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CSU-Empfang: Aussiedler waren immer deutsche Landsleute

Gruppenbild beim CSU-Empfang in München zum Thema „80 Jahre Flucht, Vertreibung, Deportation: Erinnerung – Gegenwart – Zukunft“, von links: Thomas Şindilariu, Josef Zellmeier, Steffen Hörtler, Klaus Holetschek, Dr. Bernd Fabritius, Dr. Petra Loibl, Dr. Markus Söder, Bernard Gaida, Norbert Kapeller, Martin Schöffel, Ulrike Scharf, Eric Beißwenger. Foto: CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag

Beim CSU-Empfang, v.l.: Rainer Lehni, Mihaia-Mălina Diculescu-Blebea, Brunhilde Reitmeier-Zwick, Ulrike Scharf, Dr. Petra Loibl, Peter-Dietmar Leber, Thomas Şindilariu. Foto: Rainer Lehni

Veranstaltungen von Parteien für Interessengruppen laufen gerade vor Wahlen Gefahr, in ein bestimmtes Licht gestellt zu werden. Man wolle potenzielle Wählergruppen mobilisieren, mache Versprechen, die nicht gehalten werden können, sind gängige Vorwürfe. Und natürlich gibt es Bevölkerungsgruppen, die bestimmten Parteien eher näher stehen als anderen. Ob die große Gruppe der deutschen Vertriebenen, hier muss man besser von deren Nachkommen reden, aber auch der Aussiedler und Spätaussiedler noch als feste Wählergruppe für die Unionsparteien gelten kann, sei dahingestellt. Fakt ist aber, dass die Union über Arbeitsgruppen in Partei und Fraktionen nach wie vor ein besonderes Verhältnis zu dieser Gruppe pflegt, in den Wahlprogrammen immer wieder deren Themen aufgreift und in die parlamentarische Arbeit einbringt. In Bayern weist auch die SPD über die Seliger-Gemeinde sozialdemokratischer Sudetendeutscher eine Nähe zu den Vertriebenen auf. Bei den Aus- und Spätaussiedlern war dies jedoch aufgrund deren Erfahrungen im real existierenden Sozialismus und den Ausfällen von Oskar Lafontaine nicht auf Gegenliebe gestoßen. Bei den Grünen im Bayerischen Landtag gibt es auch eine Vertriebenenpolitische Sprecherin, Gülserem Demirel, mit einer beispielhaften Integrationsleistung. Den Schwerpunkt ihrer Arbeit machen die Migrationsprobleme der Gegenwart aus. Das Mandat in ihrem Stimmkreis hatte früher Andreas Lorenz, sudetendeutscher Herkunft. Als CSU-Abgeordneter hatte er dafür gesorgt, dass unsere Landsmannschaft den großen Empfang im Landtag mit einer Ehrung der damaligen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, einem Festvortrag von Prof. Dr. Anton Sterbling und dem ersten Auftritt der Banater Dorfmusikanten München, damals noch unter der Leitung von Helmut Baumgärtner, veranstalten konnte.

Am 18. Februar war der Große Senatssaal im Bayerischen Landtag mit 250 Gästen wieder bis auf den letzten Platz gefüllt. „80 Jahre Flucht, Vertreibung, Deportation: Erinnerung – Gegenwart – Zukunft“ war das große Thema für den Empfang der CSU-Fraktion. Eingeladen hatten der Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek und der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Vertriebene, Aussiedler und Partnerschaftsbeziehungen Josef Zellmeier. Ersterer hat sudetendeutsche Wurzeln, letzterer karpatendeutsche, ist sogar deren Landesvorsitzender in Bayern. Und gekommen war von der CSU im Landtag, was Rang und Namen hat: Ministerpräsident Dr. Markus Söder, Sozialministerin Ulrike Scharf, Europaminister Eric Beißwenger, die Aussiedlerbeauftragte Dr. Petra Loibl, der Integrationsbeauftragte Karl Straub, Staatssekretäre, Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Rumänien war durch die Generalkonsulin in München Mihaia-Mălina Diculescu-Blebea vertreten.

Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder bekannte: „Die Vertriebenen und Aussiedler sind ein starker Teil Bayerns. Sie waren immer deutsche Landsleute, deren Identität, Sprache und Kultur fortleben. Als Staat sind wir verpflichtet, aus der Geschichte zu lernen und uns überall in der Welt für unsere Landsleute einzusetzen.“ Söder erinnerte an seine zahlreichen persönlichen Begegnungen mit Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen in seiner Heimatstadt Nürnberg, deren Landsmannschaften er als zahlendes Mitglied angehörte, lange bevor er Ämter innehatte. Bei großen Treffen der Landsmannschaften und der Heimatortsgemeinschaften sei er immer wieder von der Gemeinschaft, der Lebensfreude, der Kultur und dem Optimismus beeindruckt gewesen. „Der Optimismus ist auch die Basis für die Aussöhnung ohne Rache. Heute bestehen freundschaftliche Kontakte zu all unseren Nachbarländern. Wir alle sind Europäer mit gemeinsamen Werten. Es ist wichtig, diese Gemeinsamkeiten zu finden, Brücken zu schlagen und einen Beitrag zu leisten, um die Welt besser zu machen. Die Vertriebenen und Aussiedler sind hier Vorbilder. Danke für die große Leistung! Auch der Bund muss die Interessen der Vertriebenen und Aussiedler wieder stärker berücksichtigen. Dafür werden wir uns einsetzen, denn Bayern steht zu den Vertriebenen und Aussiedlern“, so der Ministerpräsident. Die CSU werde die Interessen der Vertriebenen und Aussiedler auch in Berlin vertreten. Hier sprach der Ministerpräsidenten konkret BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius an, der für ein Mandat im Bundestag kandidierte. „Bleibt wie ihr seid, Bayern braucht euch“, bekräftigte Söder.

Fraktionschef Klaus Holetschek machte in seiner Begrüßung deutlich, wie wichtig die Leistungen der Heimatvertriebenen und Aussiedler waren und immer noch sind. „Sie haben einen wesentlichen Anteil daran, dass Bayern zu einem modernen und wohlhabenden Freistaat wurde. Gleichzeitig werden wir ihr Schicksal niemals vergessen. Flucht und Vertreibung sind immer eine menschliche Tragödie, damals wie heute. Wir müssen weiter wachsam sein und unsere europäischen Werte entschlossen verteidigen,“ sagte Holetschek, dessen Eltern aus Marienbad stammten und mit denen er gemeinsam dort gewesen ist. „Das geistige und kulturelle Erbe der Vertriebenen ist dabei ein wichtiger Schatz und Auftrag zugleich,“ schloss der Fraktionsvorsitzende.   

Staatsministerin Ulrike Scharf würdigte in ihrem Beitrag die Lebensleistung der Vertriebenen und Aussiedler und wie wichtig es sei, die Erinnerung an das Schicksal wachzuhalten und auch für künftige Generationen begreifbar zu machen. Auf diesem Gebiet geht Bayern mit gutem Beispiel voran, werden doch aus ihrem Ministerium die Kulturwerke der Landsmannschaften der Banater Schwaben, der Deutschen aus Russland, der Donauschwaben und der Siebenbürger Sachsen in Bayern finanziert. Bewusst hatte man die Landsmannschaften der Aus- und Spätaussiedler so hervorgehoben.

Podiumsdiskussion

Äußerst interessant gestaltete sich die anschließende Podiumsdiskussion, von Dr. Petra Loibl und Josef Zellmeier moderiert. Die Veranstalter hatten nämlich mit Norbert K. Kapeller, Präsident des Verbands der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ), und Thomas Şindilariu, Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen der Regierung Rumäniens, die Perspektive geweitet. Österreich habe sich weniger als Aufnahmeland, sondern als Transitland begriffen. Insgesamt 350000 deutsche Vertriebene sind in Österreich geblieben. Erst 1994 habe der Staat Mittel für ein Haus der Heimat in Wien zur Verfügung gestellt. Vor zwei Jahren sei es durch einen Brand teilweise zerstört worden. Man wolle es wieder aufbauen und zur Heimstätte von elf Landsmannschaften machen, die Bestände digitalisieren und Geschichte für junge Leute virtuell erfahrbar machen. „Wir dürfen uns nicht auch noch aus unserer Geschichte vertreiben lassen,“ schloss Kapeller.

Redegewandt wie immer der aus Kronstadt stammende Historiker Thomas Şindilariu, Unterstaatssekretär in Bukarest, die Mutter lebt in Deutschland. Er unterstrich die Bedeutung des deutschen Schulwesens in Rumänien („Struktur schafft ihre Kinder.“), welches von Deutschland gefördert werde. Diese Schüler in einer offenen Gesellschaft seien die Zukunft. Als einziger Diskussionsteilnehmer konnte Şindilariu auf die großzügigen Entscheidungsleistungen Rumäniens für ehemals politisch Verfolgte und deren Kinder während des Kommunismus verweisen. 226000 Bescheide sind eine stattliche Zahl und die Gelder kommen nicht von der EU, wie manchmal kolportiert wird sondern aus dem rumänischen Staatshaushalt.

In bewegten und bewegenden Sätzen schilderten der BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer und der Landesvorsitzende Bayern der Sudetendeutschen Landsmannschaft Steffen Hörtler ihre jeweilige Vertriebenen-Familiengeschichte. Der rote Faden in ihrer und so vielen anderen Geschichten ist, dass sich irgendwann viele Vertriebene ihrer Geschichte öffnen. Es sei wichtig, dass sie dann auch ein Angebot vorfänden. Bayern stelle dafür zehn Millionen Euro im Jahr im Haushalt für die Vertriebenen und Aussiedler zur Verfügung, sagte der BdV-Landesvorsitzende. Er ermutigte, mit der Familie in die Heimatgebiete zu fahren, Flucht- und Familiengeschichten aufzuschreiben, diesen Teil der Geschichte anzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen.

Josef Zellmeier betonte, dass die deutschen Heimatvertriebenen und Aussiedler gemeinsam mit den deutschen Minderheiten in den Nachbarstaaten Deutschlands wegweisende Brückenbauer für die europäische Einigung seien. „Diese Brücken sind in der heutigen Zeit wichtiger denn je, wenn in Europa und anderswo Frieden und Freiheit bedroht sind,“ sagte Zellmeier.

Daran, dass „die herausragenden Aufbauleistungen der Heimatvertriebenen nach Kriegsende und die schnelle Integration der Spätaussiedler die Grundlage für ein modernes Bayern in Wohlstand und Frieden gelegt“ haben, erinnerte die Aussiedlerbeauftragte Dr. Petra Loibl. „Unser Auftrag ist es, dieses Erbe zu bewahren und weiterzugeben. Gerade in aufgewühlten Zeiten wie diesen,“ bekräftigte sie.

Die Stimme der Aussiedler und Spätaussiedler war bei dieser Veranstaltung vor allem eine musikalische. Die Original Banater Dorfmusikanten spielten hervorragend unter der Leitung von Walter Prinz auf. Im Foyer beim anschließenden Empfang sang Helena Goldt, eine Sängerin aus den Reihen der Russlanddeutschen. Unsere Landsmannschaft war beim Empfang durch den Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber und die Kreisvorsitzenden von Augsburg Dr. Hella Gerber und Landshut Hans Szeghedi vertreten, das Kulturwerk Banater Schwaben Bayern durch den Kulturreferenten Michael Nusser. Aber die schönsten Stimmen Banater Stimmen kamen diesmal von unseren Dorfmusikanten.