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„Altertümliches“ kann auch für Jüngere interessant sein

Die Großfamilie Röhrich aus Großsanktnikolaus im Jahr 1903: Um den Familienpatriarchen Thomas Röhrich (Bildmitte, sitzend, mit Hut) und dessen dritte Ehefrau Margarethe sind 45 Nachkommen versammelt: Kinder, Enkel und Urenkel. Einer der Jungen im Vordergrund, Johann Kyri (dritter von links), ist der Urgroßvater von Andrea Geistanger. Einsenderin: Dietlinde Huhn

Kennen Sie jemanden auf diesem Bild? Können Sie Verbindungen zwischen den Personen herstellen? Können Sie das Bild in Raum und Zeit eingliedern? Wahrscheinlich sind die meisten Ihrer Antworten negativ. 

Für Andrea Geistanger (in München zu Hause) gab dieses 118 Jahre alte Bild mit 47 Personen der Röhrich-Großfamilie aus Großsanktnikolaus den Anstoß, mehr über die einzelnen Personen und ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander in Erfahrung bringen zu wollen. So verarbeitete sie alle ihr zugänglichen Daten aus dem in der Familie Überlieferten, aus den von der Heimatortsgemeinschaft Großsanktnikolaus herausgegebenen Publikationen – dem „Heimatbuch Großsanktnikolaus im Banat“ (2005) und den bisher erschienenen Heimatblättern –, dem Buch „Der römisch-katholische Friedhof der Deutschgemeinde von Großsanktnikolaus“ von Dietlinde und Otmar Huhn (2018), der Internetseite zum Friedhof und anderen Quellen. Sie brachte einzelne Informationen in Relation zueinander. Das Endprodukt ist weit mehr als nur eine Familiengeschichte. 

Andrea Geistangers Urgroßvater Johann Kyri ist als kleiner Junge auf dem Bild zu sehen. Zu vielen der anderen Abgebildeten ist man sich kaum mehr der verwandtschaftlichen Beziehungen bewusst. 

Interessant an ihrer Betrachtungsweise ist, wie aus heutiger Sicht Einzelheiten der Abbildung wahrgenommen werden, wie zum Beispiel Trachten oder die Art, wie damals Familienbilder entstanden (wohl im Vergleich zu der heutigen). Die Verwendung der einzelnen Haus- oder Spottnamen in ihrer Beschreibung ist interessant und hilft, die Verwandten zuzuordnen, wohl aber für die heutige Generation bestimmt sehr ungewohnt. 

Während ihrer Arbeit stieß die promovierte Statistikerin auch auf Einzelheiten, die sie bei dieser Gelegenheit über einige der Vorfahren in Erfahrung brachte und die man vielleicht in der Familie nicht mehr weitergereicht hat. 

Alte Bilder und Daten aus Heimatbüchern und -blättern oder auf alten Kreuzen haben wohl für die, die etwas über sich und ihre Vorfahren wissen wollen, bestimmt ihren Reiz. Erfreulich an der Recherche von Andrea Geistanger ist die Tatsache, dass auch junge Leute, die nur mehr einen sehr losen direkten Bezug zu den Vorfahren und deren ehemaliger Heimat haben, Interesse, Zeit, Wissen und Ambition investieren, um Licht in bisher Unbekanntes zu bringen.

Andrea Geistangers Bildbeschreibung wurde ins Internet gestellt (www.dfdb-grosssanktnikolaus.ro/pfdg-blog/Bildbeschreibung/Roehrich Bild_Beschreibung.html), um weiteren Nachkommen der Röhrich-Großfamilie zugänglich zu sein. Sie möge aber auch als Beweis gelten, dass auch junge Leute noch einen Bezug zu ihren Vorfahren beziehungsweise deren Heimatorten haben und dass alte Bilder und Informationen aus Heimat- und Friedhofsbüchern oder von Friedhofsseiten im Internet Ausgangspunkt für Ahnenforschung, Nachforschungen über die eigene Geschichte, doch darüber hinaus auch über den Heimatort oder die Region sein können. 

Vielleicht ist es auch nur eine Einzelarbeit einer noch im weitesten Sinn als Banaterin zu Bezeichnenden und doch ist es auch ein Beweis, dass jede Arbeit mit dem Ziel, etwas aus der Vergangenheit zu konservieren, ihren Sinn hat.