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Über 110 Jahre Fußball in Tschakowa

Auf diesem Foto aus der Anfangszeit des Tschakowaer Fußballsports ist das Jahr 1911 mit Tinte nachgezogen, der frühere Text mit Bleistift ist nicht mehr zu entziffern. Foto aus dem Privatarchiv Luzian Geier

Was ein Foto aus der Gründungszeit berichtet - Unmittelbar nach 1900 wurden in fast allen Banater Städten und Marktflecken Fußballvereine oder -sektionen innerhalb von schon bestehenden Sportvereinen gegründet. In dem umfangreichen Buch „110 Jahre Fußball im Banat“ (erschienen 2010 in Temeswar, rumänisch, 658 Seiten) von Gheorghe Popa sind diese Anfänge für Temeswar, Lugosch, Orawitza, Hatzfeld, Großsanktnikolaus oder Rekasch vorgestellt. Das Sportleben auf dem Lande ist für die frühe Zeit weitgehend ausgespart. Das liegt heute im Banat vor allem daran, dass die vielen Heimatbücher und Ortschroniken nicht zugänglich sind wie auch an fehlenden Sprachkenntnissen. Aber nicht nur.

Als Beispiel sei hier Tschakowa – im Banat-Buch von Ion Lotreanu 1935 als eine Mustergemeinde bezeichnet – angeführt, das in der oben erwähnten Dokumentation praktisch nicht vorkommt, weder in der chronologischen Liste der Vereinsgründungen, noch im Abschnitt zur neueren Zeit, wobei „Progresul Ciacova“ keine unbekannte Banater Mannschaft war. 1995 spielte Kurt Schauberger als letzter Deutscher in der Ortself. Gegenwärtig trägt die Mannschaft in der Temescher Kreisliga stolz das Gründungsjahr 1906 im Vereinsnamen („Progresul 1906 Ciacova“). Zum neuesten Geschehen finden Interessenten viele Infos im Internet.

Dabei kann der Marktort beziehungsweise die spätere Kleinstadt eine gute alte Sporttradition aufweisen. Wilhelm J. Merschdorf hat dem Sportgeschehen in der Gemeinde ein umfangreiches Kapitel gewidmet (S. 610-623) in seinem Heimatbuch Tschakowa (1997) mit einstigen Aktiven als Berichterstatter dazu. Am Anfang der organisierten Sporttätigkeit stand ab 1885 der Turnverein, 1898 folgte die Gründung des Radfahr-Vereins.

Einen Fußballverein gab es seit 1906, als am 29. Juni des Jahres auch das erste Spiel im Ort ausgetragen wurde. Erster Präses war Laszlo Cserna, als lokale Bestspieler sind in der Chronik für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg die Namen von Liviu Gruescu, dem später bekannten Frauenarzt, Stefan Weber, Schuldirektor, und Ljubomir Jivanovici in Erinnerung. Oder der spätere Kaufmann Emmerich Szallay (geboren 1897). Somit sind Vertreter von vier Nationalitäten hier vereint. Szallay spielte schon ab 1910, also mit 13, Fußball und ist auf dem Foto aus dem Jahr 1911 zu sehen. Er war auch in der Zwischenkriegszeit aktiv und Mitbegründer des Tschakowaer deutschen Jugendvereins sowie Gruppenführer der Freiwilligen Feuerwehr.

Zu sehen ist hier das früheste Foto als Beleg für den Tschakowaer Fußballsport vor dem Ersten Weltkrieg, es wird hier erstveröffentlicht. Auch Willi Merschdorf fehlten seinerzeit Fotos zu den Anfängen der vereinsmäßig organisierten sportlichen Betätigungen.

Die Aktiven auf dem Bild können nur noch schwer identifiziert werden, bis auf einen der jüngsten, den in der ersten Reihe sitzenden (3. von rechts) späteren Temeswarer Musikprofessor Josef Brandeisz (geboren 1896) mit seinem unverkennbaren Gesicht für alle, die ihn gekannt haben. Die Aussagekraft der Aufnahme liegt vor allem darin, dass hier im Hintergrund eines der frühen angelegten Fußballplätze im Banat zu sehen ist. Die Mannschaft ist vergleichbar gut ausgestattet und eingekleidet, vor allem sehr gut beschuht. In sehr vielen Dorfmannschaften wurde auch noch in der Zwischenkriegszeit Fußball barfuß gespielt. Dieses 16 Spieler „starke“ Team mit drei Betreuern könnte in der Banater Fußballchronik als eine der ersten bekannten „Schüler-Mannschaften“ eingestuft werden.