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Wichtiger Teilerfolg für Aussiedler und Spätaussiedler - Grundrente tritt zum 1. Januar 2021 in Kraft

Zum 1. Januar 2021 tritt das „Gesetz zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichen Einkommen und für weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Alterseinkommen“ (Grundrentengesetz) vom 12. August 2020 (BGBl. 2020 Teil I Nr. 38) in Kraft. Dadurch werden auch deutliche Verbesserungen im Rentenrecht und in der Grundsicherung sowie beim Wohngeld eingeführt, von denen auch deutsche Aussiedler und Spätaussiedler profitieren können und durch welche zum Teil die in den 1990er Jahren beschlossenen Rentenkürzungen ausgeglichen werden.

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Lebensleistung von Menschen anzuerkennen, die jahrzehntelang mit geringem Verdienst gearbeitet und Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben, wobei die Arbeitszeiten der Aussiedler und Spätaussiedler in den Herkunftsgebieten ausdrücklich in die Regelungen einbezogen werden. Auch die Erziehung von Kindern und die Pflege von Angehörigen werden berücksichtigt. Der Koalition ist es ein Anliegen, dass dabei auch die besonderen Lebenslagen im Osten sowie der deutschen Aussiedler und Spätaussiedler berücksichtigt werden.

Die Grundrente wird für Bestands- und für Neurentner zum 1. Januar 2021 eingeführt. Die Umsetzung der neuen Berechnungsprogramme und die Erteilung der neuen Bescheide an Berechtigte (geschätzt 1,3 Millionen begünstigte Personen) stellt die Rentenversicherungsträger vor große Herausforderungen, so dass die Bescheiderteilung und Auszahlung ab dem Sommer 2021 beginnt und sich voraussichtlich bis Ende des Jahres 2022 hinziehen wird. Es ist aber sichergestellt, dass die erhöhte Leistung automatisch gezahlt wird, ohne dass ein eigener Antrag nötig wäre, und dass die Leistung rückwirkend zum Rentenbeginn, frühestens aber zum 1. Januar 2021 nachgezahlt wird.

Aufbesserung durch die Grundrente

Rentnerinnen und Rentner, die mindestens 33 Jahre an „Grundrentenzeiten“ haben, können künftig einen individuellen Zuschlag zu ihrer Rente erhalten.

Grundlage für die Berechnung des Zuschlags ist der durchschnittliche Entgeltpunktewert, der aufgrund der Pflichtbeitragsleistung während des gesamten Versicherungslebens (einschließlich der im Versicherungskonto nach dem Fremdrentengesetz – FRG – berücksichtigten Werte für Zeiten im Herkunftsgebiet) erworben wurde. Die Höhe des Zuschlags richtet sich zudem nach der Anzahl der sogenannten Grundrentenbewertungszeiten. Das heißt, bei der Berechnung werden nur diejenigen Grundrentenzeiten berücksichtigt, in denen mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten im jeweiligen Jahr versichert worden sind (Entgeltpunktewert von 0,3 im Jahr).
Betroffene, die mehr als 33 Jahre Grundrentenzeiten aufweisen, erhalten einen aufwachsenden Zuschlag. Dabei gilt: Bei 33 Jahren Grundrentenzeiten führt der Zuschlag zu einer Hochwertung auf 40 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten (Entgeltpunktewert von 0,4 pro Jahr). Für jeden weiteren Monat mit Grundrentenzeiten steigt diese Höchstgrenze kontinuierlich an, und zwar auf 60 Prozent bei 34 Jahren (Entgeltpunktewert von 0,6 pro Jahr) und auf 80 Prozent bei 35 Jahren Grundrentenzeiten (Entgeltpunktewert von 0,8 pro Jahr).

Die Zuschlagshöhe wird bestimmt, indem der persönliche Durchschnittswert für Entgeltpunkte aus den Grundrentenbewertungszeiten (ggf. vermindert wegen der jeweiligen individuellen Höchstgrenze an Entgeltpunkten von 0,4 bis 0,8 pro Jahr) mit dem Äquivalenzfaktor von 0,875 und der Anzahl der Grundrentenbewertungszeiten (maximal 35 Jahre) multipliziert wird.

Im Durchschnitt beträgt der Zuschlag etwa 75 Euro im Monat. Der maximale Zuschlag zur Rente kann rund 418 Euro monatlich betragen.

Die Grundrentenzeiten als Voraussetzung der Zuschlagsgewährung setzen sich zusammen aus Pflichtbeitragszeiten für versicherte Beschäftigung und Tätigkeit, einschließlich der Zeiten nach dem FRG im Herkunftsgebiet; Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Kindererziehung, Pflege und aufgrund der Antragspflichtversicherung für Selbstständige, rentenrechtlichen Zeiten wegen des Bezuges von Leistungen bei Krankheit und Rehabilitation, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege sowie Ersatzzeiten (wie Zeiten der Flucht und Vertreibung, der anschließenden Arbeitslosigkeit im Anschluss an die Vertreibung etc.). Durch diese Regelungen ist sichergestellt, dass die meisten Aussiedler und Spätaussiedler, deren Renten durch die Kürzungen der 1990er Jahre (40-Prozenzt-Kürzung der FRG-Werte, Deckelung auf 25/40 EP) häufig geringer ausfallen, von den Regelungen der neuen Grundrente erfasst werden.

Die Zuschlagszahlung ist neben der nötigen Anzahl an Grundrentenzeiten und einem unterdurchschnittlichen Entgeltpunktewert auch von der Einkommenssituation abhängig. Dazu findet eine weitgehend automatisierte Einkommensprüfung unter Berücksichtigung von Einkommensfreibeträgen statt: Bis zu einem Einkommensfreibetrag in Höhe von 1250 Euro für Alleinstehende und 1950 Euro für Paare steht die ungekürzte Zuschlagszahlung zu. Liegt das Einkommen über dem jeweiligen Einkommensfreibetrag, wird der darüber liegende Betrag zu 60 Prozent auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Bei einem Einkommen über 1600 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 2300 Euro (Paare) wird das diesen Betrag übersteigende Einkommen vollständig auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Eine Vermögensprüfung erfolgt nicht.

Berechnungsbeispiele

Katharina M. ist ehemalige Kindergärtnerin aus Kronstadt/Siebenbürgen. Sie ist 1990 nach Deutschland zugezogen und wurde als deutsche Aussiedlerin nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt. Nach Zuzug war Katharina zuerst zwei Jahre arbeitslos, bis sie als Angestellte in unterschiedlichen Bereichen wieder Arbeit fand – allerdings unterhalb ihrer Qualifikation. Mit dem Verdienst kam sie zwar einigermaßen zurecht, doch beläuft sich ihre Altersrente nur auf 666,71 Euro (brutto). Sie lebt allein und hat keine weiteren Einkünfte. Da die anfängliche Arbeitslosigkeit nach ihrem Zuzug nach Deutschland rentenrechtlich als Ersatzzeit und damit als Grundrentenzeit berücksichtigt wird, kommt sie insgesamt auf mehr als 35 Jahre Grundrentenzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Katharina erhält künftig ab 1. Januar 2021 mit dem Grundrentenzuschlag eine Gesamtrente in Höhe von 980,82 Euro.
Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst (auch wegen der Kürzungen im FRG) = 0,5 Entgeltpunkte (EP) Rente aus eigener Beitragszahlung: 39 Jahre x 0,5 EP x 34,19 Euro (aktueller Rentenwert / West zum 1. Januar 2021) = 666,71 Euro
Grundrentenzuschlag: 35 x 0,3 EP x 0,875 x 34,19 Euro = 314,12 Euro
Gesamtrente: 666,71 + 314,12 = 980,83 Euro (brutto)

Andreas K. aus Almaty (Kasachstan) hat nur den allgemeinen Schulabschluss und dann eine kurze Anlernzeit als Mechaniker zurückgelegt. Er hat sein Leben lang in Kasachstan bis zum Zuzug 2005 als Hilfsarbeiter gearbeitet. Er hat danach als Hausmeister 15 Jahre lang auf geringem Lohnniveau gearbeitet. Heute bekommt er – auch wegen der Kürzungen im FRG – eine Rente von 478,66 Euro brutto. Bisher stockt er mit der Grundsicherung im Alter auf und muss lange Formulare ausfüllen. Mit der Grundrente muss er das nicht mehr. Seine geringen Ersparnisse muss er nun auch nicht mehr offenlegen. Mit der Grundrente bekommt er 898,49 Euro - also 418,83 Euro zusätzlich.
Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst = 0,4 EP (für 35 Jahre Grundrentenbewertungszeiten)
Rente aus eigener Beitragszahlung: 35 Jahre x 0,4 EP x 34,19 Euro = 478,66 Euro
Grundrentenzuschlag: 35 x 0,4 EP x 0,875 x 34,19 Euro (aktueller Rentenwert ab 7/2020) = 418,83 Euro
Gesamtrente: 478,66 + 418,83 = rund 898,49 Euro (brutto)
Andreas K. verfügt noch über Einnahmen aus einem Minijob von monatlich 400 Euro. Sein zu versteuerndes Einkommen (unter Hinzurechnung des steuerfrei gestellten Anteils seiner Rente) liegt unter dem Freibetrag von 1250 Euro. Somit findet keine Einkommensanrechnung auf den Grundrentenzuschlag statt.

Leistung erfolgt automatisch  

Bei den zu erwartenden bis zu 1,3 Millionen Berechtigten in 2021 wird die Bearbeitung der Neuberechnungen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und die Rentenversicherungsträger vor große Herausforderungen stellen. Betroffene werden bei einem Anspruch aber in jedem Fall automatisch von ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger informiert. Sie sollten daher von Rückfragen absehen. Der dadurch verursachte Zusatzaufwand würde nicht zur Beschleunigung, sondern eher zu weiteren Verzögerungen beitragen.

Weitere Maßnahmen in Vorbereitung

Ergänzend zu der Einbeziehung der Aussiedler und Spätaussiedler in die Rentenaufwertung durch das Grundrentengesetz ist nach wie vor die Schaffung einer Fondslösung für Härtefälle in der Grundsicherung im Rentenüberleitungsprozess geplant, wie er in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen ist. Hier konnte zwischen den Koalitionspartnern vereinbart werden, in diese Prüfungen auch Aussiedler und Spätaussiedler einzubeziehen. Details dazu befinden sich noch in Verhandlungen, an denen der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung beteiligt wird. Hier wird – besonders nach den einschneidenden Rentenkürzungen der 1990er Jahre – eine befriedigende Lösung angestrebt. Als nächste Schritte gilt es, die noch offenen Punkte – insbesondere die wesentliche Frage einer Finanzierung – zu klären, den Lösungsvorschlag in den Einzelheiten auszuarbeiten und eine Zustimmung der hierbei zu beteiligenden Entscheidungsträger herbeizuführen. Die Bundesregierung wird weiter darauf hinwirken, dass eine gemeinsame Lösung mit den Ländern gelingt

Flankierend zur Grundrente wird es bei langjähriger Versicherung in gesetzlich verpflichtenden Alterssicherungssystemen Verbesserungen durch neue Freibeträge bei den Grundsicherungsleistungen und beim Wohngeld geben, so dass sich auch dadurch in vielen Fällen das Alterseinkommen um bis zu 223 Euro erhöhen kann.

(Pressemitteilung des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Bernd Fabritius)