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»Das Signal kommt!«

Gestaltung: Söflinger Krippenverein. Foto: Joseph Ed. Krämer

Egmont Franz Topits, Visitator der Donauschwaben

Betrachtung zur Adventszeit vom Geistlichen Rat Egmont Franz Topits, Visitator der Donauschwaben. Jedesmal, wenn ich zur Kirche gehe, muss ich eine vielbefahrene Kreuzung mit Ampel überqueren. Ich drücke auf die Taste des gelben Kastens. Er leuchtet rot auf, und in ihm werden die Worte sichtbar: „Signal kommt!“ Gemeint ist natürlich das grüne Signal der Ampel für die Fußgänger. Manchmal muss man ganz schön lange warten, bis die Ampel tatsächlich umschaltet. Dann schaue ich mehrmals auf die Worte und versichere mich: Signal kommt, und ich weiß, dass ich mich nicht getäuscht habe. Ich habe die Umschalttaste gedrückt, und das Grün muss wohl bald kommen. Doch was hat das mit dem Advent zu tun? Der Advent ist eine Zeit des Wartens. Der Advent, der heuer auch mit seiner vierten Woche ganz drankommt, führt uns die letzte Wartezeit vor Augen. Die Verheißungen Gottes sind schon an die entscheidende Wegkreuzung gelangt. Gott hat bereits die Taste für die Ankunft des Erlösers gedrückt: seines Sohnes in diese Welt. Das Signal leuchtet auf: Die Jungfrau Maria hat bereits vom Heiligen Geist empfangen und wird einen Sohn gebären, aber Josef weiß noch nichts von dem göttlichen Geheimnis und hat seine Zweifel. So gleicht er uns. Im 2011 erschienenen „Katholischen Gesangbuch der Donauschwaben“ heißt es im Lied Nr. 132 aus Lovrin 1790: „Man sieht den Jesseszweig schon blühen, Maria bringt die Frucht hervor. Drum soll mein Herz von Liebe glühen.“ Jesse war der Vater König Davids und somit der Urahn Jesu.

In der zweiten Adventspräfation heißt es: „Von ihm redet die Botschaft aller Propheten, die jungfräuliche Mutter trug ihn voll Liebe in ihrem Schoß, seine Ankunft verkündete Johannes der Täufer und zeigte auf ihn, der unerkannt mitten unter den Menschen war.“ Beim Propheten Jesaja lesen wir von der Verheißung an König Achas von Juda. Dieser befand sich in einer schwierigen Situation. Die Könige von Syrien und Israel bieten ihm einen Bund an im Kampf gegen den übermächtigen König Sancherib von Assur, mit dem Achas insgeheim bereits Friedens- und Bündnisverhandlungen aufgenommen hatte. Gott gibt dem an der Macht Gottes zweifelnden König ein Zeichen: die junge Königin, seine Frau oder seine Tochter, wird einen Sohn empfangen, der den Namen trägt: Immanuel („Gott mit uns“). Die Christen sehen in der Verheißung des Immanuels die Geburt Jesu vorausgesagt, der vom Engel ebenfalls als der „Gott mit uns bezeichnet wird.“ Wie ist das damals ausgegangen? Der König von Assur wird 732 Damaskus und zehn Jahre später das Nordreich Israel, aber auch Juda bis auf Jerusalem besetzen. Ein Kind wird zum Träger der Verheißung. Auch wir befinden uns oftmals in schwierigen Situationen. Auch wir möchten dann mit den Worten des Liedes bitten: „Emanuel, du starker Held, du Sehnsucht, Trost und Heil der Welt, komm rette uns aus aller Not, erlöse uns von Sünd und Tod.“ (133,8 Baumgarten 1970)

In der dritten Adventspräfation heißt es: „Seine Wahrheit leuchtet den Suchenden, seine Kraft stärkt die Schwachen, seine Heiligkeit bringt den Sündern Vergebung.“ Der Engel im Matthäus-Evangelium deutet Josef im Traum den Namen „Jesus“ als den, der sein Volk von seinen Sünden erlöst. Auch Josef zweifelt zunächst an der rätselhaften Schwangerschaft seiner Braut und somit an der Treue seiner Verlobten. Kam es denn zu keiner Aussprache zwischen den beiden? Das Evangelium schweigt sich darüber aus. Ein Mosaikbild aus Konstantinopel um das Jahr 1320 herum zeigt, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Maria gekommen sei. Er will Maria die Schande einer öffentlichen Anklage beziehungsweise Steinigung ersparen und zieht sich zurück, „weil er gerecht war“ – heißt es. Das heißt: er möchte wie Gott den Sündern Zeit und Gelegenheit geben, sich zu bessern. Das Lied „Tauet Himmel den Gerechten“ in der Mercydorfer Version ermutigt auch uns: „O, dann fort mit allen Taten, die die Nacht zur Mutter hatten, künftig ziehe jedermann nur des Lichtes Waffen an.“ (130,3 um 1800!)

In einer weiteren Adventspräfation wird das Signal noch deutlicher gedrückt: „Schon leuchtet auf der Tag der Erlösung und nahe ist die Zeit unsres Heiles, da der Retter kommt, unser Herr Jesus Christus.“ Der Retter kommt, unser Herr Jesus Christus. Bald schon werden wir singen: „Christ, der Retter ist da!“ Auch in unserer Zeit erleben Menschen Christus als ihren Retter. Um mehr über Gott und den christlichen Glauben zu erfahren, hat sich eine junge Lehrerin aus dem Osten drei Monate unbezahlten Urlaub genommen. So konnte sie an einem Glaubenskurs im Bildungshaus Pehritzsch bei Leipzig teilnehmen. Sie lebt derzeit als bewusste Christin und reicht sein Licht weiter an viele Menschen. Etwas von diesem Eifer und der Schönheit des Glaubens schwingt in dem Lied mit „O helle Morgenröt, die so schön aufgeht, hell leucht’ der ganzen Welt von Gott bestellt … Du ewig auserkorn, hast du ihn geborn, des Name Jesus heißt, den alles preist“. (137,1,2 Sanktiwan 1997)

Auch wir sind schon an der Kreuzung unseres Lebens angelangt und sehen bereits das Ziel auf der anderen Seite der Straße, aber wir sind noch nicht drüben. Das Signal, dass Gott mit uns ist, ist bereits bei unserer Taufe gedrückt worden. Das mag uns Mut und Trost in den vielfältigen Ängsten und Zweifeln unseres Lebens geben. Wie kann der große Gott Mensch werden und in den Schoß einer irdischen Mutter einkehren? Kann ich darüber staunen, auch wenn ich es nicht verstehe? „Er, der Herr der Herrlichkeit, kommt ins Land der Sterblichkeit“ (131,2 Elek 1882) und er klopft bei uns an. „Einst, Seele, wenn du hier kein Haus mehr hast, dann klopfest du bei mir. Wer hier getan nach meinem Worte, dem öffne ich dort die Lebenspforte.“ (143, Traunau 1970) Das Signal kommt, und die Ampel schaltet ganz sicher um. Bis dahin gilt: „Signal kommt!“