Zum 300. Jubiläum der Ansiedlung ihrer Vorfahren waren am 27. Juli viele Perjamoscher Landsleute von nah und fern, Gäste und Schaulustige versammelt, um der Vergangenheit zu gedenken, aber auch um die Gegenwart zu feiern. Hauptmotoren der Veranstaltung waren die Heimatortsgemeinschaft Perjamosch mit ihrem Vorsitzenden Anton Enderele und die Gemeindeverwaltung mit Bürgermeister Cornel Dumitraș an der Spitze.
Im Ortsteil Neudorf, wo die imposante Hauliker Kirche mit der zweitgrößten Kuppel Rumäniens (nach dem Bukarester Athenäum) seit über 150 Jahren steht und schon von weitem zu sehen ist, spielte die Rekascher Blasmusik. Kinder und Jugendliche in banatschwäbischen Trachten, aber auch Erwachsene in ihren Kirchweihtrachten oder Dirndln tanzten im Walzer- oder Polkaschritt. Die Gruppe „Sonnenblumen Perjamosch“ unter der Leitung von Bogdan Pîrvu hat zu diesem Anlass extra neue Trachten nähen lassen. Die Mädchen trugen stolz die gestärkten und plissierten Unter- und Oberröcke mit schwarzen Schürzen, lila eng anliegende seidene Schultertücher mit langen Fransen. Die Jungs in weißem Hemd, Westen mit„Leiwelsknepp“, schwarzen Hosen und schwarzen Hüten gaben auch ein strammes Bild ab.
Spalier stand diese Trachtengruppe links, während auf der anderen Seite des Platzes vor der Kirche Kinder im Vor- und Grundschulalter in den Kindertrachten ein festliches Bild abgaben. Der Bürgermeister begrüßte den DFDR-Abgeordneten Ovidiu Ganț, den HOG-Vorsitzenden Anton Enderle, die stellvertretende Vorsitzende der Landsmannschaft Christine Neu, die Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen Temesch bzw. Temeswar Dagmar Șiclovan und Edith Singer, die Vorsitzende des Verbands der Bărăgan-Deportierten Cornelia Fiat, die Vetreter der Landsmannschaft und des Hilfswerks Banater Schwaben Erna Paler und Walter Altmaier, die Pfarrer der römisch- und der griechisch-katholischen Kirchen, Pfr. Attila Kozovits und Pr. Gheorghe Traian, sowie Vertreter der Kreis- und Kommunalverwaltung.
Bevor Pfr. Kozovits das Denkmal einweihte, gab es Ansprachen auf Rumänisch und Deutsch seitens der Veranstalter und Ehrengäste, die allesamt die gute Zusammenarbeit der rumänischen Verwaltung mit der Heimatortsgemeinschaft, aber auch den Beitrag der Banater Schwaben zum Aufbau der Gemeinde würdigten. Die deutsche Konsulin Regina Lochner hatte eine zweisprachige Grußbotschaft zum Vorlesen geschickt. Besonders erwähnt wurden die Beiträge der Organisatoren vor Ort Sigrid Kuhn, Mihai Diaconu und Franz Baum.
Den Auftakt der Veranstaltungen hatte bereits am Freitag die Vorstellung einer neuen zweisprachigen Ortsmonografie von Sigrid Kuhn gemacht: „Perjamosch 1724-2024 – 300 Jahre seit der Ansiedlung der Deutschen in Perjamosch“. Die vorhandenen Monografien (von Dr. Lammert auf Rumänisch nach dem Zweiten Weltkrieg, auf Deutsch von der Heimatortsgemeinschaft in den 70er Jahren), so die Autorin, hatten sich als veraltet erwiesen und so sei anstelle einer Festschrift eine kleine Monografie entstanden, die mit finanzieller Unterstützung des Departements für Interethnische Beziehungen über das Demokratische Forum der Deutschen herausgegeben wurde. Das Besondere an Perjamosch sei, dass es von der Bevölkerung der umliegenden Dörfer als „herrisch” angesehen wurde, zumal gerade im „Neudorf“ viele kleinere bis größere Betriebe gegründet wurden. Die Gewerbetreibenden grenzten sich von den vorwiegend mit Landwirtschaft beschäftigten Bauern im „Altdorf“ und der Umgebung ab. Besonders ist auch, dass es heute noch einen deutschsprachigen Kindergarten und eine deutschsprachige Grundschule mit Simultanunterricht im Ort gibt, wie sonst nur in Städten. Der HOG-Vorsitzenden Anton Enderle kündigte eine zweite Auflage der Monografie auf Kosten der HOG an.
Nun wurde das Denkmal eingeweiht, das mit Unterstützung der ausgewanderten Perjamoscher und des Kulturwerks der Banater Schwaben Bayern von Walter Niklos entworfen wurde. Die quadratischen Bausteine stellen den Aufbau und die Frakturen in der Geschichte des Ortes dar. Einprägsam die Texttafeln vorne: „Nach der Befreiung des Banats von der osmanischen Herrschaft durch habsburgische Truppen unter Prinz Eugen von Savoyen im Jahr 1716 bezogen 1724 die ersten deutschen Siedler ihre Hofstellen in Perjamosch. Trotz vieler Widrigkeiten entwickelten sie ihr Dorf zu einer wohlhabenden Marktgemeinde mit fortschrittlicher Landwirtschaft, florierenden Handwerks- und Industriebetrieben, mit regem Kulturleben und einem modernen Schulzentrum. Im 20. Jahrhundert führten die Folgen des Zweiten Weltkriegs und der kommunistischen Diktatur nach vielen Jahrzehnten des friedlichen Zusammenlebens aller Ethnien zum Exodus von fast der gesamten deutschen Bevölkerung”, und seitlich: „Zum Gedenken an unsere in Perjamosch verstorbenen Vorfahren, an die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege, an die Toten der Flucht 1944, an die Opfer der Russlandverschleppung 1945-1949 und der Deportation in die Bărăgan-Steppe 1951-1956, sowie an die verstorbenen Landsleute in aller Welt. Ruhe den Toten – Friede den Lebenden!“
Zu Mittag lud die Gemeindeverwaltung zu einem üppigen Empfang im renovierten und angenehm kühlen Kulturheim. Ein weiterer emotionaler und festlicher Höhepunkt ereignete sich am späten Nachmittag, diesmal im älteren Teil des Ortes, in der Kirche St. Nepomuk mit den lebendig erscheinenden Wandmalereien der Ferch-Brüder: Generalvikar Dirschl war Hauptzelebrant der Messe. Christine Surdu begleitete am Harmonium, da die Wegenstein-Orgel reparaturbedürftig ist. Msgr. Dirschl sprach über seine Zeit als Pfarradministrator in Perjamosch ab Sommer 1986, als die Auswanderung der Deutschen in vollem Gange war. Pfarrer Kozovits hob die Bedeutung der Gemeinschaft hervor und betonte, dass Heimattage und Jubiläumsanlässe „nicht nur schön, sondern lebensnotwendig“ sind, denn sie rücken die Heimat auch in der Fremde immer wieder ins Bewusstsein.
Am Sonntagvormittag fand noch das Totengedenken auf dem Altdorfer Friedhof statt. Toni Enderle verlas eine sehr ausführliche Liste von Perjamoscher Toten mit den unterschiedlichsten Todesursachen - von Seuchen und Krankheiten über Kriege, Deportation oder kommunistische Willkür - um letztendlich einen Appell für den Frieden zu sprechen. Einfühlsame musikalischen Einlagen kamen von der Saxophonistin (mit Perjamoscher Wurzeln) Ilona Haberkamp. Auch auf dem Hauliker Friedhof gab es eine würdige Feier. In Periam Port klangen die Feierlichkeiten für alle bei einem gemütlichen Beisammensein aus.
Die Heimat ins Bewusstsein bringen: 300-Jahr-Feier der Ansiedlung in Perjamosch
Verbandsleben Kultur Erstellt von Astrid Weisz