Vom 4. Bis zum 6. September 2024 reiste die Bayerische Ministerin für Arbeit, Familie und Soziales Ulrike Scharf zu einem Arbeitsbesuch nach Rumänien und besuchte dabei die Städte Bukarest, Hermannstadt und Temeswar. Anlass war vor allem das 25-jährige Bestehen der institutionalisierten Zusammenarbeit Bayerns mit Rumänien. Am 18. Juni 2024 hatte deshalb bereits eine gemeinsame Kabinettssitzung in München stattgefunden. In diesem Zusammenhang berief sich die Sozialministerin ausdrücklich auf ihre Vorgängerin im Amt Barbara Stamm, „eine herausragende Persönlichkeit Bayerns, die sich für die Menschen in Rumänien ganz besonders eingesetzt hat.“ Sie wolle mit dieser Reise „die Weichen für die Zukunft stellen“ und die Beziehungen zwischen Bayern und Rumänien weiter vertiefen.
Barbara Stamm als Vorbild
Gleich zu Beginn ihres Aufenthalts führte die Sozialministerin in Bukarest Gespräche mit der rumänischen Arbeitsministerin Simona Bucura-Oprescu, der Generaldirektorin der Nationalen Entschädigungsbehörde ANPIS Gabriela Opriș sowie dem Präsidenten der Nationalen Rentenbehörde CNPP Daniel Baciu. Dabei wurde auf Vorschlag des die Delegation begleitenden Präsidenten des Bundes der Vertriebenen (BdV) Bernd Fabritius nach vorheriger Absprache mit den Bundesvorsitzenden der beiden Landsmannschaften Rainer Lehni und Peter-Dietmar Leber vereinbart, dass künftig die Landsmannschaften als Aussiedlerverbände mit Beratungsfunktion Hilfestellung bei der Erstellung und Übermittlung der Lebensbescheinigungen leisten können. (Wir berichteten in der Banater Post vom 15. September 2024).
Auf der Agenda der Staatsministerin standen in Bukarest noch der Besuch eines Jugendhilfeprojekts gemeinsam mit der rumänischen Familienministerin Natalia-Elena Intotero, der Besuch der Infineon-Niederlassung in Bukarest sowie Gespräche mit Vertretern der jüdischen Gemeinde im jüdischen Choraltempel.
Zahlreiche Termine in Temeswar
In Temeswar wurden die Delegationsmitglieder im Rathaus von Bürgermeister Dominic Fritz empfangen, danach folgte ein Besuch des römisch-katholischen Doms mit Bischof Josef Csaba Pál und Generalvikar Johann Dirschl.
Im Foyer des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses wurden die bayerischen Gäste, die sich in Begleitung des Abgeordneten der Rumäniendeutschen im rumänischen Parlament Ovidiu Victor Ganț und des Vizekonsuls der Bundesrepublik Deutschland Siegfried Geilhausen befanden, von Vertretern des Banater Forums und der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung freundlich begrüßt. Nach einer ausführlichen Vorstellungsrunde der Gastgeber stellten sich alle zu einem Gruppenbild vor dem Einwanderungstriptychon Stefan Jägers im AMG-Haus auf. Danach legten die Gäste am Denkmal für die 1945 in die Sowjetunion verschleppten Deutschen einen Kranz nieder. Anwesend war auch der 98-jährige Vorsitzende des Vereins der Deportierten Ignaz Bernhard Fischer, einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen dieses Verbrechens an unserer Volksgruppe. Er sprach ein Totengebet.
Danach führte der Vorsitzende der AMG-Stiftung Helmut Weinschrott die Gäste durch das Altenheim im AMG-Haus. Nach der Besichtigung des Museums im Dachgeschoss lud Weinschrott die Gäste zum Mittagessen ein, das in der Küche des Altenheims zubereitet worden war und viel Lob erntete. In entspannter Atmosphäre folgte ein sachlicher und fachlicher Gedankenaustausch. Für die AMG-Stiftung überreichte die Sozialministerin dem Gastgeber einen Scheck über 17000 Euro für die Anschaffung eines Lifters für die Pflegebäder des Altenheims.
In Hermannstadt besuchte die Ministerin die Hospize und das Altenheim „Carl Wolff“ und führte danach politische Gespräche mit Vertretern des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien.
Als Fazit ihrer Reise betonte Ministerin Scharf, dass sich die Bayerische Staatsregierung stets für die berechtigten Interessen aller Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler eingesetzt habe und dies auch weiterhin tun werde. Auch die, die in ihren Herkunftsgebieten geblieben sind, gehörten dazu. „Die Geschichte der deutschen Minderheiten in Rumänien lehrt uns, wie aus Entrechtung und Diskriminierung ein gutes Miteinander werden kann. Die deutschen Minderheiten in Rumänien sind Brückenbauer in Europa.“
Intensive Zusammenarbeit
Ein lebendiger Beweis für den Brückenbau seien die guten Beziehungen zwischen Rumänien und Bayern, die weit über die Kontakte zur deutschen Minderheit hinausgehen. So diente die Reise auch dazu, Lösungen für den Fachkräftemangel zu besprechen, der beide Länder betrifft. „Bayern ist für viele Rumäninnen und Rumänen als Arbeitsmarkt attraktiv. Nur mit gemeinsamen Strategien und einer intensiven Zusammenarbeit können wir den großen Aufgaben des weltweiten Fach- und Arbeitskräftemangels gerecht werden.“, so die Ministerin.
Eine Besonderheit der bayerischen Wirtschaftsförderung in Rumänien ist die Zusammenarbeit im Bereich des „Sozialen Unternehmenstums“. Die Ministerin unterzeichnete in Bukarest eine „Joint Declaration of Intent zur Zusammenarbeit im Bereich Social Entrepreneurship“. Soziales Unternehmertum schaffe Chancen für die Wirtschaft und diene gleichzeitig dem Wohl der Gesellschaft.
Sie würdigte das Engagement von Unternehmen wie Infineon, die in Rumänien für wertvolle Arbeitsplätze sorgen. Andererseits sei auch Bayern für viele Rumäninnen und Rumänen als Arbeitsmarkt attraktiv.
In Rumänien leistet der Freistaat regelmäßig humanitäre Hilfe. „Das zeugt von der tiefen Verbundenheit beider Länder“, bekräftigte Scharf. Auch ist Rumänien für Bayern ein wichtiger Partner. Im Freistaat leben aktuell rund 213000 rumänische Staatsangehörige. Sie sind damit die größte Gruppe ausländischer Staatsangehöriger. Über 90 Prozent der rumänischen Kinder und Jugendlichen schließen die Schule erfolgreich ab. Die Zahl rumänischer Studierender an bayerischen Universitäten steigt stetig, ebenso die des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen. Überdies sind auch die deutschen Minderheiten in Rumänien sowie die heute in Bayern lebenden Deutschen aus Rumänien ein wichtiges Bindeglied zwischen den beiden Gesellschaften.
Fachkräfte aus Rumänien haben in Bayern beste Chancen: 140000 Rumänen gehen hier einer Beschäftigung nach, viele als Fachkräfte und Spezialisten. Die Arbeitslosenquote liegt bei nur 3,8 Prozent, und damit deutlich unter der aller Ausländer in Deutschland. Saisonarbeitskräfte sind für die (Land-)Wirtschaft unverzichtbar. Zuletzt waren fast 5700 Rumäninnen und Rumänen in der bayerischen Landwirtschaft sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Scharf kommentiert diese Zahlen im Hinblick auf Transnationales Arbeiten: „Für rumänische Kräfte gelten die gleichen Regelungen wie für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist wichtig, dass auch sie geschützt werden.“ Angesichts der ihr vorliegenden Zahlen erklärte die Sozialministerin: „Bayern ist zu einer festen Heimat für viele Rumäninnen und Rumänen geworden. Sie sind bestens integriert und leisten einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl.“