Auch in diesem Jahr traf sich am 14. März, einem Tag vor der großen HOG-Tagung in Frankenthal, unsere Frauengruppe – bestehend aus Frauen, die ehrenamtlich in der Landsmannschaft der Banater Schwaben tätig sind – zu einem gemeinsamen Ausflug. Wie schon in den vergangenen Jahren übernahm Maria Reinholz gemeinsam mit ihrem Ehemann Hans die Organisation des Treffens in Frankenthal – wie immer hervorragend und mit viel Liebe zum Detail. Für den diesjährigen Ausflug hatten sich die beiden etwas ganz Besonderes einfallen lassen: einen Besuch beim Pfalzmarkt in Mutterstadt. Schon auf der Hinfahrt war die Neugier groß. Viele von uns fragten: „Warst du schon mal dort?“, „Ist das ein Wochenmarkt?“, „Kommen da die Bauern persönlich und verkaufen ihre Ware?“
Die Erwartungen waren unterschiedlich – ich selbst hatte dabei den Gemüsemarkt in Temeswar vor Augen. Doch was wir dann tatsächlich zu sehen bekamen, übertraf all unsere Vorstellungen: eine hochmoderne Anlage mit riesigen Hallen, daneben unzählige Kühl-LKWs – ein logistisches Zentrum für Obst und Gemüse, wie man es sich kaum ausmalen kann.
In einem Raum, der an eine Schulklasse erinnerte, begrüßte uns Jürgen Kratochwill, ein junger und sehr freundlicher Mann und einer der Vertriebsleiter des Pfalzmarktes. Auf unsere Nachfrage hin erzählte er uns, dass seine Eltern aus Bogarosch stammen – was natürlich sofort ein Gefühl der Verbundenheit entstehen ließ. Es ist immer wieder schön, jemandem zu begegnen, der die gleiche Herkunft teilt. Danach übernahm uns sein fachkundiger Kollege Rainer Schaad zu einer sachkundigen und engagierten Führung durch die beeindruckenden Anlagen. Wir lernten, dass der Pfalzmarkt eine Genossenschaft und eine der wichtigsten Vermarktungsstellen für Obst und Gemüse in Deutschland ist, eine beeindruckende Drehscheibe für frische Produkte. Jährlich werden auf über 15000 Hektar Anbaufläche rund 230000 Tonnen Obst und Gemüse verarbeitet. Die regionalen Landwirte bauen mehr als 140 verschiedene Sorten an, darunter Spargel, Rhabarber, Erdbeeren, Radieschen und vieles mehr. Innerhalb von nur 24 Stunden gelangen die frisch geernteten Produkte vom Feld über den Pfalzmarkt bundes- und europaweit in den Handel. Auch im Bio-Segment ist der Pfalzmarkt mit etwa 30 Produkten vertreten. 250 Lastwagen verlassen täglich das Gelände – eine beeindruckende logistische Leistung. Die Pfalz wird zu Recht als die „Toskana Deutschlands“ bezeichnet. Die besondere geografische Lage, eingerahmt von Bergen, sorgt für ein Mikroklima, das den Anbau und die Ernte bis zu vier Wochen früher ermöglicht als in anderen Regionen Deutschlands. Die Produkte bleiben dort noch lange verfügbar, wenn anderswo die Saison schon vorbei ist.
Der Pfalzmarkt hat seine Standorte in Mutterstadt (dem Hauptsitz) und Hatzenbühl (dem ältesten Tabakdorf Deutschlands). Er bietet seinen 1400 Mitgliedern, davon rund 120 aktive Obst- oder Gemüseerzeuger, eine starke, wirtschaftlich stabile Verkaufsplattform. Diese müssen mindestens drei Viertel ihrer Produkte über den Pfalzmarkt verkaufen, der Rest darf direkt vermarktet werden. Der Pfalzmarkt übernimmt Vertrieb und Logistik, unterstützt die Landwirte aber auch bei der Pflanzenauswahl, der Nutzung von Pflanzenschutzmitteln, der Düngung und Fragen zur Zertifizierung. Auch das Leergutmanagement mit einem umweltgerechten Pfandsystem läuft über ihn. 2023 wurde eine neue Halle fertiggestellt: 30000 Quadratmeter groß, ausgestattet mit einem innovativen Gründach mit Solaranlage zur natürlichen Kühlung und mit drei großen Be- und Entladetoren. Hygiene und Qualität stehen dabei an oberster Stelle. Ohne Zertifizierung darf keine Ware geliefert werden und kurz vor der Ernte werden Proben im Labor auf Rückstände überprüft. Nur wenn alle Grenzwerte eingehalten sind, darf geerntet und geliefert werden. „Der Verbraucher bekommt das Beste auf den Teller“, versicherte uns Jürgen Kratochwill. Der Pfalzmarkt übernimmt außerdem das finanzielle Risiko im Handel: Während der Bauer sein Geld binnen einer Woche erhält, zahlen Händler in der Regel erst nach 45 Tagen – ein klarer Vorteil für die Erzeugerbetriebe. Als Fazit nahmen wir mit, dass der Pfalzmarkt ein Paradebeispiel für moderne, nachhaltige und leistungsstarke Landwirtschaft in Deutschland ist und die Pfalz zu Recht als Gemüsegarten Deutschlands gilt. Auch bezüglich Nachhaltigkeit und Artenvielfalt ist der Pfalzmarkt vorbildlich.
Für viele von uns war es ein sehr informativer Besuch. Wir haben nicht nur einen hochmodernen Betrieb kennengelernt, sondern auch gespürt, wie eng die Landwirtschaft mit unseren Lebensmitteln verbunden ist – und wie wichtig hier Organisation, Planung und Sorgfalt sind. Das hat uns auch wieder an das Banat erinnert, wo die Landwirtschaft ebenfalls eng mit unserem täglichen Leben verbunden war. Hinzu kam, dass die Bogaroscher Herkunft von Herrn Kratochwill unserem Besuch eine fast familiäre Note verlieh. Solche Momente zeigen uns immer wieder, wie lebendig unsere Gemeinschaft ist – auch weit entfernt von der alten Heimat. Und dann war sie auf einmal doch wieder so nah: Beim Verpacken des Obstes konnten wir den Arbeitern über die Schultern schauen – und sofort erkannten wir die vertrauten Klänge ihrer Sprache. Schnell war das erste Wort gewechselt, dann das nächste, und bald entspann sich ein lebhaftes Gespräch, als hätten wir uns schon ewig gekannt. Früher, so wurde uns berichtet, kamen viele Arbeitskräfte aus Polen – heute sind es überwiegend Menschen aus Rumänien und Bulgarien, die auf den Feldern und in den Hallen tätig sind. „Ohne diese Arbeitskräfte hätten wir alle nichts auf dem Tisch“, sagte unser Begleiter. Was wir gelernt haben: Wir können unser Obst und Gemüse bedenkenlos in den Supermärkten kaufen und es unseren Familien frisch und mit gutem Gewissen auf den Tisch stellen. Auch die großen Discounter setzen strenge Qualitätskontrollen voraus, sodass es nicht zwingend „Bio“ sein muss, um vertrauenswürdig und hochwertig zu sein.
Ein herzliches Dankeschön geht wieder an Maria und Hans Reinholz für die gelungene Organisation und an das Pfalzmarkt-Team für den offenen Empfang. Entspannt verlief danach auch unser Abendessen in der Betriebskantine, die der Koch speziell für unsere über 20köpfige Gruppe öffnete. Bei intensiven Gesprächen verbrachten wir danach noch einen lustigen und gemütlichen Abend in einem Tagungsraum des Hotels in Frankenthal.