Dieser Ausspruch eines ehemaligen Studienkollegen („Un suflet tolbă de muzică“) zu Jakob Konschitzky erfasst eine wesentliche Seite in dessen Leben und Wirken. Als Musikerzieher und Musiker verstand und lebte er die Musik tagtäglich als wichtigste Form der Begegnung und Kommunikation mit der ihn umgebenden Welt. Ein Leben mit Musik, das war der Traum der Kindheit und frühen Jugend des am 29. September 1937 in Bakowa geborenen Jakob Konschitzky.
So war es für ihn eine große Enttäuschung, dass er 1955 nach dem Abschluss des Temeswarer elektrotechnischen Lyzeums mit deutscher Unterrichtssprache (an dem so namhafte Lehrer wie Dr. Johann Wolf, Dr. Hans Weresch und Dr. Hans Reichel wirkten) das angestrebte Musikstudium aus familiären Gründen nicht antreten konnte: Der Vater war nach zehnjähriger Abwesenheit infolge der Kriegsteilnahme und sieben Jahren russischer Kriegsgefangenschaft erst 1951 heimgekehrt, die Mutter hat in dieser Zeit die vier Kinder allein aufgezogen. Nun waren die Eltern dabei, nicht nur ein neues Haus, sondern auch ein neues Leben für ihre Familie aufzubauen. Notgedrungen nahm er seine musikalische Ausbildung selbst in die Hand, betrieb sie intensiv und wirkte zielgerichtet dahin, dass ihm der Umgang mit Musik einmal zum Beruf werde. Doch schon damals wurde deutlich, dass sie für ihn Berufung war. Nach dem langen Umweg von drei Jahren aufreibendem Militärdienst in der rumänischen Armee und anschließend zwei Jahren Tätigkeit als Elektrotechniker – zunächst im Bauwesen, dann an der Temeswarer Oper – konnte er 1962 das Studium an der Musikfakultät doch noch aufnehmen. Die Musikbegeisterung sollte fortan sein Leben und Wirken bestimmen.
Im Alter von neun Jahren hatte er 1946 bei Kantor Josef Lipp in Bakowa mit dem Harmonium- und Orgelunterricht begonnen, das Akkordeonspiel brachte er sich später selbst bei. Nach weniger als einem Jahr spielte er bereits Messen an der Wegenstein-Orgel in der Dorfkirche und seit 1948 half er in der Akkordeonschule mit, die jüngsten Teilnehmer zu unterrichten. Diese frühe Erfahrung kam ihm zugute, als er zwischen 1960 und 1966 im Kulturheim der Großgemeinde Liebling selbst eine Akkordeonschule mit Dutzenden Schülern unterhielt. In dieser Zeit leitete er in den Winter- und Sommerferien bei den anspruchsvollen Kulturdarbietungen der Studenten und Mittelschüler aus Bakowa zusammen mit Lehrer Josef Gilde das Orchester. Unter dem Einfluss seines hochgeschätzten Hochschullehrers Nicolae Ursu begann er Banater deutsches Liedgut, gelegentlich auch rumänische Folklore aufzuzeichnen. Dieser Arbeit widmete er sich auch später mit Hingabe, insbesondere während seiner Banat-Aufenthalte Mitte der 1970er bis Ausgang der 1980er Jahre, als er zusammen mit seinem Bruder Walther in zahlreichen Ortschaften hunderte Lieder aufgezeichnet hat.
Im Herbst 1965 kam Jakob Konschitzky als Musikerzieher nach Perjamosch, baute dort einen großen Schülerchor auf und führte Musikanten aus dem Ort nach jahrelanger Unterbrechung wieder zu einer erfolgreichen Blaskapelle zusammen. 1969 wurde er auch Gründungsmitglied des Temeswarer Schubert-Chors.
Nach drei Jahren Wartezeit erhielt er 1968 von der rumänischen Behörde die Genehmigung zur Eheschließung mit der aus Modosch im Westbanat stammenden Studienrätin Edith Kausch aus München. Die standesamtliche Trauung fand am 5. November 1968 in Busiasch statt, am 4. Januar 1969 wurde das Paar von Ordinarius Konrad Kernweisz, einem Verwandten der Braut, in der katholischen Pfarrkirche in Bakowa getraut. Die Ausreise nach Deutschland wurde Jakob Konschitzky aber erst ein halbes Jahr später gestattet. 1970 wurde in München die Tochter Sigrid, heute Lehrerin, geboren, 1972 der Sohn Wolfram, der nach dem Abschluss des Architekturstudiums an der Technischen Universität München das Theologiestudium in Rom aufnahm, wo er 2011 zum Priester geweiht wurde.
Aktiv für die alte Heimat
Jakob Konschitzky war über vierzig Jahre lang Musikerzieher an der Städtischen Sing- und Musikschule München und gehörte jener Gruppe von Kollegen an, die Carl Orff in der Studienzeit in München persönlich kennengelernt und die später das Orff-Schulwerk im Unterricht erfolgreich eingesetzt haben. Ende der 1970er Jahre gründete er im Übergangswohnheim in der Münchner Ostermayerstraße eine Singgruppe mit Aussiedlern aus dem Banat. Auf sein Betreiben hin konnten junge Mitglieder dieser Gruppe ab 1981 ihre Tätigkeit im Haus des Deutschen Ostens als Banater Jugendgruppe München entfalten, wo den Mitwirkenden neben dem musischen Wirken in Vorträgen auch ein vielseitiges Wissen über das Banat und über die Geschichte und Kultur der Banater Schwaben vermittelt wurde. Dies war ihm ein großes Anliegen. 1981 organisierten Stefan Ruttner und er das erste Skilager der Münchner Jugendgruppe im Haus Altvater bei Brixen in Südtirol, das in der Folgezeit Jahr für Jahr veranstaltet wurde und sich großer Beliebtheit erfreute.
1978 gründete Jakob Konschitzky die Heimatortsgemeinschaft Bakowa in Deutschland. Als ihr erster Vorsitzender organisierte er zusammen mit Studiendirektor Alfred Huth mit Umsicht die Tätigkeit dieser Herkunftsgemeinschaft bis 1983, als sie die Leitung an Konrad Formanek jun. und Ernst Bayerle, Vertreter der nächsten Generation, übergaben.
Musiker und Komponist
Zu seiner vielfältigen Kulturarbeit innerhalb des Kreisverbandes München und des Landesverbandes Bayern der Landsmannschaft kam 1978 seine Mitwirkung als Trompeter in der Original-Donauschwaben-Blaskapelle hinzu. 1984 wurde er zum Kapellmeister dieser erfolgreichen Musikformation gewählt. Für die Kapelle hat er Sätze zu zahlreichen bei seinen Landsleuten beliebten Musikstücken wie „Erinnerungen an Herkulesband“ oder „Kathi-Ländler“ geschaffen, zu dem die Münchner Jugendgruppe eine eigene Choreografie erarbeitet hat. Dieser Tanz ist inzwischen zu einem der „Gemeinschaftstänze“ geworden und wird von allen Banater Gruppen, oft auch zusammen, aufgeführt. Seine bekannteste eigene Komposition wurde „Frühling im Banat“, die 1989 auch auf der Schallplatte zum 25jährigen Jubiläum der Kapelle erschien. Nach langem hingebungsvollem Wirken musste er in den 1990er Jahren jedoch mit großem Bedauern den starken Rückgang der Banater und donauschwäbischen Großveranstaltungen wahrnehmen. Immer weniger Verbände konnten sich eine so große Kapelle noch leisten, so dass es 2002 zu ihrer Auflösung kommen musste.
Mitglied des AK Südost
Engagiert hat er sich für die Bekanntmachung der Werke deutscher Komponisten aus dem Banat und Siebenbürgen eingesetzt, insbesondere als Mitglied des Arbeitskreises Südost im „Institut für deutsche Musik im Osten“ in Bergisch Gladbach. Als Dr. Franz Metz im Jahr 2000 die „Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa“ in München initiierte, war er Mitbegründer dieser Arbeitsgemeinschaft und nahm an den „Löwensteiner Musizierwochen“ wiederholt als Referent und Leiter von Arbeitsgruppen teil.
Jakob Konschitzky, von seinen Fachkollegen als ein begnadeter Musiker, als arbeitsamer, einfallsreicher Musikerzieher und als erfolgreicher Kapellmeister und Volksgutsammler geschätzt, verstarb am 22. Januar 2025 im Alter von 87 Jahren in München. Die Heimatortsgemeinschaft Bakowa trauert um ihr Gründungsmitglied und spricht den Hinterbliebenen ihr innigstes Beileid aus.