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Fröhlicher Aufbruch in das nächste Vierteljahrhundert. Patenschaftsfeier in Ingolstadt

Staatsministerin Christine Haderthauer freut sich über ein Buchgeschenk seitens der Landsmannschaft. Fotos: Karin Bohnenschuh

Oberbürgermeister Dr. Alfred Lehmann empfing seine »Patenkinder« im Rathaus.

Pfarrer Peter Zillich zelebrierte eine Dankesmesse in der Sankt-Moritz-Kirche.

Die Fahnenabordnung des Kreisverbandes Ingolstadt und die des Patenvereins Enzian Ingolstadt bei verlassen der Kirche.

Dr. Swantje Volkmann, Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen

Zentralmuseum Ulm (DZM), führte durch die im Foyer aufgebaute

Ausstellung „Das Banat – Eine Reise nach Europa“.

Dem langjährigen Ingolstädter Oberbürgermeister wurde die Adam-Müller-Guttenbrunn-Medaille seitens der Landsmannschaft verleihen.

Der „Patenonkel“ war gekommen, ebenso zahlreiche „Patenkinder“ und illustre Gäste, um ein einzigartiges Jubiläum zu feiern: Vor 25 Jahren hat die Stadt Ingolstadt die Patenschaft über die Banater Schwaben in Bayern übernommen. Grund genug, im Rahmen eines Festakts auf zweieinhalb Jahrzehnte gelungenen Miteinanders zurückzublicken und gut gelaunt in ein neues, gemeinsames Vierteljahrhundert aufzubrechen.

Schon am Nachmittag hatte Ingolstadts Oberbürgermeister Dr. Alfred Lehmann (CSU) aus diesem Anlass zu einem Empfang ins Alte Rathaus der Stadt eingeladen. „Ich bin froh, dass wir die Banater Schwaben in Ingolstadt haben“, so Lehmann, der sich im vergangenen Jahr bei einer Reise durch das Banat selbst einen Eindruck von der alten Heimat der Banater Schwaben verschafft hatte. Die Stadt habe vor 25 Jahren ein Zeichen gesetzt, dass Spätaussiedler willkommen seien, sagte Peter-Dietmar Leber, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft. Wenn es im Vergleich zu damals heute bei den Banater Schwaben etwas ruhiger geworden sei, so Leber weiter, dann, „weil wir hier unseren Platz gefunden und eingenommen haben. Das Banat ist heute Teil  unserer Biographie, aber nicht so sehr unseres Alltags“.

Auf die starke Prägung der Banater Schwaben durch die katholische Kirche wies Pfarrer Peter Zillich, Bischöflicher Beauftragter für die Vertriebenenseelsorge in der Diözese Regensburg, in der anschließenden Messe in der St.-Moritz-Kirche hin. Das kirchliche Leben habe in jedem Dorf einfach dazugehört. Stolz und dankbar könne man ob dieser Patenschaft sein, so Zillich, denn sie sei eine „Zusage der Stadt in eine ungewisse Zukunft hinein“ gewesen – man wisse schließlich nie, was aus einem Patenkind wird. Der Rückblick auf 25 Jahre zeige aber auch, wie viel Veränderung das Leben mit sich bringe. „Wir haben das nicht im Griff“, betonte Pfarrer Zillich. „Wenn wir den Herrgott nicht bei uns mitleben lassen, schauen wir ziemlich alleingelassen aus.“ Er gab den Feiernden zum Abschluss seiner Predigt die drei christlichen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung mit auf den Weg. Am Ende der Messe segnete Pfarrer Zillich die Fahne des Kreisverbandes Ingolstadt, die vor 25 Jahren geweiht wurde, erneut.

Im Vorfeld des Festaktes in der Kurfürstlichen Reitschule führte Dr. Swantje Volkmann, Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm (DZM), durch die im Foyer aufgebaute Ausstellung „Das Banat – Eine Reise nach Europa“. Die aus 24 Displayelementen bestehende Wanderausstellung (Konzeption: Dr. Swantje Volkmann und Martin Rill) präsentiert einerseits die Geschichte dieser Region vom Altertum bis zur Gegenwart in ihren Grundzügen, andererseits stellt sie wesentliche Aspekte des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens heraus. Mit ihrer pointierten und differenzierten Darstellung gelang es der Ausstellungsgestalterin, das zahlreiche Publikum auf eine kurze, aber eindrucksvolle Reise in die Vergangenheit des Banats mitzunehmen.

Zum eigentlichen Festakt konnte Bundesvorsitzender Leber eine ganze Reihe von Ehrengästen begrüßen, allen voran die bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christine Haderthauer, den deutschen Konsul in Temeswar, Klaus Christian Olasz, den rumänischen Vizekonsul in München, Michael Fernbach, MdL Achim Werner, den Ingolstädter Oberbürgermeister Dr. Alfred Lehmann, Bürgermeister Albert Wittmann und mehrere Stadträte, Staatssekretär a.D. Hermann Regensburger, Walter Föllmer (bayerischer Landesgeschäftsführer des Bundes der Vertriebenen), Dr. Swantje Volkmann (Kulturreferentin für Südosteuropa am DZM) sowie den Ehrenvorsitzenden des Landesverbandes Bayern der Landsmannschaft, Peter Krier, dessen Einsatz das Zustandekommen der Patenschaft zu verdanken ist. Die Landsmannschaft war durch mehrere Mitglieder des Landesvorstands sowie zahlreiche Kreisverbandsvorsitzende vertreten, vor allem natürlich Hans Metzger, seit 29 Jahren Vorsitzender des Kreisverbands Ingolstadt. Und schließlich bewies auch eine Abordnung des Ingolstädter Gebirgstrachtenerhaltungsvereins Enzian, der vor 25 Jahren als
Patenverein gewonnen werden konnte, dass sie dem befreundeten Verein seit vielen Jahren die Treue halten.

Für Ministerin Christine Haderthauer ist das Jubiläum ein Ausdruck von partnerschaftlicher Verbundenheit. „Die Stadt hat den Auftrag ernst genommen, Mittelpunkt für die Kulturpflege der Banater Schwaben in Bayern zu sein –
und neue Heimat“, wie sie als Abgeordnete des Ingolstädter Wahlkreises besonders gern betonte. Und die Ministerin freute sich über einen „Meilenstein“, den das Hilfswerk der Banater Schwaben hier in Ingolstadt verwirklicht habe: das Seniorenzentrum „Josef Nischbach“.  Die Banater Schwaben hätten für die Verbrechen der Nazis kollektiv Leid ertragen müssen. „Am Ende stand das Verlassen der Heimat, aber das hieß für Sie nicht Selbstaufgabe, sondern Sie haben hier in Bayern die Ärmel hochgekrempelt“, würdigte Haderthauer die erfolgreiche Integration der Volksgruppe. Dabei sei es gerade in der wirtschaftlich schwierigen Nachkriegszeit „nicht immer ein warmes Willkommen“ gewesen, das die Aussiedler erwartet hat. Christine Haderthauer versicherte, sie werde sich weiterhin stark dafür machen, die Anliegen von Vertriebenen und Spätaussiedlern zu unterstützen – in einem nationalen Gedenktag oder in Form einer Entschädigung für deutsche Zwangsarbeiter.

Die Nachkriegszeit griff auch Dr. Alfred Lehmann in seiner Ansprache auf. In dieser Zeit habe man tatsächlich nicht jeden Fremden willkommen geheißen, so der Ingolstädter Oberbürgermeister. Umso positiver sah er die Entwicklung seit damals und bewertete das Jubiläum als „großen Tag“ für die Stadt. Er zitierte aus der 25 Jahre alten Patenschaftsurkunde: „Die Stadt Ingolstadt bekundet ihre Verbundenheit mit den Banater Schwaben.“ Damals, so Lehmann, sei es noch darum gegangen, eine neue Heimat und einen kulturellen Mittelpunkt zu bieten, heute gehe es darum, das kulturelle Erbe zu bewahren. „Die Banater Schwaben haben als Volksgruppe viel Schlimmes erlitten“, führte der Oberbürgermeister aus, „aber sie sind moralisch gestärkt aus diesem Leid hervorgegangen.“ Bemerkenswert sei es, so Lehmann weiter, „dass Sie trotzdem so freundliche und optimistische Menschen sind. Wir sind dankbar, dass wir viele Banater Schwaben als Mitbürger haben.“ Und er versicherte: „Wir werden auch die nächsten 25 Jahre an Ihrer Seite stehen!“ Für dieses klare Bekenntnis gab es nicht nur Applaus, sondern auch eine besondere Auszeichnung: Bundesvorsitzender Leber erläuterte, der Bundesvorstand hätte einstimmig beschlossen, dem langjährigen Ingolstädter Oberbürgermeister die Adam-Müller-Guttenbrunn-Medaille zu verleihen.

Von seiten der Banater Schwaben erinnerte Ingolstadts Kreisvorsitzender Hans Metzger an den ganz besonderen Tag vor 25 Jahren. 3000 Menschen hätten damals an den Feierlichkeiten teilgenommen. Seitdem hätten sich viele Landsleute hier eine neue Heimat aufgebaut und seien „gute Stadtbürger“ geworden. Er rief auch die Zeit der Auswanderung ins Gedächtnis und brachte die Zuhörer mit Zitaten aus einem Originaldokument von 1771 zum Schmunzeln. Damals hatten sich nämlich die Ingolstädter Räte beim bayerischen Kurfürsten beschwert, dass die Auswanderer, die mit ihren Donauschiffen in Ingolstadt Rast machten, den Brotmarkt der Stadt regelrecht leerkauften.

In der Geschichte Ingolstadts seien 25 keine lange Zeit, sagte Bundesvorsitzender Peter Leber in seiner Ansprache, für die Landsmannschaft hingegen schon: Eine ganze Generation trete ab – jetzt entscheide sich, ob die neue Generation hier antreten oder sich ihren Platz anderswo suchen
werde. Das inzwischen erwachsen gewordene „Patenkind“ stehe also an einem Scheideweg. An politischen Debatten, forderte Leber, könnten sich die Banater Schwaben nicht nur in Ingolstadt ruhig mit mehr Selbstbewusstsein beteiligen, zum Beispiel im Hinblick auf einen nationalen Gedenktag. „Die Wirkung dieser Symbolik sollte man nicht unterschätzen“, betonte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft. Für Ingolstadt fand er abschließend einen schönen Vergleich: Bisher seien zwei deutsche Städte für die Banater Schwaben von besonderer Bedeutung gewesen: Ulm stellvertretend für „gehen“, Nürnberg stellvertretend für „ankommen“ – und jetzt auch Ingolstadt stellvertretend für „bleiben“.

Musikalisch gestaltet wurde der Abend vom Temeswarer Schubert-Chor unter der Leitung von Adrian Nuca-Bartzer. Darüber werden wir in einem eigenen Beitrag berichten.