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Lob für die deutsche Minderheit

Rumänischer Außenminister in Berlin: Verbesserte Restitutionsbestimmungen in Arbeit. Wenn ausländische Politiker zu Gesprächen nach Berlin kommen, erfährt die Öffentlichkeit darüber wenig. Was nach außen dringt, bestimmen die Politiker mit ihren sogenannten „Pressestatements“ sowie ihre Pressesprecher und ihre Presseabteilungen. Oft genug läuft das darauf hinaus, mit vielen Worten möglichst wenig zu sagen. Denn nur so lässt sich verschleiern, dass die Gespräche inhaltsleer waren oder das sie kein Ergebnis brachten oder dass gestritten wurde, wovon die Öffentlichkeit aber nichts erfahren soll.

Insofern ist es eine gute Idee, wenn wichtige Organisationen, Institutionen oder Verbände die Anwesenheit ausländischer Politiker in Berlin nutzen, um sie zu eigenen Veranstaltungen einzuladen. Erstens kann man bei solchen Veranstaltungen das lästige Protokoll ignorieren. Zweitens bieten sie der Öffentlichkeit – also jedermann – die Möglichkeit zu einer Begegnung mit einem Staatspräsidenten, einem Regierungschef oder einem Außen-minister. Wo wird man als Normalbürger schon mal zu so hoch-gestellten Politikern vorgelassen? Wo hat man die Möglichkeit, ihnen persönlich Fragen zu stellen; Fragen, die – würde man sie schriftlich formulieren – wahrscheinlich nie beim Adressaten ankämen, weil sie bereits im Vorzimmer des Vorzimmers ab-gefangen werden. Es ist also begrüßenswert, wenn die interessierte Öffentlichkeit zu solchen Veranstaltungen eingeladen wird. Leider gibt es ein „Aber“. Ich habe an vielen solchen Veranstaltungen teilgenommen und muss sagen: Der Erkenntniswert war meist gering.

Das war auch am 16. April nicht anders. Nach seinem Gespräch mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) in Berlin war der rumänische Außenminister Cristian Diaconescu so freundlich, zu einer Veranstaltung zu kommen, zu der die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, die Europäische Akademie Berlin und die Botschaft von Rumänien in Deutschland eingeladen hatten. Den Anlass bot ein rundes Jubiläum. Vor genau zwanzig Jahren, am 21. April 1992, hatten Deutschland und Rumänien den Vertrag über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft unterzeichnet. Der rumänische Außenminister erinnerte daran, dass diesem Vertrag, der viel Positives bewirkt habe, ein anderes wichtiges Ereignis vorausging: die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Rumänien und der Bundesrepublik im Jahre 1967. Rumänien war damals, vor 55 Jahren, mitten im Kalten Krieg, das erste kommunistische Land, das diesen Schritt wagte. Die deutsche Minderheit wurde von Cristian Diaconescu in den höchsten Tönen gelobt. Sie sei ein Aktivposten Rumäniens. Bis heute sei sie eine Brücke zwischen beiden Ländern geblieben. Die Deutschen hätten wesentlich zur Kultur, Bildung und Wirtschaft Rumäniens beigetragen. Das alles ist nicht neu. Viele andere rumänische Politiker haben das auch schon gesagt. Dennoch freut es uns – die Angehörigen der deutschen Minderheit – es nochmals und nochmals und nochmals zu hören. Auch was der rumänische Außenminister über das Restitutionsproblem sagte, in dem es seit dem Ende des Kommunismus’ – also seit mehr als zwanzig Jahren – nicht vorangeht, ist nicht neu, sollte aber bei den Zuhörern Hoffnung auf Besserung machen. Rumänien habe dem Problem nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, räumte Diaconescu ein. Andere ehemals kommunistische Länder seien auf diesem Gebiet weiter, sie hätten die Rückgabe enteigneten Besitzes bereits in den neunziger Jahren ab-geschlossen. „Wir haben wenig Geld“, sagte der Außenminister, der in einer früheren Regierung auch schon mal Justizminister war. Ihm sei klar, dass Geldmangel kein Argument sein könne, „Leute leiden zu lassen“. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg habe Rumänien auferlegt, bis zum 30. Juni eine akzeptable und tragfähige Restitutions-regelung zu schaffen. Daran werde jetzt ernsthaft gearbeitet, sagte Diaconescu.

Die Veranstaltung mit dem rumänischen Außenminister fand von der ersten bis zur letzten Sekunde in englischer Sprache statt. Auch das ist nicht neu; bei Politikern aus anderen Ländern wird leider auch immer häufiger so verfahren. Ob das wirklich sinnvoll ist, bezweifle ich. Wenn das Publikum zu fast zu hundert Prozent deutschsprachig ist – und davon sollte man bei einer Veranstaltung in Berlin ausgehen –fragt man sich schon: Warum sollen wir hier alle Englisch sprechen? Mag sein, dass das Deutsch des ausländischen Gastes nicht so gut ist, dass er seine Ansprache und die Frage- und Antwortrunde in deutscher Sprache bestreiten kann. Aber warum lassen ihn die Gastgeber dann nicht seine Muttersprache benutzen? Es gibt für alle Sprachen hervorragende Dolmetscher. Meine Erfahrung ist: Egal wie gut man das Englische auch beherrschen mag, man beherrscht es nie so gut wie seine Muttersprache. In seiner Muttersprache sagt ein Politiker – aber auch jeder andere Interview- oder Gesprächspartner – Dinge, die er im Englischen vielleicht nur deswegen nicht sagt, weil ihm das passende englische Wort fehlt oder weil er gerade in diesem Sonderfall ein syntaktisches Problem hat.