Wenn vor 20, 30 oder 40 Jahren der Name Franz Andor fiel, so dachten die Banater Schwaben ans Reisen. Denn es gab wohl keinen Kreisvorsitzenden der Landsmannschaft, der für seine Landsleute so viele Busreisen zu Zielen in Deutschland und im europäischen Ausland organisiert hat wie der ehemalige Münchner Kreisvorsitzende. Da fuhren auch schon mal drei Busse nach Italien, vier Busse nach Lourdes, zwei nach Griechenland. Das war oft Eingliederungsarbeit, weil immer auch einheimische Reiseteilnehmer zu seinen Gruppen gehörten. Gelegentlich wurde daraus Brauchtums- und Kulturarbeit. Denn wo es nur möglich war, wurde bei diesen Reisen auch Geschichte und Kultur der Banater Schwaben vermittelt. Das hatte zur Folge, dass die Fahnenabordnung des Kreisverbandes München zu Festen in den Bayerischen Wald eingeladen wurde, dass die Münchner Trachtengruppe in Südtirol und Österreich auftrat, dass Beziehungen zu anderen Vereinen und Einrichtungen aufgebaut wurden. Das Sahnehäubchen bildet in dieser Aufzählung das Knüpfen enger Beziehungen zur Gemeinde Herrischried und deren Vereinen. Was sich daraus innerhalb weniger Jahre entwickelt hatte, wurde danach nicht mehr erreicht, es konnte leider nicht aufrechterhalten werden.
Franz Andor gehörte nie zu den Lautstarken in unserer Landsmannschaft und er stand lieber in der dritten oder vierten Reihe. Dort, wo seine Landsleute standen, mit denen er sich verbunden fühlte. Erst zögerlich, bald jedoch auf sämtlichen Ebenen unserer Landsmannschaft, übernahm der gebürtige Deutschbentscheker nach seiner Ausreise Verantwortung für seine Landsleute. „Landsmannschaft hatte ich nicht gelernt“, erzählt der ausgebildete Techniker heute. Aber er hörte seinen Landsleuten genau zu, organisierte gerne und setzte dementsprechend die Prioritäten seiner Arbeit fest.
Als eines der wichtigsten Ziele landsmannschaftlicher Arbeit betrachtete er stets die Eingliederung in Deutschland. So lud er immer wieder Bayern zum Großen Schwabenball in München ein, daraus entwickelte sich eine Patenschaft des Kreisverbandes mit dem bayerischen Trachtenverein Waldfrieden Großhadern. Dass zu den Alemannen im Hotzenwald, der Heimat mancher Auswanderer in das Banat im 18. Jahrhundert, eine neue Brücke geschlagen werden konnte, dass die dortigen Vereine sich des Themas Banater Schwaben annahmen, es auch zu ihrem machten, ist ein Beispiel, wie ertragreich landsmannschaftliche Arbeit sein kann. Dem Gedenkstein an der Kapelle, der an die Vorfahren der Banater Schwaben erinnert, folgten weitere vier Steine, auf denen die wichtigsten Stationen unserer Geschichte festgehalten wurden. In der Kirche steht eine Madonna aus dem Banat, in der Gemeinde gibt es einen Banater Weg, die großformatige Dokumentation unserer Geschichte des Malers Julius Stürmer wartet darauf, entdeckt zu werden. Begonnen hatte alles mit dem Roman „Verena Enderlin“ von Gerda von Kries, den Andor neu verlegte und davon über 3000 Exemplare verkaufte. Viele weitere Projekte waren angedacht, aber mittlerweile muss man auf diesem Gebiet von einer „Neuentdeckung“ sprechen. Wer hätte das damals gedacht?
Franz Andor hat seine Landsleute auf ihrem gesellschaftlichen Weg der Integration umfassend begleitet und unterstützt. Der ehemalige Kreisvorsitzende München, Stellvertretende Landesvorsitzende Bayern und Stellvertretende Bundesvorsitzende lebt heute zurückgezogen in seinem Haus im Landkreis Erding. Vom Reisen kommt er nicht los, heute sind es Tagesfahrten mit der Bahn. Seine Frau Traudel ist bereits gestorben, um Haus und Garten kümmert er sich selbst. Wenn man ihn anruft, freut er sich, nur ist die Zahl seiner Weggefährten in der Landsmannschaft merklich geschrumpft. Am 29. März hat Franz Andor die 90 erreicht. Wir wünschen ihm alles Gute!