Als wir Weihnachten letzten Jahres die Predigt mit den Segenswünschen in der Banater Post veröffentlichten, konnten wir noch nicht wissen, dass es die letzte von vielen sein wird, in denen sich Monsignore Andreas Straub über unsere Zeitung an seine Landsleute gewandt hat. In Windeseile und auf allen Medien verbreitete sich am Sonntag, 9. März, gegen Abend die Nachricht, dass Pfarrer Andreas Straub zum Herrn gerufen wurde.
Zum ersten Mal wurde Pfarrer Straub 1979 in der Banater Post (BP 24, Nr. 4 vom 15. April 1979) erwähnt. Die HOG Sanktanna dankt ihm für seinen Einsatz für die Gemeinde und die Kirche in Sanktanna: „Dem Hw. Herrn Pfarrer Andreas Straub, der schon mehr als 10 Jahre in Sanktanna als Seelsorger tätig ist, sei an dieser Stelle herzlicher Dank gesagt für seine unermüdliche Arbeit zum Wohle seiner Kirchenkinder.“
Bereits 1984 zelebrierte er beim Heimattag zusammen mit Prälat Dr. Josef Haltmayer am 10. Juni in der Donauhalle in Ulm den Festgottesdienst (BP 29, Nr. 13-14 vom 20. Juli 1984), 1986 hielt er zum ersten Mal die Festpredigt (BP 31, Nr. 12 vom 20. Juni 1986). Im Januar 1987 erschien ein Bericht (BP 32, Nr. 1 vom 5. Januar) zu seinem 25. Priesterjubiläum, welches er Ende 1986 feierte. Unzählig sind die Berichte über seine Teilnahme an den Treffen verschiedener Heimatortsgemeinschaften, bei denen er die Gottesdienste hielt, sowie seine Teilnahme an zahlreichen Wallfahrten, sei es an der Gelöbniswallfahrt nach Altötting, nach Ave Maria Deggingen, nach Ludwigshafen-Oggersheim, nach Ellwangen auf dem Schöneberg, nach Rottenburg-Nierderau, Vierzenheiligen, München-Ramersdorf, Retzbach, aber auch nach Maria Radna in seiner alten Heimat. Beim 25. Jubiläum des Seniorenzentrums Josef Nischbach in Ingolstadt am 13. Juli 2024 dankte Nikolaus Rennon Msgr. Andreas Straub für seinen unermüdlichen Einsatz für das Heim und seine Bewohner, für die ihm kein Weg zu weit war, um mit ihnen die Heilige Messe zu feiern.
Leben und Wirken
Am 3. August 1936 in Neuarad geboren, ist er in einer frommen Familie mit einem Bruder und einer Schwester aufgewachsen. In Arad besuchte er die Schule. Er begann zunächst ein Lehramtsstudium in Mathematik und Physik an der Universität Temeswar. Ein Jahr später, 1955, folgte er seiner Berufung und ging den Weg, den schon sein Bruder Franz eingeschlagen hatte, ins Priesterseminar Karlsburg/Alba Iulia. Am 8. Dezember 1961 wurde er dort vom Bekennerbischof Martin Aron zum Priester geweiht und hielt seine Primiz in seinem Heimatort Neuarad. Als junger Kaplan kam er nach Sanktanna, 1965 als Pfarrer nach Steierdorf. Fünf Jahre später wurde er erneut in die größte deutschsprachige Gemeinde des Banats berufen und wirkte insgesamt fast 20 Jahre als Pfarrer in Sanktanna. Dort arbeitete mit großem Eifer in der Seelsorge, reparierte die St.-Anna-Kirche, hielt Religionsunterricht für die Kinder und Jugendlichen in der kommunistischen Diktatur. Dank seines Vorbilds und unter seiner Leitung begannen oder beendeten einige Priesteramtskandidaten ihr Theologiestudium.
Den politischen Bedingungen jener Zeit geschuldet, führte ihn sein Weg ins Frankenland. Nach einer Einführungszeit wurde er Pfarrer der Pfarrei Heilige Familie in Münchberg, wo er 21 Jahre lang wirkte. In dieser Zeit wurde er Präses des Kolpingverbandes, Schuldekan (1983), Geistlicher Beirat des St. Gerhards-Werks in Stuttgart (1990), Sprecher der donauschwäbischen Priester und Gläubigen (1991) und seit 1996 Geistlicher Rat der Erzdiözese Bamberg. Am 1. März 1999 wurde er zum Visitator für die Seelsorge an den Donauschwaben und den Deutschen aus Südosteuropa ernannt.
Nach seinem Eintritt in den Ruhestand 2003 zog er nach Bayreuth, von dort fuhr er ohne Rücksicht auf sein Alter zu seinen Einsatzorten in Trockau und Büchenbach, später in Michelfeld, und überall hin, wo er gebraucht oder eingeladen wurde. Er engagierte sich weiterhin als Visitator für die Donauschwaben, beauftragt von der Deutschen Bischofskonferenz, und schrieb regelmäßig im Gerhards-Boten geistliche Impulse und Predigtanregungen für seine Mitbrüder. 2007 verlieh ihm Papst Benedikt XVI. die Würde eines „Monsignore“.
Pfarrer Straub hatte noch viele Pläne. Besonders freute er sich auf das Goldene Priesterjubiläum seines Schülers Andreas Reinholz aus Sanktanna, jetzt Seelsorger am Wallfahrtsort in Maria Radna. Er wollte wie vor 50 Jahren zur Primiz dort die Jubiläumspredigt halten. Nun konnte Domherr em. Andreas Reinholz nur noch an den Beerdigungsfeierlichkeiten in Bayreuth teilnehmen und die Botschaft des Heimatbischofs Josef Csaba-Pál überbringen.
Würdigung der Landsmannschaft der Banater Schwaben
Die Landsmannschaft der Banater Schwaben hat Pfarrer Andreas Straub für seinen unermüdlichen Einsatz und seine Verdienste um unsere Gemeinschaft mit der Verdienstmedaille in Gold und 2001 mit der Prinz-Eugen-Nadel, der höchsten Auszeichnung unserer Landsmannschaft, geehrt. „Bis ins hohe Alter blieb er seinen Landsleuten, unserer Gemeinschaft, seiner Heimat und seinen Mitmenschen eng verbunden“, schrieb Peter-Dietmar Leber, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben, „[er] blieb, wie er es selbst gerne formulierte, als Pfarrer i.R. stets der „Pfarrer in Reichweite.“
In seinem Nachruf im Anschluss des Requiems sagte Hans Hümmer, Kirchenpfleger und Wegbegleiter für die Pfarrgemeinden Trockau und Büchenbach: „Hochwürdigen Herrn Pfarrer Straub ist es überall, wo er tätig war, gelungen, viele als Volk Gottes zu versammeln und sie fähig zu machen, ihren Alltag in der Treue zu Gottes Gebot zu bestehen. Er hat das Evangelium mit seinen Lebensfarben ausgemalt. Er konnte die Farben mischen und ist selbst zu einem Bild geworden. Vor allem aber konnte er mit der Kraft seiner Gedanken die frohe Botschaft hineinbuchstabieren in unsere Zeit und so zur Sprache werden, für die, die auf etwas warten, was dem Leben Hoffnung und Sinn verleiht.“
Mit ins Grab gab ihm der Stellv. Vorsitzende im St. Gerhards Werk Stuttgart Josef Lutz ein Säckchen mit Heimaterde aus Maria Radna: „Eine Hand voll Heimaterde aus dem Banat, aus Maria Radna in seiner Ruhestätte soll unseren sehr geschätzten Priester Andreas Straub in die Ewigkeit begleiten. Heimaterde ist so gut, weil darin Mühe und Beschwerde der Väter und Ahnen ruhen.“
Gemeinsam würdigten Dekan Karl Zirmer und Pfarrer Paul Kollar seitens des Südostdeutschen Priesterwerks, des Gerhardsforums München und des St.-Gerhards-Werks Stuttgart Pfarrer Straub für seine Verdienste zur Förderung von Priesterberufen, für seine Unterstützung auf dem Weg zum Priesterberuf, für seine Vorbildfunktion als Priester, für sein vorbildhaftes pastorales Wirken und seinen Ideenreichtum. Er habe „in seinem langen Priesterleben viele Veränderungen erlebt und war immer bereit, diese als Herausforderungen anzunehmen und darauf angemessen zu reagieren.“
Im Gerhardsforum München und dem St.-Gerhards-Werk Stuttgart hat ihn die Verantwortung für die Wallfahrten mit vielen seiner Landsleute zusammengeführt. Für ihn war dies ein Dienst, mit dem er voll und ganz als Priester, Seelsorger, Kollege, Landsmann und Mitchrist für viele da war, denen er sein Leben, den priesterlichen Dienst und die Seelsorge widmete. Besonders am Herzen lagen ihm zeitlebens seine Landsleute. „Andreas Straub war für unsere Gemeinschaft, die Landsmannschaft der Banater Schwaben, unermüdlich im Einsatz und hatte seine großen Verdienste für die Landsmannschaft. Als Visitator der Donauschwaben und Deutschen aus Südosteuropa hat er vielen Landsleuten dazu verholfen, in der Kirche in Deutschland Anschluss und wieder eine Beheimatung zu finden“, so die beiden Priester in ihrem Nachruf.
Beim Requiem für Msgr. Andreas Straub am 17. März 2025 in Bayreuth in St. Hedwig sagte sein langjähriger Weggefährte und Freund Msgr. Dr. Josef Zerndl aus Scheßlitz: „So fehlt er uns, aber er ist in Frieden! Seine Augen durften in der Feier der Eucharistie, in der Spendung der Sakramente und in den Begegnungen seiner Gemeinden das Heil schauen, das den Menschen auch heute gut tut und sie vor der Hoffnungslosigkeit und der Sinnlosigkeit einer rein technokratischen Weltordnung bewahrt. Ihn im Frieden Gottes zu wissen, tröstet auch uns.“
Noch im letzten Jahr am 14. Juli 2024 nahm er an der 63. Gelöbniswallfahrt der Donauschwaben in Altötting teil und segnete am Ende der Wallfahrt die von den Pilgern erworbenen Andachtsgegenstände. Die Banater Post berichtete: „Mit seinen 88 Lebens- und 63 Priesterjahren hat er diese Segnung heuer zum einunddreißigsten Mal vorgenommen (BP 68, Nr. 15 vom 5. August 2024). Wie oft er noch kommen würde, könne er nicht sagen, meinte er damals. Nun hat er seine letzte Pilgerreise in die ewige Heimat angetreten. Möge ihm dort alles vergolten werden, was er auf Erden gewirkt hat!
Würdigung der HOG Sanktanna
Msgr. Andreas Straub, unser Heimatpfarrer, hat sein Leben in den Dienst Gottes und der Menschen gestellt. Erst im Rückblick erkennen wir die Tiefe seines Wirkens und die Spuren, die er in unserer Gemeinde hinterlassen hat. Sein Wirken in Sanktanna und für die Heimatortsgemeinschaft Sanktanna möchte ich im Folgenden würdigen – wohl wissend, dass es immer nur ein Ausschnitt sein kann.
Pfarrer Straub war ein glaubwürdiger Zeuge des Evangeliums – er lebte, was er verkündete. In seinen Jahren als Seelsorger in Sanktanna gab er dem kirchlichen Leben neue Impulse und leitete einen spürbaren Aufbruch ein. Sein engagierter Einsatz für den Religionsunterricht war im Banat der damaligen Zeit ein Novum – und unter kommunistischen Bedingungen bemerkenswert mutig. Seine Gottesdienste waren lebendig und mitreißend, seine Predigten theologisch fundiert, direkt, oft herausfordernd – aber immer aufbauend und ermutigend. Mit neuen Akzenten in der Sakramentenbereitung und der Förderung der Kirchenmusik hat er das Glaubensleben in Sanktanna nachhaltig geprägt.
Er war auch die treibende Kraft hinter der umfangreichen Innen- und Außenrenovierung der Kirche (u.a. Elektrifizierung Glockengeläut und Turmuhr, Einbau Heizung, Umbau der Kirchenräume). Trotz Schwierigkeiten – Baumaterialmangel, Zollbeschlagnahmung der gestifteten Heizung u.a. – fand er immer einen Weg. Auf seine Initiative hin wurde das Bildprogramm der Kirche erweitert: Szenen aus dem Leben Jesu und die Sakramentenreihe wurden hinzugefügt, die Seitenschiffe ausgemalt. Dazu entwarf er das Konzept, das die Erfüllung der Verheißungen des Alten Testaments im Neuen Testament gegenüberstellt.
Pfr. Straub war Seelsorger mit Leib und Seele. Immer ein offenes Ohr für seine Landsleute, begleitete er viele in Krisen, spendete Trost und war ein verlässlicher Ratgeber. Für viele blieb er auch nach seiner Zeit in Sanktanna jahrzehntelang geistlicher Begleiter, Seelsorger und Freund.
Msgr. Straub blieb uns Landsleuten eng verbunden. Bei jedem Heimattreffen der HOG Sanktanna war er dabei, zelebrierte die Gottesdienste und begleitete unsere Wallfahrten. Begegnung war seine Lebensphilosophie nach M. Buber: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ Dies leitete sein Handeln als Brückenbauer und Netzwerker, stets respektvoll und mit offenem Herzen.
Msgr. Andreas Straub lebte in tiefer Christusverbundenheit, so trug sein Wirken reiche geistliche Früchte. Allein in den zehn Jahren seines Dienstes in Sanktanna entstanden sechs Priesterberufungen (die Priester: A. Reinholz, F. Marksteiner +, J. Hell, K. Zirmer, M. Henger und J. Tänzler).
Mit Dankbarkeit denken wir an Msgr. Straub, der uns mit ganzer Kraft, Humor und Tiefgründigkeit das Wort Gottes erschloss, das Evangelium verkündete und uns Christus nahebrachte. Wir nehmen Abschied von einem herausragenden Priester, liebevollen Seelsorger und treuen Freund. Doch sein Wirken bleibt in unseren Herzen, seine Worte klingen in uns nach. Er war der gute Hirte, der uns ermutigte, die Kompassnadel unseres Lebens auf Christus auszurichten. Nun müssen wir ihn ziehen lassen. Sein Platz bleibt leer. Aber seine Worte, seine Liebe zur Gemeinschaft, sein Glaube und sein unermüdliches Wirken bleiben lebendig. Wir danken Msgr. Straub für seine Verkündigung, seine Arbeit, seine Freundschaft. Er ruhe in Frieden. Möge er nun finden, was er sein Leben lang verkündet hat: „Pax et Gaudium“ – Friede und Freude in Gott.
Würdigung der HOG Neuarad
Msgr. Andreas Johann Straub ist tot. Als letzter Heimatpriester war er für uns, seine Neuarader Landsleute, ihr seelisches Bindeglied. Wie es die HOG jahrzehntelang verstand, sich organisatorisch immer wieder zusammenzubringen, so wurden wir von ihm dabei mit seiner Präsenz belohnt. Sein Auftreten, allein seine Stimme, seine Worte, erinnerten uns an eine wunderbare Zeit, die uns heimatverbunden und engvertraut war. Ebenso verstand er es, uns in unseren Lebensphasen als Jubilare jahrgangsweise mit seinen Worten im Herzen zu erreichen. Dabei fühlten wir uns stets geehrt. Seine Ansprachen, seine Predigten oder auch einfach nur sein Lächeln, ja, sie werden uns fehlen.
Am 4. August 1936 wurde Andreas Straub als jüngstes von drei Kindern in einer röm.-kath. Familie in Neuarad geboren. Die Mutter war sehr fromm und begabt und erzog ihre Kinder zu aufrechten Menschen. Sie hatte ihm zur Primiz ein Büchlein mit dem Titel „Primizkrone – Sterbekranz“ geschenkt. Das dies sich einmal wortwörtlich erfüllen wird, konnte er damals nicht ahnen. Gleichwohl füllte er die Zeit dazwischen mit 60 Jahren als Diener im Weinberg seines Herrn.
Er lebte und wirkte treu seinem Primizspruch: „Auf dich, o Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. / In Ewigkeit werde ich nicht zuschanden!“ (aus der Te Deum – Übertragung nach Romano Guardini)
Was er an Gutem gedacht und bewirkt hat, möge ihm vergolten werden mit ewiger Ruhe in Gottes Frieden.