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Den Weg der Kirche in die Zukunft vorgezeichnet

Im Zeichen der Verbundenheit mit den Banater Schwaben zelebrierte Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal die Pfingstmesse beim Heimattag in Ulm. Foto: Oleg Kuchar

Im Gegensatz zu früher, als ihm seine hohen Kirchenämter viel abverlangten und, wie er es einmal in
einem Interview formulierte, sein Terminkalender allzu oft Herr über seine Tage war, kann Erzbischof Dr. Robert Zollitsch seit seiner Emeritierung weitgehend selbst über seine Termine bestimmen. Er ist nach wie vor viel unterwegs, denn „Bischof bleibt man sein Leben lang“. Als solcher ist Zollitsch ein gefragter Mann; er wird zu Gottesdiensten, Wallfahrten, Jubiläen, Vorträgen und Begegnungen eingeladen, sodass sein Terminkalender gut gefüllt ist. Einen besonderen Platz nehmen darin Veranstaltungen der Heimatvertriebenen und Aussiedler ein, denen sich Erzbischof Zollitsch durch seine Herkunft und die Erfahrung von Internierung und Flucht eng verbunden fühlt. Er selbst entstammt der Volksgruppe der
Donauschwaben und hat sich in der Öffentlichkeit stets zu seiner Herkunft bekannt. „Dass ich Donauschwabe bin, hat mich geprägt. Dazu bekenne ich mich“, sagte Zollitsch erst neulich in einem Interview.

Am 9. August feiert Dr. Robert Zollitsch seinen 80. Geburtstag. Es ist eine bewegende Lebensgeschichte, auf die der ehemalige Erzbischof von Freiburg und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz zurückblickt. 1938 in der damals vorwiegend von Deutschen bewohnten Gemeinde Filipowa (heute Bački Gračac, Serbien) geboren, erlebte Zollitsch als kleiner Junge gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die Verfolgung der Donauschwaben durch Titos Partisanen-Armee, bittere Not, Willkür, Mord, Flucht und Vertreibung. Im November 1944 töteten Titos Partisanen 212 Männer aus seinem Heimatort, darunter seinen Bruder Josef. Sowohl seine Mutter als auch sein Großvater wurden zur Zwangsarbeit verpflichtet, sein Vater und ein Bruder waren als Soldaten eingezogen. Im April 1945 kam Robert Zollitsch, damals noch keine sieben Jahre alt, zusammen mit seiner Großmutter und drei gleichaltrigen Cousinen in das Todeslager Gakowa. Um nicht zu verhungern, floh die Großmutter mit den vier Kindern im Oktober 1945 nach Ungarn. Sie schlossen sich in Budaörs dem ersten Aussiedlungstransport der Deutschen an und kamen schließlich im April 1946 in Nordbaden an. Seither lebt Robert Zollitsch in Baden, die längste Zeit davon in Freiburg.

Nach der Reifeprüfung in Tauberbischofsheim studierte Zollitsch von 1960 bis 1964 Philosophie und Katholische Theologie an den Universitäten Freiburg und München. Am 27. Mai 1965 empfing er die Priesterweihe im Freiburger Münster. Mit einer Arbeit über „Amt und Funktion des Priesters in den ersten zwei Jahrhunderten“ wurde er 1974 zum Doktor der Theologie promoviert.

Bevor Dr. Robert Zollitsch im Jahr 2003 zum Erzbischof von Freiburg gewählt wurde, trug er 16 Jahre Verantwortung in der Priesterausbildung – als Repetitor (1967-1972) und Direktor des Erzbischöflichen Theologenkonvikts Collegium Borromaeum in Freiburg (1974-1983) sowie Dozent am Priesterseminar in St. Peter im Schwarzwald (1972-1974) – und 20 Jahre als Personalreferent im Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg (1983-2003).

Als Erzbischof der zweitgrößten Diözese Deutschlands (2003-2014) setzte Zollitsch Pastorale Leitlinien mit dem Titel „Den Aufbruch gestalten“ in Kraft, regte die Neufassung der Satzungen diözesaner Gremien und Einrichtungen an, führte eine Dekanatsreform durch, ordnete die Priesterausbildung neu und führte einen jährlichen Diözesantag ein.

Noch größer war dann die Herausforderung, als Erzbischof Zollitsch – der innerhalb der Kirche als liberal gilt, von sich selbst aber sagt, er sei „im guten Sinne konservativ“  – im Jahr 2008 zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gewählt wurde. Sechs Jahre lang war er  Gesicht und Stimme der Katholischen Kirche in Deutschland. „In der Öffentlichkeit tritt er bescheiden und zurückhaltend auf. Er sucht Konsens statt Konfrontation. In Predigten und Interviews meldet er sich gerne zu gesellschaftlichen Themen zu Wort, vermeidet dabei jedoch ideologisch überhöhte Debatten. Gräben will Zollitsch nicht aufreißen. Er ist sichtlich bemüht, Reformer und Bewahrer zu einen“, resümmierte eine Zeitung am Ende seiner Amtszeit. Zollitsch bewährte sich als Krisenmanager, beispielsweise im Missbrauchsskandal, er forderte mehr Auseinandersetzung der Kirche mit den neuen gesellschaftlichen Realitäten und initiierte einen Dialogprozess zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland.

Die Landsmannschaft der Banater Schwaben wünscht Erzbischof Zollitsch, der seit 2016 auch Vorsitzender des St. Gerhards-Werks ist, zum 80. Geburtstag alles Gute, Gesundheit und Gottes reichen Segen. Damit verbindet sie auch den Dank für die Verbundenheit mit unserer Gemeinschaft.