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Ein Frühlingsfest der Jugend

Bei der Neueröffnung der Goppinger Heimatstube (v.l.): Landesvorsitzender Josef Prunkl, Ehrenkreisvorsitzender Hans Mersch und Oberbürgermeister Guidi Till.

Großer Volkstanzreigen auf dem Rathausplatz in Göppingen.

Lang war die Reihe der Trachtenträger beim Festumzug durch die Stadt.

Die Kindertrachtengruppe aus Karlsruhe.

Mit Blasmusik durch die Göppingen Innenstadt.

16. Volkstanzfestival der Banater Jugend und Trachtengruppen  - Großer Schwabenball

Wenn der Name Göppingen fällt, dann wissen die Insider Bescheid: Das heißt großer Schwabenball und Trachtenfest, und das schon seit vielen Jahrzehnten. Dennoch war es in diesem Jahr etwas anders als sonst. Das Fest war noch größer und noch glanzvoller. Die 2009 bereits eingeführte Neuerung, den Göppingen Schwabenball alle zwei Jahre mit dem jährlich vom Landesverband Baden-Württemberg der Landsmann-schaft organisierten Volkstanzfestival der Banater Jugend- und Trachtengruppe zusammenzulegen, hat sich als sehr gute Lösung erwiesen. Auf diese Weise wurde dem Göppinger Schwabenball, der allmählich in die Jahre gekommen war, Frischluft zugeführt und die Voraussetzungen dafür geschaf-fen, dass durch die vermehrte  Teilnahme von Jugendlichen auch in den nächsten Jahren die Stadt Göppingen mit einem folkloristischen Event erster Güte rechnen kann.

Es ist wirklich nicht übertrieben, wenn man von einem Ereignis spricht. Denn 200 Trachtenträger - und das meist Jugendliche - bei einem festlichen Umzug durch die Stadt und am Abend beim Volkstanzfestival auf der Bühne - wo  findet man das heute noch, in der Zeit von Disko und Hip-Hop? Damit soll keineswegs angedeutet werden, dass die Mitglieder der Banater Trachtengruppen sich dem Zeitgeist verschließen würden - im Gegenteil, sie können beides, mal  Hip und mal Hop,  wobei das Letztere wohl in der  schwäbischen "Hopsapolka" ganz deutlich zum Tragen kommt. Wer am 21. Mai in der Stadthalle dabei war, der kann es nur bestätigen.

Den Anfang nahm das große Trachtenfest im Stadtzentrum von Göppingen. Beim "Alten Kasten", einem der geschichtsträchtigen Gebäuden der Stauferstadt, spielte die Blasmusik, während sich Trachtenpaare auf dem Schiller-Platz versammelten. Im Haus selbst empfing der Kreisverband Göppingen seine Gäste in der Heimatstube der Banater Schwa-ben. Oberbürgermeister Guido Till ließ es sich nicht nehmen, dabei zu sein, wenn diese Heimatstube nun nach umfangreichen Renovierungs- und Herrichtungsarbeiten wieder festlich eröffnet werden sollte. Ihm fiel die ehrenvolle Aufgabe zu,  das Eröffnungsband zu durchschneiden.
Mit diesem Akt wurde ein neues Kapitel in der Geschichte dieser  Banater Heimatstube eingeleitet. Sie entstand bereits 1983 auf Initiative von Hans Mersch, der über Jahrzehnte den Vorsitz des Kreisverbandes Göppingen der Landsmannschaft inne hatte. In seinem Redebeitrag bei der Neueinweihung schilderte er die Umstände, unter denen die Heimatstube enstanden war, als er zusammen mit seinen Mitstreitern "eine Stätte der Erinnnerung" für seine Lands-leute schaffen wollte. Im Laufe der Jahre wurden hier Bücher, Trachten, Landkarten, Bilder und weitere Ausstellungsstücke zusammengetragen, die in ihrer Gesamtheit weit mehr als nur Erinnerung an die Existenz der Banater Schwaben in ihrer alten Heimat ermöglichen. In den mit viel Liebe zum Detail hergerichteten Räumlichkeiten entstand eine kleine Dokumentationstelle, die bestens über das Banat und die Banater Schwaben informiert.

Heimatstube Göppingen
Auf die Rolle der Heimatstube als Informationsmöglichkeit und als Teil des musealen Angebots der Stadt Göppingen wies auch der Oberbürgermeister in seiner Ansprache hin. Er unterstrich dabei die Bereitschaft der Stadt auch weiterhin ihrer Rolle als Pate der Banater Schwaben gerecht zu werden und deren kulturellen Belange zu unterstützen.

Josef Prunkl, der Vorsitzende des Landsverbandes Baden-Württemberg, stellte mit Genugtuung fest, dass die Heimatstube nun durch ihre Ausstattung mit modernen Kommunikationsmitteln in der Lage sein wird, ihrem Bil-dungsauftrag nachzukommen. Geschichtsinteressierte Besucher und besonders Schulklassen erwartet hier ein umfassendes Angebot an Informationen. Zudem bietet die neu gestaltete Heimatstube auch Möglichkeiten für kleine Konzerte - ein Klavier ist vorhanden -, Lesungen Vorträge und sonstige Veranstaltungen kultureller Art. Josef Prunkl dankte allen, die in den zurückliegenden Wochen keine Mühe gescheut hatten, bei der Sanierung der Räumlichkeiten und dem Herrichten der einzelnen  Exponate mitzuwirken. Einen besonderen Dank für den persönlichen Einsatz richtete er an die Mitglieder des Kreisvorstandes.  

Mit Blasmusik und guter Laune wurde die Feier dann fortgesetzt. Vom Schillerplatz zogen die hun-dert Trachtenpaare in Richtung Rathaus. Unterwegs erklangen immer wieder die im Banat be-kannten Rufe der Jugendlichen: Buwe, was han mer heit? - Kerweih!" Viele Schaulustige säumten die Straßen und winkten den Trachtenträgern zu. Der Zug stellte praktisch eine große Trachtenschau fast aller Banater Ortschaften mit schwäbischer Bevölkerung dar. Zu sehen waren Festtrachten aus der Arader Gegend sowie aus den Ortschaften der Hecke und Heide. Guttenbrunn und Traunau, Segenthau und Jahrmarkt, Bogarosch und Liebling, Sanktanna und Bakowa, Großjetscha und Sackelhausen waren ebenso vertreten wie Billed und Neupetsch, Darowa  und Wetschehausen, Tschanad und Großsanktnikolaus. Der Platz vor dem Rathaus verwandelte sich alsbald in eine Freilichtbühne, auf der die einzelnen Gruppen und auch zum Schluss alle zusammen Kostbarkeiten aus ihrem reichen Tanzrepertoire boten.

In der Zwischenzeit lud der Oberbürgermeister in der Festhalle des Rathauses zum traditionellen Empfang ein. Der Gastgeber verlieh seiner Freude Ausdruck, dass die Banater Schwaben in Göppingen, nicht nur eine vorbildliche Integration erfahren haben und zu geachteten Bürgern der Stadt geworden sind, sondern auch zu ihrem Brauchtum stehen und dieses mit Einsatzfreude pflegen. Josef Prunkl dankte im Namen der Banater Schwaben der Stadt Göppingen für die Unterstützung bei der Organisation des Schwa-benballs mit Landestrachtenfest und versicherte, dass die Lands-mannschaft auch in Zukunft, der Pflege des traditionellen Brauch-tums größte Aufmerksamkeit schenken werde. In diesem Zu-sammenhang würdigte er das Engagement der Brauchtumsverantwortlichen des Landesverbandes, Theresia Tei-chert, bei der fachlichen Betreu-ung der Trachtengruppen.

Bei herrlichem Frühlingswetter setzte der Trachtenzug seine Weg durch die Göppinger Altstadt fort und machte einen Abstecher im Stadtpark am Denkmal der Banater Schwaben. Hier an der Monumentalplastik des bekannten Banater Künstlers Ingo Glass wurde seitens des Kreisverbandes Göppingen ein Kranz niedergelgt. Danach ging es mit Musik zur Stadthalle, wo bereits alles für das große Abendprogramm vorbereitet war und auch die ersten Zuschauer warteten.
Nach Erklingen des Deutschlandliedes eröffnete Josef Prunkl das Landestrachtenfest mit der Begrüßung der Gäste, unter ihnen als Ehrengäste den Schirmherrn der Veranstaltung Oberbürgermeister Guido Till, die Vertreter des Innenministeriums von Baden-Württemberg Ministerialdirektor Herbert Hellstern und Ministerialrätin Dr. Sibylle Müller, Vertreter der Stadtverwaltung, des Land-ratsamtes, verschiedener gesell-schaftlicher Verbände, die Mitglieder des Landesverbandes Baden-Württemberg der Landsmannschaft, der Deutschen Banater Jugend und Trachtengruppen (DBJT), die Vorsitzende des Kreisverbandes Göppingen Bettina Erly, Mitglieder des Bundesvor-standes sowie den Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber.

In seinem Grußwort brachte der Oberbürgermeister seine Freude zum Ausdruck, dass so viele junge Menschen mit Begeisterung an den Brauchtumsveranstaltungen der Landsmannschaft mitmachen. Das Landestrachtenfest und Volkstanzfestival betrachte er als eine kulturelle Bereicherung für die Stadt und als eine Veranstal-tung, die im Zeichen einer mit Leben erfüllten Patenschaft stehe.
 Der Bundesvorsitzende Peter-Dietmar Leber wertete die große Anzahl der Trachtenpaare und das Engagement der Jugendlichen für den Erhalt des Brauchtums als wichtigen Bestandteil der von den Banatern hier in Deutschland gewonnenen Identität. Er beglückwünschte die Jugendlichen für ihre Leistung und nannte stellvertretend für alle, die sich in der Jugendarbeit besonders eingesetzt haben, die Verantwortliche für Brauchtumsarbeit Theresia Teichert und den Vorsitzenden der DBJT Harald Schlapansky.

Ministerialdirigent Herbert Hellstern überbrachte die Grüße des neuen Innenministers aus Stuttgart Reinhold Gall (SPD), der aus Termingründen nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnte. Ministerialdirigent Hellstern versi-cherte, dass auch künftig das Innenministerium für die Arbeit der Vertriebenen zuständig sein werde. In seiner Ansprache würdigte er das Wirken der Landsmannschaft im Bereich der Aufarbeitung des kulturellen Erbes wie auch als Brückenbauer zu den Herkunftsgebieten in Südosteuropa. Besonders begrüßte der Redner, dass die Banater Heimatstube in Göp-pingen nun wieder einem breiten Publikum zugänglich gemacht wurde und dass sie künftig in die Kulturarbeit der Heimatvertriebe-nen miteinbezogen werden wird. An die jugendlichen Teilnehmer der Großveranstaltung richtete er einen herzlichen Glückwunsch.  

Mit diesem Glückwunsch sprach der Ehrengast aus Stuttgart allen anwesenden Gästen aus dem Herzen, denn was die einzelnen Trachtengruppen im anschließenden Programm auf der Bühne und auf der großen Tanzfläche der Stadthalle boten, war wirklich beeindruckend.
Zur Einleitung begrüßte die Moderatorin Theresia Teichert die am Festival teilnehmenden Gruppen aus Baden-Württemberg und Bayern und informierte über deren Wirken.

DBJT im Aufwind
Die Trachtengruppen richten ihr Augenmerk besonders auf die Pflege des aus dem Banat stammenden Brauchtums und ihr Wir-ken ist bestimmt vom Wunsch, auch neue Wege zu erschließen. Bei diesem Festival hat es sich ein weiteres Mal gezeigt, dass die in den letzten Jahren von der Landsmannschaft organisierten Jugendseminare für Brauchtumsarbeit eine ausgezeichnete Möglichkeit sind, Tradition nicht nur zu pflegen, sondern auch an die jüngere Generation weiterzugeben. In diesen Wochendseminaren und Ferienfreizeiten mit Lerncharakter kommen Jugendliche aus allen Landesteilen zusammen und werden unter fachlicher Anleitung mit Musik, Tanz, Volkstracht und Brauchtum vertraut gemacht. Die einzelnen Gruppen haben einander kennengelernt, miteinander geübt und ein beachtliches Repertoire erarbeitet.  Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt: Die DBJT erntet heute die Früchte der in den letzten Jahren geleisteten Arbeit.

Den Anfang machten die Kleinsten, die Kindertrachtengruppe (Erdbeergruppe) aus Karlsruhe  (Leitung: Helga Ebner und Angela Schmidt) mit ihrem Tanz „Im Kronenwald“. Es folgte die EsslingenSchüler- und Jugend-gruppe, die von Renate Krispin angeleitet wird.  Mit ihrem „Sterntanz“ hat diese Gruppe bereits viel Erfolg auch bei anderen Aufführungen erlebt. Die Kindertanzgruppe aus Karlsruhe wird von Elwine Muth und Dagmar Österreicher geleitet. Die dargebotene „Sternpolka“ ist ein in Europa und sogar in Übersee bekannter Tanz, der praktisch die Grundlage für viele andere volkstümliche chore-ographische Kreationen darstellt.   
Die neugegründete Banater Kin-dertanzgruppe besteht seit 2008. Sie wird von Gerhard Kappler geleitet (Musikbegleitung: Korbinian Dölger). In Göppingen präsentierten die Kinder eine Tanzfolge die sich „Luschtiche Schwowe“ nannte. Zum Abschluss des ersten Teils des Programms tanzten die am Festival teilnehmenden Kinder-gruppen  die „Donauschwäbische Tanzfolge“.
Den Reigen der Erwachsenen-Gruppen eröffnete die Trachten-gruppe des Kreisverbandes Karlsruhe unter der Leitung von Heidi Müller und Werner Gilde. Diese Gruppe, die bereits viele Auszeichnungen bei landes- und bundesweiten Veranstaltungen erzielt hat, tritt vorwiegend in Billeder Tracht auf. In Göppingen tanzte sie die bekannte „Resipolka“.

Die Banater Trachtengruppe aus Crailsheim (Leitung: Klara Weber) besteht seit 1999. Für ihren „We-bertanz“ gab es besonders viel Beifall, zumal dieser - es handelt sich um einen Tanz aus Norddeutschland – auf eindrucksvolle Weise den Vorgang des Webens mit tänzerischen Mitteln darstellt.  Die Darbietung der Crailsheimer wurde musikalisch von Michael Weber  am Keyboard begleitet.
Die Erwachsenentrachtengruppe aus Esslingen (Leitung: Renate Krispin) zeigte ebenfalls einen Handwerkertanz, das „Mühlrad“. Die einzelnen Tanzfiguren stellten bildhaft Szenen aus dem Erntegeschehen dar.

Eine weitere traditionsreiche Banater Trachtengruppe ist jene aus Singen. Sie besteht seit 1988 und wird von Familie Redl geleitet. Die Tänzer tragen die Volkstracht von Großjetscha.  In Göppingen begeisterten sie das Publikum mit einer flotten Polka.
In München wurde bereits 1980 eine Banater Tanzgruppe ins Le-ben gerufen. Heute gibt es neben der bereits erwähnten Kindergruppe noch eine Jugendtanzgruppe (Leitung: Harald Schlapansky) und eine der Erwachsenen (Leitung: Stefan Ruttner). In Göppingen präsentierten die Münchner den Tanz „Am Donaustrand“.

Die 1992 gegründete Banater Trachtengruppe aus Leimen ent-wickelte sich unter der Leitung von Caroline Ferch in relativ kurzer Zeit zu einem erfolgreichen Ensemble, das von den Veranstaltungen der Landsmannschaft nicht wegzudenken ist. Diese Gruppe ist schon 180 mal aufgetreten und ist bereit, unter der Leitung von Josef Klein mit Begeisterung weiterzumachen. Das war in Göppingen deutlich zu erkennen.

Noch nicht allzu lange dabei ist die Gruppe aus Reutlingen. Sie wird von Christine Neu und Manfred Klotzbier geleitet. Seit der Gründung 2009 haben die 12 Trachtenpaare schon mehrere erfolgreiche Auftritte in Reutlingen und bei verschiedenen Veranstaltungen der Landsmannschaft bestritten. Beim Festival in Göppingen tanz-ten sie die Polka „Das Geschenk“.

Eine richtige Augenweide war der gemeinsame Auftritt aller Gruppen zum Abschluss des Festivals. Gemeinsam tanzten die Trachtepaare den „Kathiländler“ und die Polka „Veilchenblaue Augen“. Eine bessere Einstimmung für den anschließenden Tanzabend mit den „Original Banater Schwabenkapelle“ (Leitung: Horst Stromer) und   der Gruppe „ ALGENO“ hätte es nicht geben können.