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Weltoffen und traditionsbewusst

Beim Empfang des OB Gönner in Ulm

Die Auswanderergruppe fuhr die Donau abwärts

Beim Festgottesdienst

Während der politischen Kundgebung am Nachmittag

Pfingsten 2010: Heimattag der Banater Schwaben - 60 Jahre Landsmannschaft

Volkstrachten, Blasmusik, viele gut gelaunte Gäste und ein strahlendes Frühlingswetter prägten das Bild des diesjährigen Heimattages der Banater Schwaben. Weit über 6000 Gäste folgten der Einladung zum großen Begegnungsfest in die Donaustadt Ulm. Die Höhepunkte waren auch diesmal der Auftritt der Jugend- und Trachtengruppen in der Ulmer Fußgängerzone, die Gedenkfeier am Auswandererdenkmal, der feierliche Pfingstgottesdienst, das künstlerische Programm der Jugendgruppen und die Hauptkundgebung in der Donauhalle mit Festreden der Ehrengäste.

Festtagsstimmung verbreiteten die Trachtengruppen aus Würzburg, Karlsruhe und Temeswar am Samstag Vormittag (22. Mai) in der Fussgängerzone. Blasmusik erschallte durch die engen Gassen, wie einst an der schwäbischen „Kerweih“, und die Tanzfläche war umringt von zahllosen Zuschauern. Für ihre schönen Trachten und ihre Tänze ernteten die Jugendlichen viel Beifall. Solchen gab es auch beim traditionellen Trachtenumzug zum Rathaus, wohin Oberbürgermeister Ivo Gönner zum Empfang eingeladen hatte. Hier begrüßte er die Gäste von nah und fern und besonders die große Abordnung der Banater Schwaben aus Temeswar. Der Oberbürgermeister gab seiner Freude Ausdruck, dass die Banater Schwaben immer wieder in Scharen nach Ulm kommen, um hier zu feiern. Auch kündigte er an, dass das nächste Treffen im Jahre 2012 ein Jubiläum darstellt, denn dann werden es genau 300 Jahre seit dem Beginn der „Schwabenzüge“ nach Südosteuropa sein. Grußworte sprachen auch der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben Bernhard Krastl und Dr. Karl Singer, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Banater Deutschen.

Vom Rathaus ging es dann zum Donauufer, wo am Auswandererdenkmal eine Kranzniederlegung stattfand. Die Festrede hielt Dr. Swantje Volkmann vom Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm. Im Anschluss daran gab es eine Premiere: Eine Trachtengruppe der Heimatortsgemeinschaft Neupanat unter der Leitung von Richard S. Jäger führte in historischen Kostümen des 18. Jahrhunderts eine Auswanderungsszene vor. Mit Kind und Kegel, Priester und mit viel Hoffnung im Herzen bestiegen die „Auswanderer“ ein am Donauufer wartendes Ordinarischiff, um eine symbolische Reise in den Osten anzutreten. (Ein ausführlicher Bericht über diese Aktion wie auch über die Feier am Denkmal folgt in der nächsten Ausgabe der Banater Post).

Herzliche Willkommensgrüße richtete der Bundesvorsitzende Bernhard Krastl an Dr. Christoph Bergner MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, an Dr. Monika Stolz, Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren Baden-Württemberg, Ivo Gönner, OB von Ulm , an die Delegation aus Rumänien unter der Leitung von Vasile Blaga, Minister für Innere Angelegenheiten, an die Abordnung der Landsleute aus dem Banat, an weitere Vertreter der Politik und gesellschaftlicher Verbände sowie an die Landsleute aus Deutschland, den Nachbarländern und aus Übersee.

Sichtlich beeindruckt von der Atmosphäre des Heimattages brachte der rumänische Innenminister Vasile Blaga seine Anerkennung zum Ausdruck für das Bemühen der Banater Schwaben, ihre Gemeinschaft aufrecht zu erhalten und Kulturwerte über Generationen hinweg zu bewahren. Er bescheinigte ihnen zugleich ein hohes Maß an "interkultureller Kompetenz und ethnischer Toleranz", was sie zu ausgezeichneten Mittlern zwischen den Ländern und Kulturen werden lässt. Das mache die Banater Schwaben zu "authentischen Europäern und zu einem Musterbeispiel für alle, die die grundlegenden Werte kennen möchten, die aus dem modernen Europa einen Raum der Toleranz, des Wohlstandes und des Friedens machen".

Der Exodus der Banater Schwaben und anderer Rumäniendeutschen habe, so Minister Blaga, "eine empfindliche Leere" in Rumänien hinterlassen. Und weiter der Gast aus Bukarest: "Wir wissen, dass wir die Zeit nicht zurückdrehen können, um das während der Diktatur begangene Unrecht wiedergutzumachen. Wir wissen aber auch, dass unter der neuen Konstellation gute Voraussetzungen bestehen, damit Sie erneut kulturelle, soziale, wirtschaftliche oder politische Beziehungen in Rumänien knüpfen können".

Auch äußerte Minister Blaga sein Bedauern, dass es bei der Beseitigung des Unrechts aus der Zeit der kommunistischen Herrschaft  noch viele Schwierigkeiten gebe. Besonders hinsichtlich der Art und Weise wie die Restituitionsgesetze in Rumänien zur Anwendung kommen, gebe es viel Unzufriedenheit. Der Minister sprach sich diesbezüglich für einen Ausbau der Kontakte seiner Regierung zu den Landsmannschaften aus und für einen offenen Dialog über Grenzen hinweg.

Dr. Monika Stolz, Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren in Baden-Württemberg überbrachte die Grüße und Glückwünsche des Ministerpräsidenten Stefan Mappus und sprach ihre Hochachtung aus für die Leistungen der Landsmannschaft in den zurückliegenden sechs Jahrzehnten ihres Bestehens. Dabei unterstrich sie die Rolle des Verbandes bei der Integration der Landsleute in der neuen Heimat, wie auch die Bemühungen um die Wahrung des kulturellen Erbes und der Traditionen. Die Tasache, dass bei den Veranstaltungen des Heimattages und auch bei anderen Gelegenheiten so viele Jugendliche mitmachen, stimme optimistisch, was die Zukunft des Verbandes betrifft. Es sei beeindruckend, so die Ministerin, wie die Banater Schwaben es schaffen, „mit der geleisteten Erinnerungs- und Traditionsarbeit der jungen Generation den Wert der Heimat, des Friedens und der Freiheit zu vermitteln“. Und weiter die Ministerin: „Nur wer sich selbst in der Welt verorten kann, dem ist es möglich, friedlich auch mit anderen zusammenleben. Heimattage dienen auch dazu, sich auf das freundschaftliche Miteinander zu besinnen, aus unseren Wurzeln Kraft zu schöpfen“.

Die Rednerin würdigte sodann die Rolle der Banater Schwaben als Brückenbauer zwischen den Völkern und als Verteidiger des europäischen Gedankens. Deren Beitrag zur Versöhnung in Europa und so zur Sicherung des Friedens wie auch ihre gelungende Integration in die deutsche Gesellschaft seien beispielhaft.

Anlässlich des 60jährigen Gründungsjubiläums der Landsmannschaft der Banater Schwaben überbrachte der Parlamentarische Staatssekretär Christoph Bergner die Glückwünsche der Bundesregierung. Die Anwesenheit des rumänischen Innenministers am Heimattag würdigte der Redner als Zeichen der Verbundenheit mit den aus Rumänien ausgewanderten Landsleuten und zugleich auch als Zeichen der Verbundenheit zwischen Deutschland und Rumänien. Staatsekretär Bergner hob das Verständnis für die Anliegen der Aussiedler wie auch die Gesprächsbereitschaft der rumänischen Seite in Fragen der Restitution von enteignetem Vermögen hervor und sprach den Gästen aus Bukarest dafür seinen ausdrücklichen Dank aus.

Ausgehend vom Jubiläum der Landsmannschaft zog Christoph Bergner auch eine positive Bilanz hinsichtlich der vom Verband geleisteten Arbeit: „Sie waren - getreu der in ihrer Satzung formulierten Ziele - die Interessenvertretung der Banater Schwaben, Bewahrer der heimatlichen Kultur und Tradition und Förderer der Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Schließlich hat Ihr Verband Hilfe für die Deutschen im Banat, die Angehörigen der deutschen Minderheit in Rumänien geleistet“. Der Redner dankte sodann im Namen der Bundesrepublik für die von den Aktiven des Verbandes im Laufe der Jahrzehnte geleistete ehrenamtliche Tätigkeit.

Ausgehend vom Motto des diesjährigen Heimattages, richtete Staatssekretär Bergner den Appell an die Banater Schwaben, auch künftig „die Tradition als kulturellen Schatz von Erfahrungen“ nicht aufzugeben und diesen im weltoffener Weise weiterzugeben an künftige Generationen.

Das Bekenntnis des Vorredners Blaga zur Multikulturalität und zur kulturellen Vielfalt in Rumänien bewog Christoph Bergner, daran zu erinnern, dass Volksgruppenrechte zugleich auch Menschenrechte seien und dass diese in einem vereinten Europa einen hohen Stellenwert haben müssen.

Abschließend richtete der Festredner an die Landsmannschaft die Aufforderung, auch weiterhin auf ihrem eingeschlagenen Weg weiterzugehen und für die Integration der Banater Schwaben hier in Deutschland, für die Verbindung zu den Landsleuten über Grenzen hinweg und für die Wahrung und Förderung der kulturellen Werte einzutreten. Unterstützung seitens der Bundesregierung werde es auch künftig geben, besonders beim Ausbau der Verbindungen zu den Herkunftsgebieten, denn die besondere Verbundenheit mit den Deutschen in Osteuropa müsse als Vermächtnis der deutschen Geschichte gesehen werden. Diese Zusage verband der Redner mit der Erwartung, dass die Banater Schwaben auch weiterhin ihren eigenständigen Beitrag zum Bau kultureller und zivilgesellschaftlicher Brücken leisten werden.

Anschließend überreichte der Bundesvorsitzende Bernhard Krastl auf Beschluss des Bundesvorstandes an Christoph Bergner die Adam-Müller-Guttenbrunn-Plakette für dessen Verdienste um die Volksgruppe der Banater Schwaben in Deutschland und im Banat.

Oberbürgermeister Ivo Gönner richtete in seinem Grußwort den Blick auf die in zurückliegenden Jahrzehnten geleistete Aufbauarbeit der Vertriebenen und würdigte in besonderer Weise den Beitrag der Banater Schwaben bei der Schaffung eines Klimas der Verständigung und der Versöhnung. Gleichzeitig hätten diese dafür gesorgt, dass in den Zeiten des Umbruchs ihre kulturellen Werte erhalten bleiben. Der Oberbürgermeister brachte seine Genugtuung zum Ausdruck, dass die Bemühungen der Stadt Ulm, mit immer wieder neuen Impulsen auf politischem, kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet der völkerverbindenden Rolle der Donau gerecht zu werden, auch bei den Banater Schwaben große Unterstützung findet.

Die Anwesenheit einer großen Delegation aus Rumänien beim Heimattag der Banater Schwaben wertete Oberbürgermeister Gönner als gutes Vorzeichen für die weitere Entwicklung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Donauanrainern.

Als eine der wichtigsten Botschaften des Heimattages nannte der Bundesvorsitzende Bernhard Krastl die Bekundung des Gemeinschaftssinns der Banater Schwaben. Die Erlebnisse und Erfahrungen aus der Zeit der Aussiedlung und der Eingliederung in Deutschland seien Ausgangspunkt für den Blick auf die Zukunft und eine verbindende Klammer zwischen den Menschen aller Altersstufen. Mit Stolz wies der Bundesvorsitzende auf die Aktivitäten des Jugendverbandes der Landsmannschaft (Deutsche Banater Jugend und Trachtengruppen) hin, die gegenwärtig einen Höchststand erreicht haben. Die Begegnung der Landsleute und die Veranstaltungen des Heimattages ermöglichen es, „unsere Geschichte und Kultur noch besser zu verstehen“ und das kulturelle Erbe fortzuführen, ganz nach dem diesjährigen Motto des Begegnungsfestes „60 Jahre Landsmannschaft der Banater Schwaben, weltoffen und traditionsbewusst“.

Der Bundesvorsitzende plädierte für ein verständnisvolles Miteinander über Grenzen hinweg: „Heute, zwanzig Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs müssen wir alles aus einem neuen Blickwinkel betrachten. In Rumänien ist eine neue Generation von Politikern herangewachsen, junge Menschen, die eine andere Politik verfolgen und die mit dem Erbe des real existierenden Sozialismus selbst zu kämpfen haben. Wir haben den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union begrüßt und unterstützt und freuen uns auf eine gute, für beide Seiten nützliche Zusammenarbeit“.

Weitere Berichte über die vielfältigen Veranstaltungen des Heimattages 2010 folgen in der nächsten Ausgabe der Banater Post.

Media:
> Fotoalbum - Heimattag 2010
> Video - Heimattag 2010