An einem Sonntag im Oktober 1941 wurde Anna Feitz als drittes Kind der Eheleute Franz und Eva Egler in Giseladorf geboren, wo sie in behütetem Umfeld aufwuchs. Ihre Kindheit war geprägt von den Entbehrungen des Zweiten Weltkrieges und der kommunistischen Diktatur. Der Vater wurde nach Kriegsende in die Sowjetunion deportiert und die Mutter musste sich mit den drei Kindern Mathias, Elisabeth und Anna alleine durch schwierige Zeiten kämpfen.
Ihre Schulzeit im Heimatort brachte Anna mit Leichtigkeit hinter sich. Sie konnte zwar nicht still sitzen, dafür aber schön Gedichte rezitieren, auch hat sie gerne gesungen und getanzt. In Lugosch besuchte sie weiter die Schule und ließ sich zur Kindergärtnerin ausbilden. Diesen Beruf übte sie mehrere Jahre in Giseladorf aus. Danach arbeitete sie bis zu ihrer Auswanderung nach Deutschland als Erzieherin und auch als Lehrerin in Lugosch. Die Kinder liebten sie, weil sie, statt Strenge und Schläge einzusetzen, wie es damals noch üblich war, einen liebevollen und herzlichen Umgang mit den Kindern hatte.
Beruflich und privat zeichnete sich unsere Noni-Tante durch einen außergewöhnlich starken Willen und mutiges Vorgehen aus. Dabei war sie stets bemüht, Liebe, Fürsorge und Freude zu verbreiten. Mit Hingabe und Empathie widmete sie sich der Bildung der jüngsten Generation. Die ersten Grundsteine im Leben vieler Kinder und Familien legte sie mit einem Herzen voller Liebe. Ihr Lachen und ihre Wärme werden unvergessen bleiben, genauso wie ihre unermüdliche Energie und ihr kreativer Geist, der sie nicht nur zu einer geschätzten Kindergärtnerin, sondern auch zu einer tragenden Säule in unserer Gemeinschaft machte.
In unserem kleinen Giseladorf kannte jeder jeden. Und obwohl Anna viele Verehrer hatte, entschied sie sich für ihren Mischi. Im Februar 1963 gaben sich die beiden das Ja-Wort. Die beiden ergänzten sich gut. Anna war voller Tatendrang und sprudelte vor Ideen und Optimismus, Mischi war der ruhige und besonnene Part an ihrer Seite. 1966 kam ihre Tochter Astrid zur Welt. Als junges deutsches Ehepaar im kommunistischen Rumänien eine Existenz aufzubauen, war nicht leicht. Die Familie zog nach Lugosch, wo sie es mit Fleiß und Ehrgeiz schafften, beruflich weiterzukommen und ein Haus zu bauen. Der Wunsch nach Aussiedlung wurde aber immer größer und erfüllte sich im Jahr 1979. Der Neustart erfolgte in Augsburg, wo bereits mehrere Giseladorfer ein neues Zuhause gefunden hatten. Neben ihrer täglichen Arbeit putzte Anna noch in Arztpraxen, um wieder zu einem Eigenheim zu kommen. Das Haus wurde im Detail geplant und in vielen Arbeitsstunden mit sehr viel Eigenleistung errichtet. Es wurde auch ein Ort für große Familienfeiern, die Anna so sehr geliebt und genossen hat. Als perfekte Gastgeber haben Anna und Mischi ihre Gäste immer gerne verwöhnt.
Mit 38 Jahren machte Anna noch den Führerschein. Als Tochter Astrid mit ihrem Ehemann Ralf 1998 nach Kanada auswanderte, war das ein schwerer Moment für sie. An die neuen Gegebenheiten gewöhnte sie sich nur langsam. Aber sie lernte noch mit über 60 Jahren Englisch, um sich bei einem Besuch in Kanada gut verständigen zu können. Eigentlich wäre sie am liebsten nach Kanada gezogen, aber Mischi lehnte eine erneute Auswanderung ab. Die Freude über die Geburt ihres Enkels André im Jahr 2003 war riesengroß. Er war ihr großer Stolz, für den sie alles tat und den sie auch finanziell kräftig unterstützte.
Ein Herz für die Großfamilie und ein großer Drang zum Familienzusammenhalt zeichnete das Leben von Noni aus. Sie organisierte gerne große Familienfeiern und bestimmte auch, wie der Saal und die Tische geschmückt werden sollen. Selbst für ihren Leichenschmaus hatte sie beizeiten Anordnungen getroffen.
Nicht nur weil ihr Bruder Matz Egler jahrelang der Vorsitzende der HOG Giseladorf war, unterstützte sie unsere Heimattreffen durch kulturelle Beiträge. Noni-Tante war immer gut im Vorbereiten und hatte bis zuletzt Spaß am Organisieren. Ihre Ideen und Vorschläge fanden stets Anklang.
Im Oktober 2007 fand in Augsburg das 14. Heimattreffen der HOG Giseladorf/Panjowa, anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des Bestehens von Giseladorf und des 25-jährigen Jubiläums der Gründung der HOG statt. Unvergesslich bleibt wohl uns allen ihr Einsatz bei der 125-Jahr-Feier unseres Heimatdorfes. Noni-Tante marschierte beim großen Festumzug vorne mit den Kleinsten an der Hand in die Kirche. Die Lieder und Gedichte bei der Feier trug sie federführend vor. Der Höhepunkt des Abends war aber der Bändertanz, den Noni-Tante mit acht Paaren des Jahrgangs 1960 am Abend zuvor einstudiert hatte. Wir hatten alle Freude und Spaß bei den Vorbereitungen und nach der Aufführung war unsere Noni-Tante sehr zufrieden und stolz auf uns.
Am 13. April 2025, wieder ein Sonntag, verließ Anna Feitz ihre Lieben still, aber mit dem Wissen, geliebt, geehrt und bis zuletzt umsorgt gewesen zu sein. Beim Trauergottesdienst schauten viele ihrer ehemaligen Schützlinge in Liebe und Dankbarkeit auf das Leben der Verstorbenen zurück. Eine Präsentation beim Leichenschmaus mit alten Fotos aus der Kindergartenzeit in Giseladorf zeigte eine außergewöhnliche Frau, die viele von uns geprägt hat, und ließ uns in Erinnerungen schwelgen.
Der Rückblick auf ihr Leben zeigt, dass sie sich schon als kleines Mädchen durch einen starken Willen ausgezeichnet hat. Ihre stets aufs Neue selbstgesetzten Ziele verlor sie nie aus den Augen, auch wenn der Weg dorthin durch Hindernisse und Schwierigkeiten führte. Ihre optimistische Grundhaltung, ihre Entschlossenheit und ihr Durchhaltevermögen machten sie zu einer erfolgreichen Frau. Sie hatte große Ansprüche an sich selbst und an ihr Umfeld, welches sie immer mitprägte. Ihr letzte Reise wird unsere liebe Noni-Tante zurück nach Giseladorf führen, wo sie schöne und unbeschwerte Tage ihrer Kindheit und Jugendzeit und auch die ersten Ehe- und Arbeitsjahre verbracht hat. „Auf dem Giseladorfer Friedhof soll meine Asche ruhen!“ war ihr letzter Wunsch, den ihre Familie ihr erfüllen wird.
Uns Trauernden bleibt die Erinnerung an eine außergewöhnliche Giseladorferin, deren Leben von Liebe und Fürsorge, aber auch von Kreativität und Humor geprägt war. Danke für alles, was Du deinen Schützlingen im Kindergarten mit auf den Lebensweg gegeben hast. In unseren Herzen lebst Du weiter. Ruhe in Frieden, liebe Noni-Tante!