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16. Volksgruppensymposium in Temeswar

Veranstalter und Ehrengäste des 16. VLÖ-Volksgruppensymposiums in Temeswar (von links): Gerhard Zeihsel, 1. VLÖ-Vizepräsident, Erwin Josef Tigla, Vorsitzender des Forums der Banater Berglanddeutschen, Parlamentsabgeordneter Ovidiu Gant, Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des Regionalforums Banat, Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des Landesforums, Dr. Hans Dama, Obmann der Banater Schwaben Österreichs, Norbert Kapeller, VLÖ-Generalsekretär. Foto: VLÖ

Unter dem Motto „Kann eine Minderheit gestaltende gesellschaftliche Kraft sein?“ fand vom 6. bis 9. Oktober in Temeswar das traditionelle Volksgruppensymposium des Verbandes der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) statt. Es war bereits  das 16. Symposium in Folge. Vertreten waren die deutschen Minderheitenorganisationen aus Rumänien, Ungarn, Kroatien, Serbien, der Ukraine sowie die Teilorganisationen des VLÖ in Österreich: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Karpatendeutsche Landsmannschaft, Landsmannschaft der Deutsch-Untersteirer, Bundesverband der Siebenbürger Sachsen, Verein der Banater Schwaben, Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft, Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, Gottscheer Landsmannschaft, Österreichischer Heimatbund Beskidenland.

Schon das 300-jährige Jubiläum der Befreiung Temeswars von der Osmanenherrschaft durch die Heere des Prinzen Eugen war mit ein Grund, die Banater Metropole als Austragungsort des diesjährigen Volksgruppensymposiums auszuwählen.

Eröffnet wurde die Tagung am 6. Oktober durch den 1. VLÖ-Vizepräsidenten LAbg. a.D. Gerhard Zeihsel und mit einem Grußwort des Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat (DFDB),
Dr. Johann Fernbach, im Festsaal des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses, wo der VLÖ gemeinsam mit dem DFDB zu einem Abendempfang eingeladen hatte. Daran nahmen zahlreiche Ehrengäste teil, unter ihnen der Botschafter Österreichs in Rumänien, Mag. Gerhard Reiweger, der Honorarkonsul Österreichs in Temeswar, Vasile Onofrei, der Gesandte des österreichischen Außenministeriums, Mag. Wolfang-Lukas Strohmayer, der Abgeordnete der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament, Ovidiu Ganţ, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Dr. Paul-Jürgen Porr.

Abschließend berichtete der 90-jährige Ignaz Bernhard Fischer, Vorsitzender des Vereins der ehemaligen Russlanddeportierten, in einer denkwürdigen Ansprache über die Verschleppung der Rumäniendeutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion, wonach eine kleine Gedenkfeier mit Kranzniederlegung am Denkmal für die Russlandverschleppten folgte.

Am 7. Oktober wurde die eigent-liche Tagung im Hotel „Timișoara“ mit der Begrüßung der Teilnehmer und der thematischen Einführung durch VLÖ-Generalsekretär Norbert Kapeller sowie Grußworten des Parlamentsabgeordneten Ovidiu Ganţ eröffnet. Anschließend ehrte der VLÖ hochrangige Volksgruppenvertreter und Funktionäre für deren nimmermüdes Engagement im Sinne der Belange der deutschen altösterreichischen Minderheiten. So wurde Dr. Paul-Jürgen Porr mit der Goldenen Ehrennadel des VLÖ ausgezeichnet, während Ovidiu Ganţ, Dr. Johann Fernbach, Erwin Josef Țigla (Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen) und Dr. Hans Dama (Obmann der Banater Schwaben Österreichs) mit der Silbernen Ehrennadel des VLÖ geehrt wurden.

Im Eingangsreferat stellte Dr. Hans Dama das Banat und die Banater Schwaben vor. Anschließend befasste sich Dr. Johann Fernbach in seinem Vortrag über „Die deutsche Volksgruppe in Temeswar“ mit der Entwicklung dieser Ethnie vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart, die – obwohl auf eine Kleinstgruppe geschrumpft – nach wie vor kulturell sehr aktiv ist. Über die Berglanddeutschen, der zweiten großen deutschen Gruppe des Banats, referierte Erwin Josef Țigla, der deren Bedeutung für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung der Region seit dem 18. Jahrhundert hervorhob. Am Nachmittag wurde die Vortragsserie fortgesetzt: Prof. Dr. Rudolf Gräf, Prorektor der Universität Klausenburg, sprach über das aufschlussreiche Jubiläumsereignis „Temeswar – 300 Jahre seit der Türkenbefreiung“.

Das anschließende Rahmenprogramm brachte die Tagungsteilnehmer nach Hatzfeld ins Stefan-Jäger-Museum und ins Nikolaus-Lenau-Museum nach Lenauheim. Die Führung durch die beiden Museen übernahm Dr. Annemarie Podlipny-Hehn. Der gemütliche Tagesausklang fand im Kulturhaus von Lenauheim statt, bei einem Abendessen mit Banater Spezialitäten und einem Folkloreprogramm, für deren Organisation Bürgermeister Ilie Suciu und sein Team sich besonders bemüht haben.

Am Samstag, dem 8. Oktober, präsentierte Prof. Dr. Paul-Jürgen Porr sein Impulsreferat „Kann eine Minderheit gestaltende gesellschaftliche Kraft sein?“ Im Anschluss sprach der Botschafter Österreichs in Bukarest, Mag. Gerhard Reiweger, zum Thema „Kultureller und interkultureller Dialog als Schwerpunkt der österreichischen Auslandskulturpolitik. Perspektiven für die Zusammenarbeit mit den deutschsprachigen Volksgruppen in Rumänien“. Beiträge verschiedener deutscher Volksgruppen, die Vorstellung der Resolution des 16. VLÖ-Volksgruppensymposiums „Deutsche Volksgruppen in Ostmittel- und Südosteuropa – Gemeinsame Verantwortung“ sowie Diskussionen rundeten das Vormittagsprogramm ab.

Am Nachmittag sprach Dr. Annemarie Podlipny-Hehn über die „Banatia“, die einstige größte deutsche Lehranstalt in Südosteuropa. Danach erfolgte die Verabschiedung der Resolution (siehe Kasten). Die deutsche Minderheit in Rumänien sei auch heute Vorbild für eine aktive Volksgruppenpolitik, die gesellschaftspolitisch relevante Gestaltungskraft besitze, heißt es unter anderem in der Präambel der Resolution. Der VLÖ wolle künftig vermehrt und besonders für die Belange und Sicherung der deutschen altösterreichischen Volksgruppen in Ostmittel- und Südosteuropa tätig sein, sehe aber auch eine historische Verantwortung der Republik Österreich gegenüber den deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie.

Anschließend folgten eine Stadtführung durch Temeswar mit Domkapellmeister Prof. Dr. Walter Kindl, Kranzniederlegungen am Denkmal der gefallenen Helden des Dezember 1989 und am Denkmal für die Bărăgăn-Verschleppten sowie die Besichtigung der Ausstellungen über die Russland- und Bărăgăn-Deportation im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus, woran allgemein großes Interesse bekundet wurde.

Auf der Rückreise nach Wien besichtigten die Teilnehmer Neubeschenowa, den Geburtsort des Landesobmanns des Vereins der Salzburger Donauschwaben, Matthias Wanko, und den Friedhof in Großsanktnikolaus, dem Geburtsort von Dr. Hans Dama. Die Führung übernahm Dietlinde Huhn, Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Großsanktnikolaus.

Um den in der Temeswarer Resolution formulierten Gedanken und Vorschlägen auch entsprechenden Nachdruck zu verleihen, beschloss der VLÖ, die Vertriebenensprecher der österreichischen Parlamentsparteien persönlich einzubeziehen und um Unterstützung seiner Vorhaben auf politischer Ebene zu werben. LAbg. a.D. Gerhard Zeihsel, 1. VLÖ-Vizepräsident, und VLÖ-Generalsekretär Norbert Kapeller übergaben die Resolution am 13. Oktober an die Nationalratsabgeordneten Franz Kirchgatterer (SPÖ), Mag. Michael Hammer (ÖVP), Anneliese Kitzmüller (FPÖ) und Dr. Nikolaus Scherak (NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum).   

Resolution
Die politischen Repräsentanten und die Regierung der Republik Österreich werden ersucht, die Belange der deutschen altösterreichischen Volksgruppen in den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie in historischer Verantwortung bestmöglich zu unterstützen, um zukünftige Chancen zu nützen.
Es ist gerade in einem Europa der Vielfalt und der Regionen wichtig, dass Volksgruppen kulturelle, politische und finanzielle Unterstützung finden, um als Minderheit existieren und zum Wohle ihrer Staaten wirken zu können.
Um diese Vielfalt in Ostmittel- und Südosteuropa zu bewahren und zu fördern, werden die Österreichische Bundesregierung und der Österreichische Nationalrat ersucht, die kulturelle und finanzielle Unterstützung der deutschen altösterreichischen Volksgruppen in einem Bundesgesetz zu beschließen.