An einem sonnigen Herbsttag, dem 20. September 2025, veranstaltete der Landesverband Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Banater Schwaben gemeinsam mit dem Kreisverband Göppingen in der Göppinger Stadthalle das 56. Landestrachtenfest. Es stand in diesem Jahr unter einem besonderen Zeichen: dem 75. Jubiläum des Landesverbandes Baden-Württemberg. Dieses Ereignis wurde mit einem Festakt im Rathaus und einem vielfältigen Programm in der Göppinger Stadthalle gebührend gefeiert.
Festakt zur Jubiläumsfeier
Zwei junge Bläser aus den Reihen der DBJT, Markus Mahalek und Timo Nagel, gaben im Foyer des Rathauses das Zeichen zum Auftakt des Festaktes. Der Oberbürgermeister der Stadt Göppingen Alex Maier (Bündnis 90/Die Grünen), Schirmherr der Feier im Rathaus und des Landestrachtenfestes in der Stadthalle, begrüßte die zahlreichen Ehrengäste, die zu diesem Anlass gekommen waren: Den Landesvorsitzenden der Banater Schwaben Richard Jäger, den Generalkonsul Rumäniens in Stuttgart Dr. Vlad Vasiliu, den Vorsitzenden der Deutschen Banater Jugend- und Trachtengruppen (DBJT) und Mitglied im Bundesvorstand Patrick Polling, den Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben und Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Donauschwaben Jürgen Harich, ferner Andreas Kenner, MdL, Guido Till, Oberbürgermeister a. D. der Stadt Göppingen, Herbert Wild, Kreisverbandsvorsitzender der Banater Schwaben in Göppinge, Reinhold Frank, Landesvorsitzender der Heimat- und Trachtenverbände Baden-Württemberg, Stadträtinnen und Stadträte, Trachtenpaare aus dem In- und Ausland und viele mehr.
Oberbürgermeister Alex Maier hob die gute Zusammenarbeit der Stadt Göppingen mit der Landsmannschaft der Banater Schwaben hervor. Diese Patenschaft bestehe nicht nur auf dem Papier, sondern in einer engen Kooperation zwischen der Stadt und dem Verband der Banater Schwaben.
Patrick Polling übermittelte den Teilnehmern die Grüße des Bundesvorstands. Der rumänische Generalkonsul zollte der Gemeinschaft der Banater Schwaben großes Lob: Durch ihre Tugenden habe diese Volksgruppe sehr viel in Deutschland erreicht, aber auch in Rumänien seien die Banater Schwaben nach wie vor sehr geschätzt, versicherte Dr. Vasiliu. Und er sagte wörtlich, das Banat sei immer noch „an der Spitrze“ („Întotdeauna Banatul este în frunte!”) Dazu hätten die Banater Schwaben viel beigetragen. Und heute seien sie auch als wahrhaftige Brückenbauer in Europa geschätzt, fügte der Generalkonsul hinzu.
Der Landesvorsitzende Richard Jäger bedankte sich für die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Göppingen und bot anschließend einen Streifzug durch die Geschichte der Banater Schwaben in Baden-Württemberg von 1945 bis heute. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren etliche Banater Schwaben aus dem Banat durch Flucht oder nach der Verschleppung über die damalige Ostzone in die Heimat ihrer Vorfahren zurückgekehrt. Im Laufe der Jahre fanden Tausende Banater Schwaben im südlichen Deutschland eine neue Heimat und begannen, sich in regionalen Zusammenschlüssen zu organisieren. Am 6. Mai 1950 wurde der Landesverband der Banater Schwaben Baden-Württemberg mit dem Sitz in Stuttgart gegründet. 75 Jahre später blicke die Landsmannschaft auf eine bewegte Geschichte und ein starkes Miteinander zurück, resümierte der Landesvorsitzende. Dabei hob er die Verdienste jedes einzelnen Landesvorsitzenden der Banater Landsmannschaft von 1950 bis 2024 hervor und verwies auf das stetige fruchtbare Zusammenwirken mit allen bisherigen Bürgermeistern der Stadt Göppingen.
56. Trachtenfest des Landesverbandes
Beim Landestrachtenfest, in dessen Rahmen die Jubiläumsfeier stattfand, erfreute sich das zahlreich erschienene Publikum in der Göppinger Stadthalle an den mehr als 120 Trachtenträgerinnen und Trachtenträgern der DBJT aus Esslingen / Wendlingen, Karlsruhe, Nürnberg, Singen, Spaichingen sowie an der als Gast angereisten Trachtengruppe „Banater Kranz“ aus Temeswar, die gemeinsam in die schön geschmückte Halle einmarschierten.
Durch das Kulturprogramm führte Lukas Krispin, Vertreter der Deutschen Banater Jugend- und Trachtengruppen im Landesvorstand Baden-Württemberg der Banater Schwaben und Vorstandsmitglied der DBJT. Zur Begrüßung und Einstimmung fand er passende Worte: „Zum 56. Mal kommen wir hier zusammen, um mit Tracht, Musik und Tanz nicht nur unsere Kultur, sondern auch unser gemeinsames Heimatgefühl lebendig werden zu lassen.“
Die „Original Banater Schwabenkapelle“ unter der Leitung von Peter Pohl, die es seit 1983 gibt, sorgte auf bewährte Weise für gute Stimmung. Mit ihren Tänzen und prachtvollen Trachten prägten die teilnehmenden Gruppen maßgeblich das Bild des Landestrachtenfestes in Göppingen. Sie verkörperten auch diesmal wieder, wofür das Fest steht: gelebte Tradition und mitreißende Blasmusik. Das Landestrachtenfest ist ein kulturelles Erlebnis, das nach wie vor generationenübergreifend begeistert.
Willkommensgruß und Begrüßung der Gäste
Der Landesvorsitzende der Banater Schwaben Baden-Württemberg Richard Jäger begrüßte alle Anwesenden in der sehr gut besuchten Halle. Eine große Anzahl von Ehrengästen war bei diesem einmaligen Fest zugegen. Nach der Feier im Rathaus waren noch die Landesministerin für Landesentwicklung und Wohnen Nicole Razavi MdL, der Landtagsabgeordnete und Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg Raimund Haser, die Landtagsabgeordnete Ayla Cataltepe, der DJO- und BdV-Landesvorsitzende Hartmut Liebscher, der Landesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen Michael Konnerth, der Bürgermeister von Wendlingen am Neckar Steffen Weigel und der ehemalige Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir hinzugekommen. Richard Jäger bedankte sich auch bei seinen Stellvertretern Herbert Volk und Ingrid Röhrich sowie beim gesamten Landesvorstand für die gute Zusammenarbeit der vergangenen Jahre. Auch viele Vertreter der Kreisverbände in Baden-Württemberg waren im Saal zugegen. Vom rumänischen Präsidenten Nicușor Dan kamen schriftliche Grüße zum Jubiläum.
Grußworte von Politik und Gesellschaft
Nach dem Absingen der Hymnen erinnerte der Göppinger Oberbürgermeister in seinem Grußwort mitfühlend an den Abschied von der Banater Heimat, indem er den im Banat geborenen Dichter Nikolaus Lenau zitierte. Die Banater Schwaben hätten ihre Kultur, ihre Musik und ihre Tradition zurücklassen müssen. Umso mehr bewundere er deren hervorragende Integration und die Fähigkeit, ihr Banater Kulturgut auch in der neuen Heimat mit einzubringen.
Auch die Ministerin Nicole Razavi richtete dem Landesverband unserer Landsmannschaft in ihrer Festansprache herzliche Glückwünsche zum 75-jährigen Bestehen aus. Sie erinnerte an die schweren Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg und das unerschütterliche Festhalten der Banater Schwaben an ihren Werten und Traditionen. Wenn Kulturpflege bereits im Kindesalter beginne, habe Tradition auch Zukunft, zeigte sie sich überzeugt.
Cem Özdemir, MdL, meinte im Hinblick auf die schönen Banater Trachten im Saal, er sehe „Trachten und Geschichte aus Stoff“. Diese Menschen aus dem Banat hätten „ihre neue Heimat im Südwesten Deutschlands gefunden.“ Er sehe Gemeinsamkeiten zu seiner eigenen Herkunft, denn er selbst sei in Urach als Sohn von Gastarbeitern geboren, die in dieses Land gekommen sind. Das zeige die Vielfalt in Europa.
Der Generalkonsul Rumäniens Dr. Vlad Vasiliu äußerte seine Freude über die gute Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Rumänien seit dem Fall des Eisernen Vorhangs, die nicht zuletzt durch Brückenfunktion der Banater Schwaben funktioniere. „Danke an alle“, sagte er herzlich. Anlässlich des 75. Jubiläums der Landsmannschaft äußerte er den Wunsch, „weiter nach vorne zu schauen.“ Die Banater Schwaben hätten in Deutschland zwei Nobelpreisträger hervorgebracht, die sich zu ihrer Herkunft bekennen. Die Banater Gemeinschaft trage mit ihrem Wirken dazu bei, die Mauern zwischen Menschen, Generationen und Nationen abzubauen, lobte der Generalkonsul.
Der BdV-Landesvorsitzende Hartmut Liebscher rühmte zum Festtag die Präsenz der Landsmannschaft der Banater Schwaben im südwestlichen Ländle. Der Landtagsabgeordnete Raimund Haser begleitet und unterstützt das Wirken des Landesverbandes seit vielen Jahren. Als Mitglied des BdV-Bundesvorstands übermittelte er dessen herzliche Grüße. Angesichts seiner eigenen donauschwäbischen Wurzeln erläuterte er symbolhaft den Aufbau unseres Banater Wappens.
Unter dem großen Beifall der Anwesenden lobte der Landesvorsitzende der Heimat- und Trachtenverbände Baden-Württemberg Reinhold Frank die Brauchtumspflege in der Banater Landsmannschaft. Mit der Traditionspflege wirkten sie dem Trend entgegen, dass in den Schulen heute keine Volkslieder und Volkstänze mehr weitergegeben würden. Dadurch gehe ein Stück Heimat verloren, stellte er fest: „Heimat muss man verteidigen, wie die Demokratie auch“, zeigte er sich überzeugt.
Die Beiträge der Redner wurden immer wieder von den Darbietungen der Tanzgruppen der DBJT und der Gastgruppe aus Temeswar unterbrochen. Letztere wurde unter dem Namen „Banater Kranz“ 2019 gegründet und vereint Tänzerinnen und Tänzer aus mehreren Banater Ortschaften mit dem Ziel, das kulturelle Erbe der Banater Deutschen in Rumänien zu bewahren. Der rumänische Generalkonsul ließ es sich nicht nehmen, mit den aus dem Banat angereisten Kulturbotschaftern für ein gemeinsames Foto zu posieren.
Kirchweih wie einst im Banat
Ein Höhepunkt des Kulturprogramms war die Inszenierung einer traditionellen Banater Kirchweih, die von der HOG Großjetscha mit viel Fleiß und Können vorbereitet worden war. Viele der Anwesenden Banater hatten zeitweise das Gefühl, in die Zeit der 60er, 70er und 80er Jahre zurückversetzt worden zu sein. In jenen Jahren wurden die Kirchweihfeste trotz Einschränkungen und zunehmender Abwanderung in allen banatschwäbischen Ortschaften mit Leib und Seele ausgetragen, waren sie doch ein Merkmal der Banater Identität. Bei der Kerweih-Darstellung aus Großjetscha waren alle wesentlichen Elemente der Banater Kirchweih vorhanden, regionale Unterschiede zwischen Heide und Hecke spielen zunehmend weniger eine Rolle: Der „Kerweihvater“ marschierte mit den Trachtenpaaren voran und schenkte den „Kerweihwein“ aus dem umflochtenen Weinkrug aus, während die „Kerweihbuwe“ die Prominenz mit dem mit einem Rosmarinzweig und einer Schleife geschmückten Apfel zum Fest einluden. Der Erste und Zweite „Geldherr“ waren für den weiteren Ablauf des Festes zuständig und selbstverständlich durfte auch der „Kerweihspruch“ nicht fehlen. Immer wieder waren die Rufe „Kerweih“ zu hören und beim „Kerweihstickl“ drehten die Paare ihre Runde.
Bei der Versteigerung des mit vielen bunten Bändern geschmückten Straußes kam der Landesvorsitzende Richard Jäger zum Zug. Er schenkte ihn seiner Tochter Theresa, die den Kirchweihzug beim nächsten Landestrachtenfest im Jahr 2027 anführen wird. Diese Kirchweih wird dann von der HOG Neupanat mit den lokalen Eigenheiten ihres Ortes präsentiert werden.
Zusammenhalt und Miteinander
Wie bei allen Veranstaltungen der Trachtengruppen der DBJT bildete auch dieses Mal das gemeinsame Singen des Liedes „Wahre Freundschaft“ – begleitet von der „Original Banater Schwabenkapelle“– den feierlichen Abschluss. Dieser traditionelle Ausklang steht sinnbildlich für den starken Zusammenhalt und das gelebte Miteinander innerhalb der Gemeinschaft. „Brauchtum ist dann am stärksten, wenn es Brücken schlägt – zwischen Gestern und Heute, zwischen Hier und Dort, zwischen Herkunft und Zukunft“, hatte der Festmoderator Lukas Krispin zu Beginn der Veranstaltung betont.
Am Abend spielten die „Schlagerbengel“ für alle zum Tanz auf. So wie früher im Banat die Tanzfreudigen von Heide oder Hecke zu den Festen im Banat kamen, so strömten an diesem Herbstsonntag 2025 die „Schwoweleit“ aus dem schwäbischen Ländle und darüber hinaus zum Landestrachtenfest nach Göppingen. Und so machte das diesjährige Landestrachtenfest der Banater Schwaben seinem Namen alle Ehre. Man konnte deutlich erkennen, dass diese auch in der neuen Heimat verwurzelt sind und zuversichtlich in die Zukunft blicken.
Der Landesverband der Banater Schwaben Baden-Württemberg bedankt sich bei allen, die zum Gelingen des schönen Festprogramms beigetragen haben.











