„Nie versagen! Arbeiten! Kämpfen! Und hoffen!“ Diesen Imperativ gebrauchte Dr. Stitzl in seinem Vorwort zur Monografie über die „Großgemeinde Rekasch“ von 1924. Neben einer Festschrift haben wir diese Monografie anlässlich der 300-Jahr-Feier der Rekascher Ansiedlung neu aufgelegt. Erwin Lehretter will Stitzls Worte als Motto für uns Rekascher übernehmen, weil sie auch heute noch so wunderbar unser Wesen beschreiben.
An die 300-Jahr-Feier erinnerten wir Rekascher am 28. September 2024 in Karlsruhe, fern der alten Heimat. Wir feierten diesmal ohne Festmesse, ohne Jahrmarktstreiben, ohne Rekascher Trachtenpaare. Zu unserer Freude waren mehr Leute gekommen, als erwartet, das heißt, dass es vielen ein Anliegen war, mitzufeiern. Auch viele Kinder der bereits hier geborenen Rekascher waren dabei.
Am 29. Juni 1924 wurde der Kirchweihgottesdienst mit Pfarrer Gustav Dietl besonders feierlich zelebriert, danach auf dem gesamten Kirchenvorplatz bis zum Bank-Gebäude gefeiert. Von dieser 200-Jahr-Feier seit der Ansiedlung der Deutschen in den bestehenden Ort Rekasch gibt es keine Dokumentation, wir haben nur ein paar Bilder im Erinnerungsbuch der Familie Heuer, die Herbert Stitzl uns zur Verfügung gestellt hat.. Umso wichtiger scheint es uns jetzt, unseren Nachkommen und der Gesellschaft zu zeigen, wer wir sind, und dies als Erinnerungskultur festzuhalten.
Stitzl-Chronik neu aufgelegt
Das Original des Stitzl-Buches ist eine Rarität. Die Exemplare, die es noch gibt, sind stark zerlesen. Hinzu kommt, dass die altdeutsche Schrift von vielen nicht mehr gelesen werden kann. Deshalb haben Franz Tasch und Stefan Lehretter den eingescannten Text mit Hilfe von KI transkribiert. Stefan Lehretter hat den Umschlag nach der Originalfassung (die uns Andreas Stark zur Verfügung gestellt hat) neu gestaltet. Biografische Daten und ein Konterfei samt Signatur des Autors lieferte Franz Bertram im Nachwort und das Lektorat für dieses bemerkenswerte Projekt unserer HOG erfolgte gemeinsam im Vorstand in ungezählten Schritten und Online-Konferenzen.
Die Chronik beginnt mit den frühzeitlichen Siedlungen auf einem Gebiet in den Flussauen, erfasst die unterschiedlichen Bezeichnungen des Ortes bis hin zum heutigen Rekasch. Es geht um Kämpfe, Besitzverhältnisse, Ethnien und immer wieder neue Zuwanderer. Es geht um die Ortsverlegung auf den Hügel oberhalb der ständigen Überschwemmungsgebiete, die Errichtung von Gotteshäusern und Schulen, um Wirtschaftsstrukturen, um die erste und die nachfolgenden Ansiedlungen der Deutschen, die Entwicklung des Ortes zur Großgemeinde mit regem Vereinsleben bis hin zur Blütezeit in den zwanziger Jahren. Das Werk endet mit Namenslisten, wo wohl jede Familie ihre Vorfahren erkennen kann.
In dem akribisch recherchierten Buch arbeitete Dr. Stitzl mit Quellenmaterial, das heute gar nicht mehr zugänglich ist. Er reiste nach Budapest und Wien, nach Lugosch und Busiasch, um seine Nachforschungen in deutscher, v.a. aber in ungarischer Sprache zu betreiben. Die 200-Jahr-Feier wird darin noch nicht erwähnt, doch wir wissen, dass er die wenigen Fotoaufnahmen machte, die wir heute davon haben. Organisiert (und sicher auch mit einem schönen kulturellen Programm untermalt) hat die Feier damals der Bahnhofsvorsteher Johann Müller, der sich auch bei der Einweihung des Ehrendenkmals vor der Kirche hervorgetan und dazu einen eigenen Beitrag im Stitzl-Buch geschrieben hat.
Festschrift und Zukunftsprojekt
Und weil es kein großes Fest ohne Festschrift geben sollte, gab es für die Feier eine zweite Publikation: eine bebilderte Broschüre mit klar skizzierten Abschnitten zu den letzten hundert Jahren. Zunächst wird der Ort aus heutiger Sicht mit einigen Eckdaten vorgestellt. Es folgt eine Beschreibung der Zwischenkriegszeit – die Hoch-Zeit der Gemeinde – danach der Niedergang, die sozialistische Zeit, die Konsolidierungsphase und die dunklen Jahre, die zur Ausreise führten. Auch das nicht ganz so einfache Ankommen in der neuen Heimat wird angerissen. Das ist bewusst so formuliert: Wir von der HOG hoffen nämlich, dass doch noch unser Erfahrungsbuch unter dem Aspekt: „Ankommen der Rekascher“ demnächst geschrieben wird. Es wäre eine gute Ergänzung zum Heuer-Buch „Erinnerungen an Rekasch“. Ein solches Buch kann kein Einzelner schreiben, viele Ideen und Beiträge müssten dafür gesammelt und ausgewertet werden. Erlebnisse wie die Flucht oder Erfahrungen, die jeder von uns gemacht hat – schöne, aber durchaus auch schmerzhafte und diskriminierende – sollten festgehalten werden. Weitere Fotos, die bestimmt noch in den Alben der Eltern und Großeltern schlummern, würden wir gerne zugänglich machen. Beim Durchblättern der Bücher mussten wir nämlich feststellen, dass es doch meistens die gleichen Fotos sind, die uns im Archiv zur Verfügung stehen. Das Projekt kann dann gerne eine Person oder auch, wie jetzt, eine Gruppe angehen. Die Berichte wären zu bündeln und als Buch zu veröffentlichen. Wir folgen damit dem Wunsch des kürzlich verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden Nikolaus Lutz, der immer bemüht war, so viel wie möglich aufzuschreiben und für die Gemeinschaft festzuhalten. Noch in den letzten Wochen vor seinem Tod hat er die Bausteine für sein Vorwort geliefert und mich immer zum Aufschreiben ermuntert. Wir hoffen auf viele Nachahmer für die Dokumentation unserer Geschichte.
Die beiden Publikationen sind ein Teil davon. Gefördert wurden sie vom Kultur- und Dokumentationszentrum der Landsmannschaft der Banater Schwaben. Gegen eine Spende können sie beim Vorstand erworben werden. Es wurden jeweils 100 Exemplare gedruckt.
Ein Fest mit bester Stimmung
Bei der Feier gab es neben der Vorstellung der beiden Publikationen aber noch weitere Programmpunkte. Unter den Ehrengästen begrüßte Erwin Lehretter u.a. den Karlsruher Kreisvorsitzenden Werner Gilde. In einer Schweigeminute wurde der Verstorbenen gedacht, in diesem Jahr bereits dreizehn Rekascher. In seiner Rede ging der Vorsitzende auf Änderungen zur Gesetzeslage bei den Renten ein. Dann ging es auch um die Vereins-Umbenennung in „HOG-Rekasch e.V.“, dazu bedurfte es der Zustimmung der Vereinsmitglieder, sodass demnächst weitere Schritte erfolgen können.
Ferner hatte der Vorstand beschlossen, die Treffen künftig jährlich stattfinden zu lassen, damit wird jedes auch ein Jahrgangstreffen. Die Jubilare waren diesmal die Jahrgänge 1934 bis 1974 und 1939 bis 1969, also die „runden und halbrunden“ Geburtstagsjubiläen der 50- bis 90-Jährigen. Der Vorsitzende gratulierte auch den „Goldenen“ (oder sogar noch weiteren) Hochzeitspaaren. Es fehlte auch nicht die traditionelle Ehrung der ältesten Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung mit Pralinen und Rekascher Wein.
Der Abend gehörte der Unterhaltung mit Tanzmusik der Rekascher Musikanten. Die Band wurde von Erwin und Josef Birnstill, Günther Ramholz sowie Franz Tröster unterstützt. Bis Mitternacht herrschte beste Stimmung. Leider wurde diesmal in Karlsruhe gleichzeitig der ansonsten erst im Oktober stattfindende „Traubenball“ gefeiert. Deshalb fehlten bei unserer Veranstaltung einige Tanzfreudige und auch das Kindertanzensemble „Erdbeer-Tanzgruppe“ konnte nicht auftreten. Sicher dann beim nächsten Mal.
Im nächsten Jahr ist übrigens eine Busreise nach Rekasch und eine Feier vor Ort geplant. Nähere Informationen werden noch rechtzeitig bekannt gegeben.