EU-Gelder für Maria Radna
Bereits seit Ende 2007 ist der in Temeswar geborene und in München lebende Architekt Herbert Habenicht im Auftrag der Diözese Temeswar mit der Renovierung der Wallfahrtskirche und des Klosterkomplexes Maria Radna befasst. Zu Ostern wurde das Projekt nun offiziell in das Finanzierungsprogramm der EU aufgenommen – darin sieht der Projektleiter eine einmalige Chance, die umfassenden und kostenintensiven Maßnahmen tatsächlich durchführen zu können. Mit Unterstützung der EU kann nun das Zentrum der Banater Wallfahrer für etwa 10 Millionen Euro zu einem kulturell und touristisch attraktiven Ziel im Westen Rumäniens gestaltet werden. Wir erkundigten uns beim Projektleiter über das weitere Vorgehen.
BP: Herzlichen Glückwunsch! Allen Unkenrufen zum Trotz wurden 10 Millionen Euro an EU-Mitteln für Maria Radna bewilligt. Wann geht es jetzt los auf der Baustelle?
Herbert Habenicht: Die Bauarbeiter müssen schon noch ein bisschen warten. Erst muss bis zum 30. Juni eine europaweite Ausschreibung vorbereitet und an die zuständige Regionalentwicklungsstelle weitergeleitet werden. Nach Prüfung und Freigabe ist voraussichtlich im September mit der Unterschrift des Finanzierungsvertrags und der Veröffentlichung zu rechnen. Die Unterlagen können dann 46 Tage von interessierten Firmen aus der ganzen Welt angefordert werden. Nach Ablauf der Frist, etwa gegen Ende des Jahres, wird die Firma mit dem annehmbarsten Angebot beauftragt.
BP: Wozu soll das Geld genau eingesetzt werden?
Herbert Habenicht: Es geht natürlich nicht einfach um eine Renovierung von Kirche und Kloster. EU-Gelder werden nur für Projekte mit europäischer Tragweite bewilligt. Deshalb habe ich in Absprache mit der Diözese Temeswar ein Projekt entwickelt, das Maria Radna in den Kontext anderer europäischer Wallfahrtsorte stellt, die sich in der heutigen Zeit als touristische Ziele, aber auch als Tagungs- und Seminarorte vermarkten müssen. Diese Idee hat die Geldgeber offenbar überzeugt.
BP: Wie sollen Touristen nach Maria Radna gelockt werden?
Herbert Habenicht: Diese Aufgabe liegt nicht in meinem Bereich. Das Projekt sieht vor, die Anlage, die von Wallfahrern nach wie vor gut besucht wird, auch für andere Gruppen attraktiv zu machen – beispielsweise als Etappenziel für Reisegruppen, die nach Siebenbürgen zu den Kirchenburgen oder zu den Bukowina-Klöstern reisen.
BP: Braucht man da nicht auch ein Marketingkonzept?
Herbert Habenicht: Das ist absolut dringend erforderlich. Durch das Privileg der EU-Finanzierung sind wir sozusagen in die höchste Liga aufgestiegen. Das bedeutet auch: Wir brauchen die Kompetenzen für die höchste Liga – Fachleute für Tourismus, Marketing, Recht usw. müssen dafür sorgen, dass das Geld sinnvoll und mit höchstmöglichem Profit für die Region eingesetzt wird.
BP: Ist die Diözese finanziell überhaupt noch gefordert?
Herbert Habenicht: Selbstverständlich. Das Projekt wird von der Kirche getragen und diese übernimmt auch zwei Prozent der Kosten. Gerade deshalb ist es wichtig, dass das Geld nachhaltig eingesetzt und nicht an falscher Stelle gespart wird.
BP: Werden trotz der EU-Mittel nach wie vor Spenden benötigt?
Herbert Habenicht: Unbedingt. Die EU-Mittel sind strikt an die Vorgaben des Projekts gebunden und hauptsächlich für Baumaßnahmen bewilligt worden. Die Ausstattung des Konferenzbereichs oder des Museumsflügels mit Mobiliar und dergleichen wird von den Mitteln nicht abgedeckt. Auch die Renovierung des Kalvarienbergs ist nicht Bestandteil des EU-Projekts.
BP: Wird Maria Radna derzeit als Wallfahrtsort genutzt?
Herbert Habenicht: Ja, durchaus. Derzeit aber kaum von deutschsprachigen Katholiken, was ja früher von fast jedem Banater Dorf aus regelmäßig der Fall war. Am 2. August wird es daher eine „Deutsche Wallfahrt“ geben, die deutschsprachige Pilger aus Rumänien und aus Deutschland gezielt zusammenführen soll.
BP: Will man die Tradition künstlich beleben?
Herbert Habenicht: Es geht um Kulturarbeit. Die Kirchweihfeste haben ja auch ihre ursprüngliche Funktion verloren. Aber das Bewusstsein der Tradition kann erhalten werden und zusätzlich entstehen neue Funktionen – das sieht das Projekt in Maria Radna auch ausdrücklich vor.
BP: Kann man da auf Erfahrungen zurückgreifen?
Herbert Habenicht: Am 1. August, dem Tag vor der „Deutschen Wallfahrt“, wird in Temeswar und Radna eine Tagung mit dem Titel „Neue Wege für Maria Radna“ stattfinden, wo die „Sicht von außen“ neue Aspekte erschließt. Eingeladen sind Referenten von der Denkmalpflege, aus anderen Wallfahrtsorten und aus dem Bereich der Kirche und des Tourismus. Sicher kann die eine oder andere Erfahrung für Maria Radna umgesetzt oder verwertet werden, wichtig ist auch der Erfahrungsaustausch.
BP: In Bayern sind Wallfahrten nach wie vor präsent. Gibt es da Kontakte?
Herbert Habenicht: Ende August wird in München eine Partnerschaft zwischen Maria Radna und Maria Ramersdorf besiegelt. Diese älteste Wallfahrtskirche in München diente bereits seit vielen Jahren auch den Donauschwaben der Region als Wallfahrtsziel. Franz Metz, der Kirchenmusiker der benachbarten Pfarrei St. Pius, hat den Kontakt hergestellt. Durch die Partnerschaft wird nun eine Kopie des Gnadenbildes von Maria Radna in Maria Ramersdorf ausgestellt.
BP: Wo soll das Projekt letztlich hinführen?
Herbert Habenicht: Das Konzept kann bei richtiger Vermarktung dazu beitragen, dass Maria Radna für Touristen ein wichtiger europäischer Haltepunkt wird vor der Weiterfahrt zu den siebenbürgischen Kirchenburgen und den Klöstern der Bukowina. Das Banat gilt ja bisher nicht gerade als Hochburg für den Tourismus. Ein zweiter Schwerpunkt sind Tagungen und Seminare. Für die Region bedeutet das eine Förderung des Dienstleistungssektors und der Gastronomie und damit ein zusätzliches Angebot an Arbeitsplätzen.
BP: Wir danken für das Gespräch und wünschen dem Projekt weiterhin gutes Gelingen!