Das Donauschwäbische Zentralmuseum wurde vor 20 Jahren eröffnet. Die Stiftung Donauschwäbisches Zentralmuseum „hat die Aufgabe, die kulturelle Tradition und das Kulturgut der Donauschwaben zu bewahren, indem sie Geschichte, Kultur und Landschaft umfassend dokumentiert, Kulturgut sammelt und präsentiert sowie der landes- und volkskundlichen Forschung über die donauschwäbischen Herkunftsgebiete zugänglich macht. Sie soll zugleich das Wissen über die südöstlichen Nachbarn verbreiten und vertiefen, um auf diese Weise einen Beitrag zur Verständigung in Europa zu leisten.“ Diesen in der Stiftungssatzung formulierten Auftrag erfüllt das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm seit nunmehr zwanzig Jahren. Am 8. Juli 2000 wurde das Museum im denkmalgeschützten Reduit der Oberen Donaubastion, einer ehemaligen Kaserne aus dem 19. Jahrhundert, eröffnet. Das Jubiläum sollte eigentlich gefeiert werden, doch das fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Stattdessen lud das Museum am 6. Juli zu einer Pressekonferenz ein.
Die Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Ulms Bürgermeisterin Iris Mann, Vorstandsmitglied Hans Supritz, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Donauschwaben, Museumsdirektor Christian Glass und die Kulturreferentin für den Donauraum Dr. Swantje Volkmann informierten über den Aufbau des Museums und dessen Aufgaben, die erfolgreiche Arbeit entlang seines zwanzigjährigen Bestehens, die wachsende Bedeutung des Hauses im Kontext der EU-Donauraumstrategie wie auch über die Pläne zur künftigen Neuaufstellung des Museums.
Iris Mann erinnerte an die Vorgeschichte des Hauses von der Unterzeichnung der Vereinbarung über die Einrichtung des Donauschwäbischen Zentralmuseums zwischen der Stadt Ulm, dem Land Baden-Württemberg, der Bundesrepublik Deutschland, der Landsmannschaft der Banater Schwaben, der Landsmannschaft der Donauschwaben, der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn und der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben im September 1994 bis zu dessen Eröffnung im Sommer 2000. Der Aufbaustab habe während der fünfjährigen Aufbauphase eine „Riesenaufgabe“ bewältigt: einerseits der Aufbau einer Museumssammlung mit Hilfe der Landsmannschaften, die inzwischen auf rund 50000 Objekte angewachsenen und zum Großteil im zentralen Kunstdepot der Stadt Ulm dauerhaft eingelagert ist, andererseits die Erarbeitung einer inhaltlichen Konzeption, in der sich die Donauschwaben mit ihrer Geschichte und ihren Geschichten wiederfinden sollten, die aber gleichzeitig eine breitere Öffentlichkeit ansprechen und auch bei solchen Menschen Interesse wecken sollte, die keinen Bezug zu den Donauschwaben und zu Südosteuropa haben. Die vergangenen zwanzig Jahre hätten gezeigt, dass dieser Spagat gelungen sei, so Iris Mann.
Das Gebäude in der Schillerstraße 1 wurde ab 1995 grundlegend saniert, umgebaut und für den Museumsbetrieb nutzbar gemacht, ab 1998 folgte der Einbau der museumsspezifischen Einrichtung. Die Gesamtkosten beliefen sich auf ca. 9 Millionen Euro. Das im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss des Gebäudes untergebrachte Museum hat eine Gesamtnutzfläche von 3800 Quadratmetern. Die Dauerausstellung wird auf 1500 Quadratmetern präsentiert, für Wechselausstellungen stehen 270 Quadratmeter zur Verfügung.
Das Museum ist als Stiftung privaten Rechts organisiert und wird auf der Grundlage des Paragrafen 96 des Bundesvertriebenengesetzes vom Bund, vom Land Baden-Württemberg, von der Stadt Ulm und den vier donauschwäbischen Landsmannschaften getragen. Die Finanzierung teilen sich Stadt Ulm, Land Baden-Württemberg und Bund. Die Gründung der Stiftung Donauschwäbisches Zentralmuseum erfolgte 1998. Die Stiftungsgremien sind der dreiköpfige Vorstand, der Stiftungsrat, in dem die Träger der Stiftung vertreten sind, sowie der Wissenschaftliche Beirat.
Was das Donauschwäbische Zentralmuseum auszeichne, sei seine breite Vernetzung im Donauraum und die intensive Kontaktpflege in die Donauländer, betonte die Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Das Museum unterhalte Kontakte zu zahlreichen Museen und Kultureinrichtungen in den ehemaligen Siedlungsgebieten der Donauschwaben, mit denen grenzüberschreitende Kooperationsprojekte entwickelt und durchgeführt werden. Für die Stadt Ulm sei das DZM von besonderer Bedeutung, hob Iris Mann hervor, zumal der Donauraum verstärkt in den Fokus rücke und das DZM dazu beitrage, die historisch gewachsenen Verbindungen in die Region zu aktivieren.
Die Geschichte der Donauschwaben sei eine Geschichte von Aufbruch und Migration. Ulm sei eine wichtige Station am Beginn dieses Weges hin zu einer neuen Heimat in Südosteuropa gewesen. Die Stadt habe vom „Migrationsgeschäft“ im 18. Jahrhundert profitiert, das ihr Leben und Schwung brachte, und auch nach dem Zweiten Weltkrieg hätten die Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler, die sich in großer Zahl in Ulm niedergelassen haben, eine wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Stadt geleistet. Es gelte, die europäische Tradition der Stadt Ulm
lebendig zu halten und dazu trage auch das Donauschwäbische Zentralmuseum bei, das sich in den zwanzig Jahren seines Bestehens in der Kulturszene und im gesellschaftlichen Leben der Stadt etabliert habe.
Hans Supritz sprach im Namen der vier donauschwäbischen Landsmannschaften. Für die Donauschwaben und ihre landsmannschaftlichen Verbände sei mit der Errichtung des Donauschwäbischen Zentralmuseums ein seit langem bestehender Wunsch in Erfüllung gegangen. Sie hätten sich „mächtig angestrengt“, um dieses Ziel zu erreichen, und es sei von Anfang an klar gewesen: „Ulm muss es sein“. Dass das Museum in der Ulmer Donaubastion sein Domizil fand, hat historische Gründe.
Ulm war für mehr als ein Jahrhundert eine wichtige Drehscheibe für die Migrationsströme Richtung Südosten. Tausende von Auswanderern aus dem Süden und Südwesten des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation steuerten die Stadt an, um sich von den Ulmer Schiffern donauabwärts in ihre neuen Siedlungsgebiete bringen zu lassen. Ulm als Auswanderungsort ist in der kollektiven Erinnerung der Donauschwaben fest verankert, die „Ulmer Schachteln“ sind zum Symbol der Auswanderung schlechthin geworden. Dass Ulm in ihrer Erinnerungskultur lebendig geblieben, dass die Donaustadt als Ausgangsort ihres Aufbruchs nach dem Südosten Europas zum Mythos geworden ist, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vom großformatigen Einwanderungstriptychon des Malers Stefan Jäger und seinem literarischen Pendant, Adam Müller-Guttenbrunns Roman „Der große Schwabenzug“ (erstmals 1913 in Leipzig erschienen), später auch durch die Arbeiten des Heimatforschers Friedrich Lotz befördert. Diese Werke prägten das donauschwäbische Geschichts- und Selbstbild wesentlich.
An den positiv besetzten „Mythos Ulm“ wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nach Flucht und Vertreibung der Donauschwaben und ihrer Ansiedlung in Deutschland angeknüpft, als der Südwesten und auch die Ulmer Region zu einem Siedlungsschwerpunkt der Donauschwaben wurden. Ulm wurde in den 1950er Jahren für die Donauschwaben zum festen Treffpunkt, zur regelmäßigen Pilgerstätte und kristallisierte sich, wie es Hans Supritz ausdrückte, zur „symbolischen Hauptstadt der Donauschwaben“ heraus. Supritz erinnerte an die großen Donauschwabentreffen mit bis zu 40000 Teilnehmern, an die Errichtung des Auswandererdenkmals am Ulmer Donauufer im Jahr 1958, an die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Stadt Ulm sowie an den in den donauschwäbischen Verbänden schon früh gereiften Plan, in Ulm ein Museum zu errichten, das den Donauschwaben als Stätte der Erinnerung und der Begegnung dienen sollte. Das Museum sollte ein Ort werden, an dem ihre Geschichte dokumentiert und präsentiert wird, ein Ort, der Zeugnis ablegen sollte von ihrem reichen kulturellen Erbe.
Mit der Museumseröffnung am 8. Juli 2000 sei für die Landsmannschaften aus dem südöstlichen Europa ein Traum wahr geworden, sagte Supritz. Das Museum könne mit Stolz auf zwei Jahrzehnte Betrieb zurückblicken, es habe sich zu einem „Ort der Identifikation für alle Donauschwaben“ entwickelt. „Es ist ein Anziehungspunkt für Besucher mit donauschwäbischen Wurzeln aus der ganzen Welt.“ Das DZM fördere darüber hinaus durch seine Veranstaltungen und grenzüberschreitenden Aktivitäten den „Zusammenhalt in Frieden, in Freiheit und guter Nachbarschaft“. „Das ist doch das, was wir heute für Europa wollen“, zeigte sich Hans Supritz überzeugt.
Museumsdirektor Christian Glass, der zunächst den Aufbaustab des Museums leitete und seit 1998 die Stelle des Museumsleiters innehat, wies auf die Besonderheiten des Donauschwäbischen Zentralmuseums hin. Das DZM sei kein gewachsenes Museum, sondern ein sogenanntes Beschlussmuseum, dessen Auftrag sich aus dem Paragrafen 96 des Bundesvertriebenengesetzes ableitet und in der Stiftungssatzung festgeschrieben ist. Das sei auch die Erklärung für den etwas sperrig klingenden Namen. Für einige sei sein Haus „das Museum mit dem langen Namen“. Aber der Name lasse keinen Zweifel daran, worum es hier geht. Das Museum habe von Anfang an eine europäische Ausrichtung. Das DZM präsentiere die Geschichte der Donauschwaben von der Auswanderung bis zur Gegenwart im europäischen Kontext und stelle sie unter Berücksichtigung der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den Donauländern dar, erläuterte Glass. Dabei gehe es darum, diese Geschichte nicht nur für die Gruppe der Donauschwaben zugänglich zu machen, sondern alle, die daran interessiert sind, über dieses interessante, aber in der breiten Öffentlichkeit wenig bekannte Kapitel europäischer Geschichte zu informieren.
Das DZM habe die ganze Donauregion im Blick und sei das einzige Museum, das mit vier Ländern zu tun habe: Rumänien, Serbien, Kroatien und Ungarn. Es bringe sich aktiv in die deutsche und die südosteuropäische Museumslandschaft ein, habe die Kontakte in die Donauländer systematisch ausgebaut und führe zahlreiche Projekte mit dort angesiedelten Partnerinstitutionen durch. Inzwischen bestünden neun Partnerschaften mit Museen in Rumänien, Serbien und Ungarn.
Eine große Herausforderung für die Zukunft sei die Aufgabe, Geschichte und Kultur der Donauschwaben für künftige Generationen erfahrbar und erlebbar zu machen, betonte der Museumsdirektor. Mit dem Abtreten der Erlebnisgeneration gelte es, sich neu aufzustellen, mehr Besucher zu gewinnen und sich für jüngere Zielgruppen zu öffnen. Diesem Zweck diene die Aktualisierung und Modernisierung der zwanzig Jahre alten Präsentation, woran derzeit gearbeitet werde. 1,65 Millionen Euro seien dafür veranschlagt. Die Dauerausstellung zur Geschichte der Donauschwaben bleibe das Herzstück des Museums, werde aber überarbeitet und moderner gestaltet. Gänzlich neu hingegen entstehe auf 550 Quadratmetern ein zweiter Ausstellungsrundgang, der die Donau, und zwar den ganzen Fluss von der Quelle bis zur Mündung in den Fokus nimmt. Unter dem Titel „Donau. Flussgeschichten“ werde anhand von 24 Geschichten vom Fluss und seinen Menschen die Kulturgeschichte der Donau und des Donauraums erzählt. Der Rundgang werde mit vielen Medien- und Mitmachstationen ausdrücklich auch für Familien konzipiert, betonte Christian Glass. Der Museumsdirektor gab bekannt, dass das Museum am Ende des Jahres umbaubedingt für elf Monate schließen werde. Die Wiedereröffnung sei für November 2021 geplant.
Zum Schluss stellte Dr. Swantje Volkmann, Kulturreferentin für den Donauraum, die Schwerpunkte ihrer Arbeit vor. Die am Donauschwäbischen Zentralmuseum angegliederte Stelle besteht seit 2002, ist beim Bund, im Ressort der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, angesiedelt und verfügt über einen eigenen Etat. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die breitenwirksame Vermittlung der Kultur und Geschichte der Deutschen im Donauraum im In- und Ausland. Als Vermittlungsformate dienen Workshops, Seminare, Vorträge, Wanderausstellungen, Kunstprojekte sowie Jugendveranstaltungen.
Das Aufgabenfeld sei im Laufe der Zeit gewachsen, betonte die Kulturreferentin. In ihrer Arbeit pflege sie ein weites Netzwerk, das sich über zehn Donauländer erstrecke und Voraussetzung sei für die grenzüberschreitenden Projekte und Veranstaltungen und die fruchtbare Zusammenarbeit mit Institutionen und Organisationen in den ehemaligen Siedlungsgebieten der Donauschwaben und darüber hinaus.
Als Standbeine ihres Arbeitsprogramms nannte Dr. Swantje Volkmann den Jugendaustausch mittels Begegnungen, vor allem auch im Rahmen der Jugendcamps mit Teilnehmern aus allen Donauländern, die anlässlich des Internationalen Donaufestes in Ulm und Neu-Ulm stattfinden, Kunstprojekte unter Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern aus den Donauländern – derzeit ist im Museum Ulm die Wanderausstellung „Kunst am Strom“ zu sehen – sowie die Unterstützung der kulturellen Arbeit der donauschwäbischen Landsmannschaften mittels Projektförderung.
In der nächsten Ausgabe veröffentlichen wir einen Werkstattbericht zur Entstehung der Donauausstellung im Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm.