Eine kleine Forschungsgruppe vom Institut für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa (IVDE) Freiburg, bestehend aus Professor Michael Prosser-Schell und den beiden wissenschaftlichen Hilfskräften David Priedemann und Kevin Back, unternahm vom 2. bis 9. April 2019 eine Forschungsreise zur Universität Szeged/Ungarn mit einer Exkursion ins Banat. Prosser-Schells Interesse galt dabei vor allem der ruralen Architektur des Banats, aber auch dem Wallfahrtsort Maria Radna. David Priedemann schreibt zurzeit seine Masterarbeit über die französischen Siedler im Banat. Mein persönliches Forschungsinteresse galt der Vorbereitung meiner Masterarbeit über das Banat.
Die Reiseroute sah folgendermaßen aus: Von Freiburg ging es zunächst nach Szeged, wo das IVDE Freiburg eine Partnerschaft mit dem Volkskundeinstitut der Universität unterhält, die bei dieser Gelegenheit mit dem neuen Lehrstuhlinhaber Professor András Simon erneuert wurde. Die Banat-Exkursion startete von Szeged aus und begann am 5. April mit dem Besuch des Wallfahrtsortes Maria Radna, wo das Museum im ehemaligen Franziskanerkloster und die Basilika besichtigt wurden. Auch die ursprünglich mit italienischen, französischen und deutschen Siedlern besiedelte Ortschaft Mercydorf wurde zu Forschungs- und Dokumentationszwecken besucht.
Am zweiten Tag der Exkursion stand der Besuch des Museums in Lenauheim auf dem Programm, wo die Lenau- und die ethnografische Ausstellung besichtigt wurden. Außerdem wurden das Rathaus mit dem Lenaudenkmal, die Kirche und der Friedhof besucht. Anschließend ging es für eine Stadtbesichtigung nach Temeswar. Dort wurden zunächst der Opernplatz, die Lloyd-Zeile und die rumänisch-orthodoxe Kathedrale besichtigt, bevor es weiter, an der innerstädtischen Synagoge vorbei, zum Domplatz ging. Leider konnten wir den Dom wegen Renovierungsarbeiten nicht besichtigen. Zuletzt wurde der Freiheitsplatz mit Marienstatue und dem Alten Rathaus besucht. Diese Stadtbesichtigung war auch im Hinblick auf die Vorarbeiten für Temeswar als Europäische Kulturhauptstadt 2021 interessant.
Anderntags, am 7. April, ging es früh morgens ins serbische Banat, nach Banatsko Veliko Selo. Der Ort besteht aus den drei ehemaligen Schwabendörfern Charleville, Seultour und St. Hubert, die nach der Vertreibung der Deutschen zu einem Ort zusammengefasst wurden. In diesen drei Dörfern waren neben den Deutschen viele Franzosen angesiedelt worden, was schon an den Ortsnamen deutlich wird. Dank freundlicher Mithilfe der Ortsbevölkerung konnten wir erfahren, wo früher Schwaben und Franzosen gelebt hatten. Man erklärte uns auch, dass der alte katholische Friedhof nach dem Krieg eingeebnet worden sei, um darauf einen Park und ein Schwimmbecken anzulegen. Jedoch erinnert heute ein großes metallenes Kreuz daran, was sich einst dort befand. Ebenso war die katholische Kirche vor einiger Zeit abgerissen worden, um an dem Platz eine orthodoxe Kirche zu errichten.
Letzte Station der Exkursion war Triebswetter, das einst die größte Franzosensiedlung im Banat gewesen war. Pfarrer Attila Andó aus Großsanktnikolaus, den wir dort trafen, zeigte uns die Kirche und berichtete von den Franzosen in Triebswetter, die sich im Laufe der Zeit assimiliert und selbst als Deutsche wahrgenommen hätten. Diese Assimilation war auf dem Friedhof deutlich zu sehen. Dort waren viele Grabsteine mit französischen Namen zu finden, auch solche, auf denen die Namen eingedeutscht worden waren. Damit endete die sehr erkenntnisreiche Exkursion, der möglichst bald eine weitere folgen soll.
Anmerkung der Redaktion: Kevin Back ist 1993 in Deutschland geboren und studiert zurzeit in Freiburg. Schon als Kind nahm er mit seinen Großeltern an den Veranstaltungen der HOG Lenauheim teil. Er zeigt sich sehr interessiert an der Geschichte der Banater Schwaben sowie an den gesamten Aktivitäten der HOG Lenauheim und der Landsmannschaft der Banater Schwaben und bringt sich auch aktiv als Beisitzer im Vorstand der HOG Lenauheim in die Verbandsarbeit ein.