Fotos können bekanntlich auch Geschichte(n) „erzählen“, sie lassen die Betrachter nicht nur sehen, sondern auch herauslesen. Während hier beispielsweise im Vordergrund deutlich das Schuljahr 1945-1946 angezeigt ist, können im Hintergrund an der Teppich-Wand die offiziellen Bilder aus dem Königshaus Rumäniens ausgemacht werden: rechts der junge König Mihai I., links die Königinmutter Elena. Aber auch Kleinigkeiten können auffallen, weil es sie hier heute bei unseren Landsleuten nicht mehr gibt. Der Junge in der Mitte der ersten Schülerreihe trägt beispielsweise ein gut sichtbares Trauerband am linken Revers des Jacketts. Michael Übner hatte als einer der ersten Guttenbrunner die erschütternde Nachricht erhalten, dass sein Vater und seine Schwester in der Verschleppung in der Sowjetunion ihr Leben verloren hatten. Alle Kameraden fühlten und trauerten mit ihm, denn auch sie hatten Mütter, Väter oder Geschwister in „Russland“.
Wenige Guttenbrunner können sich an den Lehrer erinnern, der hier im Bild links neben Pfarrer Jakob Pless zu sehen ist, ein Flüchtling („Refugiat“) aus Bessarabien. Wie Lehrer Nicolae Speianu ins Dorf kam, weiß man nicht genau. Er war entweder zugeteilt worden oder untergetaucht und hatte im Ort bald eine deutsche Witwe geheiratet. Er lernte die Kinder rumänische und erstmals in der Dorfgeschichte russische Lieder singen und war auch Kulturheimdirektor. Es half ihm nichts. In einer Nacht des Jahres 1949 holte ihn ein sowjetisches Auto ab und verschwand mit ihm spurlos für immer. Es war die typische Einsatzart des sowjetischen Geheimdienstes, der auch in seinen Satellitenstaaten freien Zugriff auf seine oder ehemalige Staatsbürger hatte.
Noch etwas fällt vielleicht manchem Betrachter auf: zwei Schülerinnen (sitzend, links und rechts von den Lehrern) tragen Guttenbrunner Tracht.
Über den Unterricht im letzten Kriegsjahr gibt es wenige gesicherte Daten, die Menschen hatten andere Sorgen infolge der Kriegsereignisse, der Internierungen und der Deportation im Januar 1945. Im Schuljahr 1944-1945 gab es daher keinen geregelten Unterricht, zwei oder drei Notre-Dame-Schwestern versuchten den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten, meist wurden Gesang und Religion von ihnen unterrichtet. Es waren dies die Ordensschwestern Edelgard und Rita, der Name einer dritten ist nicht mehr überliefert. Schwester Rita stammte aus Neuarad. Michael Hammes, damals Schüler, hat sie mit dem Pferdewagen bis vor ihr Elternhaus gefahren und die Eltern herausgerufen, denn die Nonne hatte den Eid abgelegt, ihr Elternhaus nicht mehr zu betreten. Schulschwester Edelgard war wohl über Königshof in die Gemeinde gekommen. Nach der Auflösung der Orden 1948 half sie in Deutschbentschek und Bruckenau bei Pfarrer Johann Kollmer aus, dem früheren Guttenbrunner Kaplan unter Pfarrer Mathias Eisele.
Die Schulklasse im Bild hatte dann 1945-1946 zusätzlich zwei neue Lehrer und durch Pfarrer Pless weiterhin die Schulaufsicht, weil diese Volksschule eine konfessionelle war bis zur Verstaatlichung. Es handelte sich jedoch nicht wie früher um eine geschlossene Jahrgangsgruppe. Die meisten Kinder waren 1933 geboren, einige 1932 beziehungsweise ein Junge 1931.
Die Namen der Personen auf dem Foto, das Michael Hammes zur Verfügung stellte: stehend hintere Reihe von links: Peter Sauer (†), Adam Jäger, Valentin Eckert, Franz Schmidt, Mathias Gelz (†), Peter Zengraf (†); mittlere Reihe von links: Johann Heckmüller (†), Georg Schillinger, Adam Schnell, Michael Übner, Jakob Berg (einziger des Jahrgangs 1931, †), Emil Ferch (†); sitzend von links: Katharina Ferch, Barbara Schulz (†), Theresia Titz, Lehrer Nicolae Speianu, dann der erst am 20. April 1944 in die Gemeinde gekommene Pfarrverweser Jakob Pless, geboren 1915 in Sackelhausen, der wie Kollmer von 1942 bis 1944 als Seelsorger nach Transnistrien versetzt worden war, Lehrer Petru Groza (später in Fibisch), Barbara Weidmann (†), Barbara Lannert (†), Margareta Gelz; vorne von links: Leonhard Bauer (†), Michael Hammes mit dem Akkordeon und Peter Hammes (†).