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Landsmannschaft gedenkt der Opfer der Deportation

Bei der Gedenkfeier für die Opfer der Deportation zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion am Denkmal für die Toten des Deutschen Ostens im Luitpoldpark in Ingolstadt. Foto: Reinhard Heiberger

Der Kreisverband Landshut gedachte am Denkmal »Wider das Vergessen« der Opfer der Russlanddeportation. Foto: Kreisverband

Georg Ledig erinnerte bei der Gedenkstunde am Mahnmal der Vertreibungen in Waldkraiburg an das Schicksal der Russlanddeportierten

Als die Landsmannschaft der Banater Schwaben 1995 in München gemeinsam mit der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen und den anderen südostdeutschen Landsmannschaften die erste große und öffentlichkeitswirksame Veranstaltung zum 50. Jahrestag der Deportation der Südostdeutschen zur Zwangsarbeit in die damalige Sowjetunion durchgeführt hat, kamen nahezu 3000 Menschen zu den verschiedenen Veranstaltungen in die bayerische Landeshauptstadt. Zu lange schon hatten die ehemaligen Deportierten auf einen solchen Tag gewartet, an dem ihr Leid und das an ihnen begangene Unrecht Thema der Politik, der Medien, der Wissenschaft, der Öffentlichkeit werden sollte. Es fällt nicht leicht zu erklären, warum das Thema Deportation bis zu diesem Zeitpunkt kein öffentliches Thema in Deutschland gewesen ist. Für die Betroffenen und ihre Angehörigen war dieses Zeichen von München jedoch wichtig. Und es löste eine wahre Welle von weiteren Veranstaltungen aus: Ehemalige Deportierte fuhren zu den Stätten der Deportation, schrieben ihre Erinnerungen nieder, trafen sich nach Lagerorten, freuten sich, wenn die Generation der Kinder und Enkel Anteil nahm. Diese folgende Generation hat vor einigen Jahren innerhalb des Landesverbandes Bayern begonnen, am Jahrestag der Deportation an wechselnden öffentlichen Plätzen der Opfer der Deportation zu gedenken: Landshut, Regensburg, Waldkraiburg, Augsburg, München und heuer Ingolstadt waren Stätten der Begegnung, der Erinnerung und des Mahnens. Einige Kreisverbände führen diese Initiative fort. 

Ingolstadt 

Als sich am 12. Januar in Ingolstadt Mitglieder des Landesvorstandes Bayern und des Kreisverbandes Ingolstadt am Denkmal für die „Toten des Deutschen Ostens“ im Luitpold-Park trafen, waren unter den bei Kälte und Schneetreiben gekommenen Landsleuten – darunter die Landesvorstandsmitglieder Bernhard Fackelmann, Gerhard Kappler und Stefan Mlynarzek – nur wenige ehemalige Deportierte anwesend. Anton Alten-bach aus Blumenthal war auch deportiert, konnte aber nicht teilnehmen. Seine Botschaft als Betroffener an die Nachkommen trug der Vorsitzende des Hilfswerkes der Banater Schwaben, Hans Metzger, vor. Sie umfasste eine knappe Beschreibung der Deportation, die Bitte, stets an das Leid zu erinnern, das unschuldige Zivilpersonen zu erdulden hatten, und nicht mehr als die Anerkennung als Opfergruppe. Pfarrer Peter Zillich, stellvertretender Landesvorsitzender Bayern, dessen Mutter ebenfalls deportiert war, erinnerte daran, wie tief sich dieses tragische Geschehen in die Biographien unserer betroffenen Landsleute eingegraben habe. Es sei deshalb wichtig, dieses Gedenken aufrecht zu erhalten. Zu erinnern, zu mahnen und immer wieder unsere Stimme zu erheben, damit Deportationen nie wieder als Mittel der Politik eingesetzt werden, verlangte Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber in seiner Ansprache. Dies sei das Vermächtnis unserer Eltern und Großeltern. 

Als der Chor der Banater Senio-rengruppe Ingolstadt unter Leitung von Franziska Graf und Niki Huss „Näher mein Gott zu Dir“ anstimmte, legte sich Stille über den Platz. Elfriede Andor (geborene Schmidt) aus Deutschbentschek, deren Mutter ebenfalls deportiert war, trug ein Gedicht vor, das ihre Mutter in der Deportation an die Tochter verfasst hatte. Erst Jahre später hatte sie unter anderem auch diese Zeilen erhalten: „Mein Ohr hört immer die Kinderstimme schrein, / Mutter! Wann kommst du wieder? Ich bin so allein. / Deine Liebe war immer so schön und mild, / Und jetzt bin ich ein Waisenkind.“ Die Mutter von Elfriede Andor konnte heimkehren, anderen blieb es versagt. Während das Banater Bläserquintett unter der Leitung von Hanno Hehn das Lied vom guten Kameraden spielte, senkten sich die Fahnen der Heimatortsgemeinschaften Neuarad und Sanktanna sowie der Kreisverbände München und Ingolstadt. Auf dem grünweißen Band des niedergelegten Kranzes mit frischen Blumen war der Nachruf unserer ganzen Gemeinschaft vermerkt: „Die Banater Schwaben gedenken der Opfer der Deportation und Zwangsarbeit in die Sowjetunion“. Zwei Kerzen waren angezündet und leuchteten noch, als sich die Dunkelheit über den Platz senkte.

 Der Landesvorstand Bayern

Waldkraiburg

Der Deportation von Zehntausenden Banater Schwaben in sowjetische Arbeitslager im Januar 1945 gedachte der Kreisverband Waldkraiburg am 20. Januar in einer Feierstunde am Mahnmal der Vertreibungen. An der Feier nahmen der Zweite Bürgermeister der Stadt Waldkraiburg, Harald Jungbauer, die stellvertretende Landrätin Eva Köhr, Stadträte, befreundete Landsmannschaften und Vereine mit Fahnenabordnungen sowie Opfer und Zeitzeugen der Deportation teil.

Der Vorsitzende des Kreisverbandes, Stadtrat Georg Ledig, erinnerte an das schwere Los der Deportierten, die unter unmenschlichen Bedingungen bis 1949 Zwangsarbeit leisten mussten, und an die vielen Todesopfer. Auch nach ihrer Heimkehr seien für die Banater Schwaben die Jahre des Leidens noch nicht beendet gewesen, sagte Ledig. Zudem habe sich über die Ereignisse aus Furcht vor Repressalien durch das kommunistische Regime ein Mantel des Schweigens gelegt. Erst nach dem Umsturz konnte das Unrecht beim Namen genannt werden. Harald Jungbauer betonte die Notwendigkeit des Erinnerns und Gedenkens, denn nur dadurch könne die Aussöhnung mit der Vergangenheit und den Nachbarn im Osten vorangebracht werden. Pfarrer Martin Garmaier forderte die Versammelten auf, auf Gott zu schauen, der die Kraft geben könne, gegen Unrecht aufzustehen und für die Menschenrechte einzutreten. Unter den Klängen der Banater Blaskapelle legten Harald Jungbauer und Georg Ledig einen Kranz am Mahnmal der Vertreibungen nieder. 

Im Vorfeld der Gedenkstunde hatten die Waldkraiburger Nachrichten in ihrer Ausgabe vom 17. Januar unter dem Titel „Fünf Jahre schuften und hoffen“ anhand der Erlebnisse dreier Zeitzeugen aus dem Banat über die Deportation Deutscher aus Rumänien zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion ausführlich berichtet. Für Franz Adam Christmann, Katharina Reiser (geb. Laubert) und Katharina Müller (geb. Kandler), die heute in Waldkraiburg leben, war die Zwangsarbeit in ukrainischen Kohlegruben eine schreckliche Zeit, die sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt hat.

Landshut

Am Samstag, dem 12. Januar, hat der Kreisverband Landshut der Landsmannschaft der Banater Schwaben anlässlich des 68. Jahrestages der Russlanddeportation am Landshuter Denkmal „Wider das Vergessen“ für die Opfer der Kriege und Deportationen ein Gesteck niedergelegt und der in der Deportation Verstorbenen gedacht. Die versammelten Landsleute erinnerten an das menschenverachtende Geschehen, das ein Verbrechen an der deutschen Bevölkerung Rumäniens war. Dass nie wieder ein Krieg kommt, der den Nährboden für solche Verbrechen bietet, war der Wunsch aller Beteiligten. Die Gedenkfeier endete mit einem gemeinsamen Gebet.

Hans Szeghedi