Umkleidekabinen. Wie bitte, Sie glauben das alles nicht? Ihr Problem! Auf solche Possen wäre selbst Păcală nicht gekommen. Und das in einem vor acht Monaten eingeweihten Stadion. Baukosten: 14 Millionen. Euro, nicht Lei! Wo denken Sie hin?

Die reguläre Saison ist zu Ende, die Meisterschaft nicht. Als Zehnter nimmt UTA an der Abstiegsrunde teil. Neun Spiele, davon fünf zuhause. Nicht gut, denn auswärts läuft's besser. Warum? Das wissen nicht mal die Arader. Bei ihnen weiß die linke Hand oft nicht, was die recht tut. Trainer und Spieler sprachen vom Erreichen des Europapokals nach 50 Jahren. Als Erster oder Zweiter der Abstiegsrunde hätte sich UTA in Relegationsspielen für die neu geschaffene Europa Conference League qualifizieren können. Pustekuchen! Die Vereinsführung hat aus finanziellen Gründen keine Lizenz bei der UEFA beantragt. Etwas reden, das Gegenteil tun. Bei UTA können sie es gut. Gut war die Auswärtstabelle. Dort belegten die Arader nach CFR Klausenburg, Uni Craiova und FCSB Bukarest Rang 4: 15 Spiele, 7 Siege, doppelt so viele Tore als zuhause. 

Wenn selbst der liebe Gott im eigenen Stadion nicht helfen kann, muss der Baron ran. An den rumänischen Ostern vor drei Tagen sehnten die Anhänger seine Auferstehung herbei. Einige glaubten Franz von Neumann, dessen Name das Stadion trägt, dort gesehen zu haben. Weil er das Rotieren im Grab nicht ausgehalten hat. Eine Fata Morgana! Dabei bräuchten sie so einen dringend. Bevor er vor 76 Jahren UTA gegründet hat, ließ er das schönste Stadion mit dem besten Rasen Rumäniens errichten. Jetzt können sie nicht mal eine gerade Torlinie ziehen. In der Arena läuft einiges krumm. Auch die Uhr auf der elektronischen Anzeigetafel streikt. Manches scheint aus der Zeit gefallen. Das alte Stadion ist weg – und das „neue“ zum Gespött des ganzen Landes geworden. Viel Spaß, Păcală!