Am 3. und 4. August dieses Jahres fanden in Guttenbrunn die Jubiläumstage anlässlich der 300-jährigen Gründung des Ortes „Guttenbrunn“ statt. Veranstalter waren die Heimatortsgemeinschaft Guttenbrunn, die Gemeinde Zăbrani/Guttenbrunn sowie die röm.-kath. Pfarrei Neudorf – Filiale Guttenbrunn.
Bereits im Juli letzten Jahres begannen die Vorbereitungen zu diesem Fest. Es sollte ein Fest werden, dass nicht nur zwei Tage Gemeinschaft und Feiern beinhaltet, sondern auch den Erhalt und die Pflege des kulturellen Erbes, das unsere Vorfahren geschaffen haben, mit einschließt. Deshalb sollte auch, das älteste Gebäude in Guttenbrunn, die röm.-kath. Wendelin-Kapelle, die kurz vor dem Verfall stand, bis zur Jubiläumsfeier restauriert werden. Anfang Dezember des letzten Jahres war das Programm festgelegt, der Einladungsflyer gedruckt und die Einladung zum Jubiläumsfest zusammen mit dem Guttenbrunn-Wandkalender 2024 versandt. Das Reisebusunternehmen Feil aus Augsburg bot eine Busfahrt an, verbunden mit einer Stadt- und Domführung mit Mittagessen in Temeswar, der Teilnahme an der Deutschen Wallfahrt in Maria Radna und anschließender Einkehr im Weinkeller „Wine Princess“ in Paulisch, mit Führung und gemeinsamem Abendessen. Sehr schnell hatten sich 60 Guttenbrunner entschlossen, dieses Angebot wahrzunehmen, sie erlebten eine unvergessliche Busfahrt mit gemeinsamem Erzählen von Sitz zu Sitz oder „von Haus zu Haus“.
Mit großer Freude stellte der Vorstand fest, dass mehr als 300 Guttenbrunner Landsleute aus Deutschland der Einladung zur Feier gefolgt waren. Einige waren seit mehr als 50 Jahren nicht mehr in ihrem Heimatort. Andere hatten ihre Kinder und Enkelkinder, die in Deutschland geboren wurden, mitgebracht. Für viele war es der erste Besuch in der Heimat ihrer Eltern und Großeltern. Dass manche Landleute ihre Guttenbrunner Tracht aufbewahrt und an diesem Festtag angezogen haben, war eine freudige Überraschung für den Vorstand und alle Festgäste.
Am Morgen versammelten sich die Gäste im Innenhof des Großen Wirtshauses, jetzt Kulturheim. Im großen Saal wurden die Trachten angezogen. Neben den insgesamt sechzehn Guttenbrunnern in Tracht hatten auch die Mitglieder der Tanzgruppe „Edelweiß“ aus Detta und der Tanzgruppe „Rosmarein“ aus Temeswar unter der Regie von Edith Singer und Elena und Gerhart Șămanțu Guttenbrunner Trachten angezogen. Die Tanzgruppe „Buntes Sträußchen“ aus Großsanktnikolaus, unter der von Leitung Dietlinde Huhn präsentierte sich in ihrer neu geschneiderten Tschanader Tracht. Pünktlich um 9.30 Uhr setzte sich der Festzug in Richtung Rathaus in Bewegung. Mit dabei auch die HOG Glogowatz mit ihrem Vorsitzenden Wilhelm Gruber und großer Fahnenabordnung. Johann Schiller dirigierte mit einem aus dem Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm ausgeliehenen Tambourstab die Blaskapelle „Banater Musikanten“ aus Temeswar, Leitung Josif Antal. Bürgermeister Dan Codrean, die Gemeindevertreter und die orthodoxe Geistlichkeit empfingen die Festgäste und Trachtenträger vor dem Rathaus. Nach dem gemeinsamen Einzug in die Kirche begrüßte Ortspfarrer Ioan Cădărean die Gäste und die Geistlichkeit. Anschließend zündete er eine von der HOG gestiftete Jubiläumskerze an, die von den Geschwistern Sophie und Philipp Karduck, beide in Guttenbrunner Tracht, am Hauptaltar aufgestellt wurde. Hauptzelebrant der Festmesse war Pfarrer Josef Hell aus Trockau/Sanktanna. Er war der letzte katholische Pfarrer vor der Wende in Guttenbrunn. Konzelebranten waren Ortspfarrer Ioan Cădărean, Pfarrer Markus Krastl aus Neunkirchen – Wiebelskirchen (mit Wurzeln in Guttenbrunn und Jahrmarkt), Pfarrer Attila Ando aus Großsanktnikolaus (ehemaliger Pfarrer in Guttenbrunn), Pfarrer Robert Dürbach aus Uhingen, der Neupriester Ovidiu Virag und der griechisch-katholische Ortspfarrer Petru Cristian Bonțe. Die Predigt hielt Domkapitular Andreas Reinholz von Maria Radna. Dabei erinnerte er an die mutigen Ansiedler, die den weiten Weg ins Banat nicht scheuten und an das Gute und an das Schwere, das im Glauben und Gebet mit der Hilfe Gottes überstanden und bewältigt wurde. Die erste Lesung trug die deutsche Konsulin in Temeswar Regina Lochner vor, die zweite Lesung die HOG-Vorsitzende Hiltrud Leber. Für die besonders festliche musikalische Umrahmung des Festgottesdienstes hatte Franz Metz gesorgt. Zusammen mit dem Temeswarer Domchor Exultate (Leitung: Robert Bajkai-Fábián), den Solisten Anna Maria Vinczi (Sopran), Anca Boengiu (Alt), Darius Daminescu (Tenor), Wilfried Michl (Bariton), dem Streichquartett mit Alina Bazarca (Violine I), Sara Busuioc (Violine II), Maria-Magdalena Ghiga (Violia), Andreas Schein (Violoncello) und Tobias Schmidt an der Orgel, wurde die Missa brevis in C für Chor, Soli, Orgel und Orchester von Vincens Maschek wahrscheinlich zum ersten Mal in Guttenbrunn aufgeführt. Die Noten hatte Pfarrer Ioan Cădărean 2022 auf dem Dachboden der Guttenbrunner Kirche entdeckt. Sie stammen aus dem Jahre 1845. Am Ende des Gottesdienstes wurde die im Eingangsbereich der Kirche angebrachte Tafel mit den Namen der ersten Einwanderer von Guttenbrunn von Pfarrer Markus Krastl geweiht. Gestiftet wurde sie von der HOG Guttenbrunn.
Nach der Heiligen Messe ging die Prozession von der Kirche zur Wendelin-Kapelle, die am nördlichen Ende der Hauptstraße steht. Gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung und der röm-kath. Pfarrei hat die HOG Guttenbrunn die vollständige Innen- und Außenrenovierung und die Restaurierung der liturgischen Ausstattung der Kapelle des Hl. Wendelin, dem ältesten Gotteshaus in Guttenbrunn, bewerkstelligt. Finanziert wurde dieses Projekt mit Spendengeldern unserer Guttenbrunner Landsleute. Ausgeführt wurden die Arbeiten von Petru Tehei, einem Maurer aus dem Ort. Pfarrer Josef Hell dankte ihm, seinem jungen Ministranten von einst, der nun auch Kirchenpfleger in der katholischen Kirche ist. Alle Arbeiten waren zum 300. Jahrestag des Ortes abgeschlossen. Hiltrud Leber sprach über die Geschichte und Bedeutung der Kapelle für die Bewohner des Ortes. Anschließend weihte Domkapitular Andreas Reinholz den Altar und die Kapelle. Die von der HOG gestiftete Kerze mit dem Bildnis des hl. Wendelin wurde angezündet. An der Außenwand wurde eine von der HOG angefertigte Info-Tafel in Rumänisch, Deutsch und Englisch enthüllt. Über die Entstehungsgeschichte der Kapelle ist wenig bekannt, außer dass der 20. Oktober, der Tag des Hl. Wendelin, früher in Guttenbrunn ein großer Feiertag war. Die Heilige Messe wurde an diesem Tag in der Kapelle gelesen.
Von der Wendelin-Kapelle ging die Prozession zum Kriegerdenkmal hinter der katholischen Kirche. Hier wurde für die Seelen der Gefallenen der beiden Weltkriege und für die Opfer von Flucht und Vertreibung gebetet und ein Kranz niedergelegt. Die Blaskapelle spielte das Lied vom Guten Kameraden. Nach dem gemeinsamen Gruppenfoto zog die Festgesellschaft zum nahegelegenen Josef-Scheirich-Stadion weiter. Die mehr als 600 anwesenden Gäste fanden in dem Festzelt Platz. Verpflegungsstände und weitere überdachte Biertischgarnituren standen unweit des Festzeltes bereit. Nach dem gemeinsamen Mittagessen begann der Festakt auf der großen Bühne mit den Hymnen Rumäniens, Deutschlands und der Banater Schwaben, gespielt von den Banater Musikanten. Bürgermeister Dan Codrean und die HOG-Vorsitzende Hiltrud Leber begrüßten die Gäste von nah und fern. Mit dem etwas abgeänderten Kirchweihspruch lud Nira Morres zum Fest ein. Konsulin Regina Lochner sah es in ihrem Grußwort als ein ermutigendes Zeichen, dass solche Veranstaltungen Einwohner verschiedener Herkunft, Sprachen und Glaubensrichtungen zusammenbringen und drückte ihren Wunsch aus, „dass diese Art der Zusammenkunft für viele jetzige und ehemalige Einwohner Guttenbrunns zu einer guten Tradition werden möge.“ Iustin-Marinel Cionca-Arghir, Vorsitzender des Kreisrates Arad, Sergiu Bîlcea, Abgeordneter der PNL im rumänischen Parlament und der Vizevorsitzende des Kreisrates Răzvan-Olimpiu Cadar drückten ihre Freude über den Besuch der vielen ehemaligen Guttenbrunner aus Deutschland aus und stellten die Bedeutung der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in den Vordergrund.
Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat, Bernhard Fackelmann, Vorsitzender des Kulturwerks der Banater Schwaben Bayern und Christian Knauer, Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen Bayern unterstrichen die Bedeutung dieses Festes für ein gutes Miteinander in Europa, in dem Forum und Landsmannschaft eine wichtige Brückenfunktion wahrnehmen. Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzer der Landsmannschaft der Banater Schwaben, beglückwünschte die HOG Guttenbrunn zu dieser Feier. Die Geschichte der Guttenbrunner habe auch in Deutschland eine Fortsetzung gefunden. Es sei gut, wenn dies hier so zum Ausdruck komme. Die uns zugesandten Grußworte von Christian Engelhardt, Landrat Kreis Bergstraße, und Volker Öhlenschläger, Bürgermeister der Paten- und Partnergemeinde Fürth/Odenwald, wurden seitens des Vorstandes von Hiltrud Reinholz und Elwine Nebel verlesen. Dazwischen brachte die Tanzgruppe „Edelweiß“ mit ihren Tanzeinlagen die Zuschauer zum Staunen und Applaudieren. Die Tanzdarbietungen der Gruppe „Buntes Sträußchen“ und des „Banater Kranzes“ lockten die Gäste von ihren Sitzplätzen weg, alle wollten zusehen und fotografieren.
Dabei waren auch Vertreter befreundeter Verbände, Heimatortsgemeinschaften und Organisationen: Bernhard Krastl, Ehrenbundesvorsitzender unserer Landsmannschaft, Harald Schlapansky, Landesvorsitzender Banater Schwaben Bayern, Manfred Loris, Vorsitzender HOG Bruckenau, Josef Koch, Ehrenvorsitzender HOG Hatzfeld, Werner Griebel, Vorsitzender HOG Lenauheim, Elisabeth Michelbach, Vorsitzende HOG Lippa, Johann Janzer, Vorsitzender HOG Sanktandres, Herbert Wild, Kreisvorsitzender Göppingen der Landsmannschaft Banater Schwaben, Dr. Michael Nusser, Leiter Kulturwerk Banater Schwaben Bayern, Michaela Weiler, Assistenz beim Kulturwerk der Banater Schwaben Bayern, Susanne Marb, Presse BdV Bayern, Bettina Szellner, Vorsitzende des Regionalforums der Deutschen Arad, Christian Ghioncel, stellv. Vorsitzender des Demokratischen Forums der Berglanddeutschen, Erna Paler, Vorsitzende der AMG-Stiftung, Helmut Weinschrott, Direktor der Sozialeinrichtungen der AMG-Stiftung, Dr. Claudiu Călin, Archivar der Diözese Temeswar, Walter Altmayer, Leiter des Büros LM/HW Temeswar, Benjamin Neurohr, Geschäftsführer der BANATIA. Von Radio und TVR Temeswar waren Astrid Weisz und Adi Ardelean gekommen, von der Banater Zeitung Ștefana Ciortea-Neamțiu.
Anlässlich des 300-jährigen Gründungsjubiläums des Ortes hat die HOG Guttenbrunn einen „Guttenbrunn-Taler“ anfertigen lassen. Hiltrud Leber hat eine 180 Seiten starke Chronik „Guttenbrunn 1724 - 2024“ verfasst, die auf veröffentlichten und bisher unveröffentlichten Quellen basiert. Sowohl der Jubiläumstaler als auch die Chronik können bei unserem Kassenwart Uwe Morres erworben werden.
Bei Kaffee mit Mohn- und Nussstrudel spielte die Blaskapelle einige Kompositionen des Guttenbrunner Kapellmeisters „Jani“ Schiller (1900 - 1973), die sie extra für dieses Fest einstudiert hatte. Die Noten seines Vaters hatte Johann Schiller bereitgestellt und er ließ es sich nicht nehmen, diese Stücke zu dirigieren.
Viel Applaus erhielten die rumänischen Tanzgruppen aus Zăbrani, Chesinţ und Traunau, die sich mit einem bunten Programm, mit Tanz, Gesang und Gedicht-Vorträgen, präsentierten. Zuvor hatte die Leiterin der Gruppen Florica Bak in rumänischer Sprache über die Geschichte der Deutschen in Guttenbrunn und ihr Aufbauwerk einen eindrucksvollen Vortrag gehalten.
Am Abend spielte die Band „Astrid & Sig“ zum Tanz auf. Astrid Marsel, in Guttenbrunn groß geworden, hatte sich schon lange auf diesen Auftritt gefreut und vorbereitet. Platz zum Tanzen war ausreichend geboten und gemeinsam mit der Ortsbevölkerung wurde bis Mitternacht getanzt, gefeiert, erzählt und gelacht. Gemeinschaft, Begegnung, Miteinander – so lässt sich der Abend kurz zusammenfassen.
Unser zweiter Festtag begann mit einem Gottesdienst, den Pfarrer Markus Krastl zusammen mit dem Ortspfarrer Ioan Cădărean zelebrierte. Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, sagte Pfarrer Krastl in seiner Predigt und wies auf die Risiken hin, die der Aufbruch in ein neues fremdes Land mit sich bringen kann, auf das Durchhalten, das vonnöten ist, und auf die Bedeutung von Gemeinschaft, die unterstützt und trägt. Die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes übernahm Astrid Marsel an der Orgel. Bereits als Vierzehnjährige hatte sie, damals unter Pfarrer Josef Hell, die Orgel gespielt. Gesungen wurden die Kirchenlieder der siebziger und achtziger Jahre. Zur Kommunion spielte Johann Schiller am Marienaltar das „Ave-Maria“ auf seiner Trompete. Nach dem Gottesdienst ging die Prozession zum röm.-kath. Friedhof am südlichen Ortsende, an der Straße Richtung Temeswar. Am Großen Kreuz wurde für die Seelen der Verstorbenen gebetet und ein Kranz zu deren Gedenken niedergelegt. Johann Schiller umrahmte die Gedenkfeier musikalisch auf seiner Trompete. Petru Tehei, der seit eineinhalb Jahren die Friedhofspflege übernommen hat und diese gründlich und zuverlässig ausführt, war ebenfalls zugegen. Für Privatpersonen übernimmt er zusätzlich die Reinigung und Renovierung von Grabsteinen. Jeder hatte die Möglichkeit, seine Familiengräber zu besuchen, bevor es auf den Sportplatz zum Mittagessen ging.
Auch an diesem Tag war für reichlich leckeres Essen und kühle Getränke gesorgt. Am späten Nachmittag, nachdem jeder die Möglichkeit genutzt hatte, die verschiedenen Einrichtungen im Ort oder sein Elternhaus zu besuchen, trafen sich die Festgäste am Kriegerdenkmal vor der orthodoxen Kirche im Ortsteil Savran/Zăbrani, der 1930 auf Wunsch der dortigen Bewohner an Guttenbrunn angeschlossen wurde. Pfarrer Gheorghe Pop und der sich bereits im Ruhestand befindende Pfarrer Iosif Farkaș luden in ihre orthodoxe Kirche ein. Sie berichteten vom Bau der erst in den 1940er Jahren erbauten Kirche und bedankten sich für die Hilfen, die sie in der kommunistischen Zeit in Form von Materialien von der katholischen Kirchengemeinde erhalten hatten. Die Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal, die von den orthodoxen Pfarrern sehr feierlich gestaltet wurde, endete mit einem Trompetensolo von Johann Schiller.
Tage voller Erinnerungen, voller Eindrücke, voller Emotionen, voller Freude, voller Dankbarkeit gingen zu Ende. Aus Deutschland Angereiste wie auch die jetzt in Guttenbrunn Lebenden werden sich noch lange an die gemeinsame Jubiläumsfeier „300 Jahre Guttenbrunn“ erinnern und davon erzählen.