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HOG-Tagung in Frankenthal: Sammeln, Aufbewahren, Aufarbeiten

Die Berichte der Vorsitzenden der Kreisverbände und Heimatortsgemeinschaften über die Arbeit vor Ort gehören bereits zu einer festen Einrichtung der jährlich stattfindenden Arbeitstagungen der Landsmannschaft. Den Anfang machte diesmal Hans Burger, der Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Saderlach. Der Schwerpunkt seiner Ausführungen lag auf der Archivierung des Ton- und Filmmaterials über die Geschichte der Gemeinde und über die Aktivitäten der Heimatortsgemeinschaft. Sammeln, Aufbewahren und Aufarbeiten wurden dabei als wichtigste Arbeitsschritte genannt. Das Resultat einer zwei Jahre währenden intensiven Arbeit wurde auf einer Doppel-DVD fest-gehalten. Ausgangspunkt für die Filmdokumentation über Saderlach war der in den 1930er Jahren gedrehte Film zum zweihundertjährigen Dorfjubiläum. Weitere Aufnahmen aus den vergangenen Jahrzehnten bis zur Gegenwart ergänzen das Bild dieser alemannischen Siedlung im Banat. Die Filmaufnahmen bergen einerseits einen großen volkskundlichen Schatz und ermöglichen gleich-zeitig den Vergleich einzelner sozialer Veränderungen aus ethnologischer Perspektive. Die Saderlach-DVD archiviert auch Höhepunkte der Vereinsarbeit in Deutschland, wie  Heimattreffen, die Gedenksteineinweihung in Görwihl und andere  Veranstaltungen der Heimatortsgemeinschaft Saderlach. Wenn auch aus technischen Gründen die Präsentation  der DVD nicht ganz geklappt hat, so konnten sich die  Tagungsteilnehmer dennoch  ein Bild über die geleistete Dokumentationsarbeit der HOG Saderlach machen und  auch so manche Anregung für die eigene Arbeit in diesem Bereich mit nach Hause nehmen.

Intergrationshilfe

Von ihrem Vorsitzenden Wilhelm Kuhn wurde die Heimatortsgemeinschaft Deutschbentschek vorgestellt. Begleitet von Bildprojektionen erläuterte dieser die Siedlungsgeschichte seines Dorfes in der Banater Hecke, dessen Gründung auf das Jahr 1807 zurückgeht. Die Angaben des Referenten zur wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde und die Daten zur Bevölkerungszusammensetzung in den verschiedenen Zeitabschnitten – beginnend mit dem vorigen Jahrhundert bis zur Gegenwart – verdeutlichten den Werdegang dieses einstmals nur mit deutschen Siedlern bewohnten Ortes.  Wie in vielen anderen Orten des Banats, setzt nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Bentschek ein allmählicher Niedergang ein, der sich in den 1970er Jahren durch Abwanderung der deutschen Einwohner in die Städte und ihre Auswanderung nach Deutschland verstärkt. Der Massenexodus nach der politischen Wende in Rumänien brachte auch für das „deutsche” Bentschek das Ende.    

Die Heimatortsgemeinschaft Deutschbentschek kann auf eine umfangreiche Tätigkeit zurückblicken. Neben der Betreuung der in Deutschland lebenden Landsleute und der geleisteten Integrationshilfe hat die HOG immer wieder größere Vorhaben in Angriff genommen. Bei der Ausgestaltung der freundschaftlichen Beziehungen zur Hotzenwaldgemeinde Herrischried spielte sie eine Vorreiterrolle. Ein für die Ödlandkapelle gestiftetes Gedenkkreuz und eine in der Kirche von Herrischried aufgestellte Marienstatue sind Symbole der Verbundenheit der Deutschbentscheker mit dieser Gegend Deutschlands. Nicht unerwähnt bleiben sollen die Veröffentlichungen der Heimatortsgemeinschaft (Heimatbuch, Heimatbriefe), die für die Dokumentation der Ortsgeschichte und für den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft eine wichtige Rolle spielen. Die HOG hat auch die Verbindung zur alten Heimat nicht abreißen lassen. Anlässlich der Zweihundert-jahrfeier von Deutschbentschek   wurde 2007 die Dorfkirche renoviert und eine Feier im Banat veranstaltet. Wie der HOG-Vorsitzende versicherte, ist der Erhalt und die Pflege des Friedhofs auch für die Zukunft eine Aufgabe, der sich die HOG stellen wird. 

Über die Vereinsarbeit der Banater Schwaben in Ingolstadt berichtete Hans Metzger, der dem Kreisverband seit 1983 vorsteht. Ein erster Zusammenschluss der Landsleute zur „Vereinigung der Banater Schwaben in Ingolstadt” fand bereits 1973 statt. Dieser eingetragene Verein verstand sich jedoch immer als Gliederung der Landsmannschaft, quasi als Kreisverband. Begleitet von Lichtbildern erinnerte Hans Metzger an besondere Ereignisse der zurückliegenden Jahrzehnte, so an die Banater Kulturtage, die 1987 in Ingolstadt stattfanden. Im Rahmen dieser Festlichkeiten wurde die Patenschaft der Stadt Ingolstadt über die Banater Schwaben in Bayern besiegelt. Zum zwanzigjährigen Jubiläum der Patenschaft wurden in Ingolstadt wieder Banater Kulturtage abgehalten. Der Ingolstädter Verein zählt gegenwärtig 550 Mitglieder (Familien). Die Aktivitäten der Kindergruppe, des Chores, der Vereinigung der Senioren und anderer vom Kreisverband organisierten Veranstaltungen fügen sich zu einem attraktiven Programm für Jung und Alt zusammen. Auch die bereits zur Tradition gewordenen Jahresausflüge erfreuen sich großer Beliebtheit. Seit der Errichtung des Banater Seniorenzentrums „Josef Nischbach” in Ingolstadt hat sich auch eine gute Zusammenarbeit mit dieser Einrichtung ergeben. Veranstaltungen mit und für die Heimbewohner gehören zum ständigen Angebot des Kreisverbandes.

Generationswechsel

Mit großer Aufmerksamkeit verfolgten die Tagungsteilnehmer die Ausführungen des Vorsitzenden der HOG Schöndorf, zumal bekannt ist, dass kürzlich in der Leitung dieser Heimatortsgemeinschaft ein Generationswechsel stattgefunden hat. 2011 wurde Anita Maurer zur neuen Vorsitzenden gewählt und löste somit Barbara Hirth ab, die über zwei Jahrzehnte verdienstvoll an der Spitze der HOG gestanden hat. Auch der gesamte Vorstand wurde einer Verjüngungskur unterzogen, so dass das Durchschnittsalter von siebzig auf fünfzig herabgesetzt werden konnte. Für die Vorstandsmitglieder, so Anita Maurer, bedeutet die Vereinsarbeit eine große Herausforderung, der sich zu stellen alle bereit sind. Der neue Vorstand legt Wert darauf, dass die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt wird und jedem Mitglied eine bestimmte Zuständigkeit zugeteilt wird. Zu den wichtigsten Zielen, die der Vorstand in der nächsten Zeit anpeilt, gehören: Pflege des Brauchtums, Erhalt der Erinnerung an die alte Heimat, Anlegen eines Tonarchivs, Aktualisierung der Heimatortskartei, Maßnahmen zum Erhalt der Kirche und des Friedhofs in Schöndorf. Auch will man sich verstärkt gegen den Abwärtstrend der Mitgliederzahlen im Verein wenden, die Jugend-arbeit fördern und sich der Herausgabe der HOG-Jahreshefte widmen.

Aktuelle Vorhaben

Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Peter-Dietmar Leber, informierte die Tagungsteilnehmer über wichtige Vorhaben der Landsmannschaft und erläuterte aktuelle Projekte. Dabei plädierte er für ein verstärktes soziales Engagement der Landsleute. Sich in die verschiedensten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens einzubringen, so der Bundesvorsitzende, setze eine gefestigte Identität voraus, die die Herkunft als Banater Schwaben mit einschließt. Der Bundesvorsitzende richtete an alle Anwesenden den Aufruf, alles zu unternehmen, damit auch der diesjährige Heimattag an Pfingsten wieder ein beeindruckendes Begegnungsfest der Landsleute werde. Er umriss kurz den Programmablauf des Heimattages, der auch diesmal im Zeichen einer intensivierten Jugendarbeit steht. Der Bundesvorsitzende informierte auch über die Veranstaltungen, die anlässlich des Jubiläums „Aufbruch entlang der Donau” geplant sind, und übermittelte die Ein-ladung der Stadt Ulm an die Landsleute, sich an einer Jubi-läumsfahrt mit den Ulmer Schachteln zu beteiligen. Auch zur Deutschen Wallfahrt nach Maria Radna im August wurde eingeladen. Die Landsmannschaft wird sich an der Gestaltung der Wallfahrt aktiv beteiligen. Anlässlich dieser Reise ins Banat wird auch eine gemeinsame Tagung von HOG-Vorsitzenden, die im Banat besonders aktiv sind, und Vertretern der örtlichen Verwaltung stattfinden. Eine Exkursion zu Kulturdenkmälern und Sehenswürdigkeiten des Banats steht ebenfalls auf dem Programm. Die Teilnehmer an der Banat-Reise werden zudem Gelegenheit haben, am Kirchweihfest in Sanktanna dabeizusein. Das Bundestreffen der Banater Chöre im Oktober und ein großes Blasmusikkonzert in Ulmer Kornhaus im November anlässlich des Stadtjubiläums ergänzen den Terminkalender der Landsmannschaft.

Seitens des Bundesvorstandes der Landsmannschaft nahm der stellvertretende Bundesvorsitzende Georg Ledig Stellung zu aktuellen Fragen der Vereinsführung. Dabei wurden den Tagungsteil-nehmern Hinweise gegeben bezüglich der Zusammensetzung der Kreis- und HOG-Vorstände und der zu  unternehmenden Schritte für die Erlangung der Gemeinnützigkeit der Vereine beim zu-ständigen Finanzamt. Speziell zum Ablauf der Wahlen in den Untergliederungen der Landsmannschaft nahm der stellvertretende Bundesvorsitzende Hans Metzger Stellung. Er plädierte für eine korrekte Durchführung aller Schritte, beginnend mit den Vorbereitungen, die form- und fristgerecht sein müssen, bis hin zum eigentlichen Wahlvorgang, dessen genaue Protokollierung unerlässlich ist.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende Richard S. Jäger gab praktische Hinweise bezüglich des Rechnungswesens der Vereine  und erläuterte Fragen im Zusammenhang mit Steuerprivilegien und Steuerpflichten. Weitere Empfehlungen bezogen sich auf die korrekte Kassenführung im Verein. Auf Fragen im Zusammenhang mit der  Verleihung von landsmannschaftlichen Auszeichnungen ging der stellvertretende Bundesvorsitzende Jürgen Griebel ein. Dabei wurde auf die Erfüllung der Voraussetzungen hingewiesen, die für eine Ehrung gegeben sein müssen. Auch erläuterte er die einzelnen Möglichkeiten der Ehrung und die entsprechenden Auszeichnungen: Prinz-Eugen-Nadel, Adam-Müller-Guttenbrunn-Medaille, Verdienstmedaille in Gold oder Silber, Ehrenbriefe, Ehrenurkunden, Treue-urkunden mit Treuenadel in Gold, Treueurkunden der Landsmannschaft in Silber. Anträge für Ehrungen können von den einzelnen Untergliederungen der Landsmannschaft gestellt werden. Ein bei der Tagung vorgestelltes Antragsformular soll eine weitere Orientierungshilfe bieten.

Jugendarbeit

In seinem Bericht über die Aktivitäten der Deutschen Banater Jugend und Tanzgruppen (DBJT)  bestä-tigte der Leiter des Verbandes, Harald Schlapansky, die große Begeisterung, mit der man in den einzelnen Jugendgruppen bei der Sache ist. Das Interesse der Jugendlichen für das Erforschen der eigenen Wurzeln ist groß und fördert die Bereitschaft, sich in die Vereinsarbeit einzubringen. Den  jugendlichen Enthusiasmus wer-tete der DBJT-Vorsitzende als  wichtige Triebkraft für die gesamte Verbandsarbeit. Dieses Kräftereservoir zu nutzen, sei für die  Landsmannschaft unerlässlich. Schlapansky plädierte auch für ein verstärktes Einbinden der mittleren Jahrgänge, die noch zur Erlebnisgeneration zählen, in die Verbandsarbeit. Auf diese Weise könne die allmähliche Übergabe der Stafette an die ganz Jungen, an die bereits in Deutschland geborenen Nachkommen der Banater Schwaben, erfolgreich sein. Die Ausführungen des Jugendvertreters waren begleitet von Lichtbildprojektionen, die einen Einblick in die vielfältigen Aktivitäten der Jugend- und Trachtengruppen boten.

Das Abendprogramm der Tagung wurde diesmal vom Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik gestaltet. Mit einem informativen und spannend vorgetragenen Referat gelang es Mathias Loris, ein besonderes Kapitel der Banater Musikgeschichte darzustellen, die Entwicklung der Blasmusik am Beispiel seiner Heimatgemeinde Jahrmarkt. Loris, Jahrgang 1951, stammt aus einer Blasmusiker-dynastie, die seit mehr als hundert Jahren künstlerisch tätig ist. Er studierte Trompete und arbeitete in der Jugendausbildung, spielte in verschiedenen namhaften Orches-tern Trompete und Flügelhorn und leitet in seinem  Wohnort Osthofen den dortigen Kirchenmusikverein. Die Anfänge der banatschwäbischen Musiktradition geht auf die Zeit unmittelbar nach der Ankunft der ersten deutschen Siedler im Banat zurück. Bereits 1721 ist die Gründung eines Domchores in Temeswar belegt. Die im 18. Jahrhundert von österreichischen Grenzregimentern gepflegte Militärmusik  bildete das Fundament für die Blasmusik, die Anfang des 19. Jahrhundert in den Banater Dörfern Einzug hielt und letztendlich ein Grundpfeiler der lokalen Tradition wurde. Eine Vorreiterrolle spielte die Gemeinde Jahrmarkt, wo es bereits 1834 eine Kapelle des örtlichen Schützenvereins mit 22 Musikern gab. Die Ausbildung der Musiker erfolgte in jener Zeit im Rahmen militärischer Einrichtungen und in den Dörfern haupt-sächlich durch engagierte Lehrer, Kantoren und Kapellmeister. Loris gelang es unter Zuhilfenahme von Zeitdokumenten und Musikaufnahmen, ein umfassendes Bild der Jahrmarkter Blasmusiktradition zu zeichnen wie auch die Gesamtentwicklung dieser Musikgattung im Banat zu vermitteln.