„Auf Tuchfühlung – Trachten erzählen Geschichten“ lautete das Motto der diesjährigen Tage der deutschen Kulturvielfalt der Stadt Nürnberg, die unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Marcus König, im Haus der Heimat (HdH) stattfanden. Die alljährlichen Kulturtage werden von den Aussiedler- und Vertriebenenverbänden zusammen mit den Kulturgruppen des Hauses der Heimat organisiert und von der Stadt Nürnberg gefördert.
Am Samstag stand das Thema Tracht im Mittelpunkt. Man konnte die Vielfalt der Trachten bewundern, Neues erfahren und im wahrsten Sinne auf Tuchfühlung mit den edlen Stoffen gehen. Die im großen Saal aufgestellte Fotobox wurde rege genutzt, um die Begegnungen sowie Erlebnisse in Bildern festzuhalten. Natalie Keller, Geschäftsleiterin des HDH, begrüßte die Besucher und Ehrengäste. Werner Henning, Vorsitzender des Hauses der Heimat, betonte getreu dem diesjährigen Motto der Aussiedlertage, dass die im Koffer mitgebrachten Erbstücke, die unterschiedlichen Trachtenteile, identitätsstiftend sind und zu einem positiven Gefühl beitragen. Auch Thomas Pirner, MdL, und Bezirkstagspräsident Peter Daniel Forster nahmen in ihren Grußworten das Thema Tracht auf. Thomas Pirner wies darauf hin, dass die Tracht verbindet und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zeigt. Auch im Handwerk gibt es die traditionelle Bekleidung, die als Erkennungszeichen dient. Peter Daniel Forster bemerkte, dass die Tracht ein Ausdruck der Identifikation mit der prägenden Region der eigenen Lebensgeschichte sei, Ausdruck eines Lebensgefühls und gleichermaßen Bekenntnis zur Herkunft.
Die Begrüßungsreden wurden musikalisch umrahmt von Gitarrenklängen, gespielt von Elena Romanova-Nöller.
Der Impulsvortrag von Alexander Karl Wandinger vom Zentrum für Trachtengewand des Bezirks Oberbayern: „Tracht & Co. – Fragen statt Antworten“ ging auf den Wandel in der Trachtenmode ein. Er versuchte eine kritische Annäherung und auch einen ganz persönlichen Zugang zu einem Phänomen zu legen, das immer wieder neu diskutiert werden darf. „Es ist mir ein Anliegen, miteinander im Sinn einer Standortbestimmung offen zu verhandeln, auf welche Weise mit der Idee, dem Konstrukt Tracht – unter anderem im Kontext von Flucht und Vertreibung – umgegangen werden kann.“ Sein Interesse an der Kultur der Menschen aus dem Osten sei durch unterschiedliche Erlebnisse geweckt worden. Unter anderem durch eine Tagung im Haus des Deutschen Ostens, wo es um die Tracht „zwischen Ästhetik, Politik und Mode“ ging. Zwischen diesen Polen ergeben sich viele Fragen, die im Kontext der Kulturarbeit immer neu diskutiert werden müssen. Unter anderem stellt sich die Frage nach der „Originalität“ und der sozialen Funktion der Trachten
Nach einem Imbiss, den die Gruppen der Landmannschaften bereitgestellt hatten, luden verschiedene Stationen zur aktiven Beteiligung ein: „Trachten aus dem Egerland“ zeigte die Egerländer Gmoi Nürnberg. Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland präsentierte im Raum „Geschichte und Forschung“ Informationsmaterial über die Geschichte sowie mitgebrachte Raritäten, die Auswanderer aus dem Westen an die Wolga mitgenommen hatten und die den Weg wieder zurück fanden, z.B. eine 300 Jahre alte Bibel und verschiedene Haushaltsgegenstände. In der Heimatstube der Oberschlesier konnte man sich u.a. erklären lassen, welche Bedeutung die Symbole auf der Bergmannsuniform und die Farbe des Federbusches auf dem Hut haben. In der Stube der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen drehte sich alles um den Frauenkopfschmuck. Von Ramona Kiefer, LM der Banater Schwaben und Katharina Ganz konnte man sich die Haare kunstvoll flechten lassen. Heidi Mehburger vom Verband der Siebenbürger Sachsen zeigte die Siebenbürgische Bockelung aus Alzen am „Modell“ Annemone Müller. In der Kreativecke „Trachteninspirationen“ durfte man unter der Anleitung der Kunstpädagogin Irina Trautwein Trachtenzubehör basteln und Blankofächer mit Blumen oder Stickmotiven selber dekorieren.
Am Sonntag zeigte sich, dass das HdH trotz Anbau und Erweiterung wohl doch zu klein ist: Zahlreiche Besucher kamen, um gemeinsam den zweiten Teil der „Tage der deutschen Kulturvielfalt“ zu erleben. Die im großen Saal aufgestellten Stuhlreihen mussten durch zusätzliche Sitzmöglichkeiten im Saal und im Flur aufgestockt werden. Natalie Keller konnte den Schirmherrn der Veranstaltung, Oberbürgermeister Marcus König, und weitere Ehrengäste aus der Politik und Vertreter der Kirchen begrüßen. Lucian Mot von der Landsmannschaft der Banater Schwaben hielt im Anschluss an die Begrüßung eine ökumenische Andacht. Der gemischte Chor der Singgruppen aller Landsmannschaften und des HdH unter der Leitung von Angelika Melzer sowie die Solosängerin Tatjana Gettich und die Klavierspielerin Brigitte Sekes umrahmten den Gottesdienst musikalisch. Nach der Andacht empfing die Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg unter der Leitung von Michael Bielz alle Gäste im Hof. Gerlinde Zakel und Johann Schuster führten den Trachtenaufmarsch an. Die unterschiedlichen Trachten boten ein farbenfrohes Bild, das bei den Zuschauern sehr gut ankam und mit Applaus belohnt wurde. Moderator Marc Pall von der Jugendtanzgruppe Herzogenaurach bat den Schirmherrn Marcus König um sein Grußwort. Dieses stand unter dem Motto „Tracht erzählt Geschichte“ . Dabei verglich er die „offene Tür“ aus dem Predigttext mit der gelungenen Aufnahme vieler Zugewanderter aus verschiedenen Kulturgruppen in seiner Stadt. Die Vielfalt sei der „Schatz“ der Stadt Nürnberg. Ein Grußwort kam auch von Verena Osgyan (MdL, Bündnis 90/Die Grünen). Sie betonte, wie wichtig gerade in der heutigen Zeit der Zusammenhalt und die Wahrung der kulturellen Identität sei.
Im Kulturprogramm begeisterte die Tanzgruppe der Banater Schwaben Nürnberg unter der Leitung von Melanie Kling das Publikum mit ihren schwungvoll dargebotenenen Tänzen: Die Kindertanzgruppe tanzte den „Siebenschritt“, die gemischte Gruppe die Polka „An der Weinschenke“. Die Tanzgruppe der Egerländer Gmoi unter der Leitung von Ingrid Deistler führte die Tänze „Hafersack“ und „Sternpolka“ vor. Die Jugendtanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Herzogenaurach unter der Leitung von Brigitte Krempels erfreute das Publikum mit den Tänzen „Uf am Rossboda“ und der „Russenpolka“. Den Abschluss des kulturellen Nachmittags bildete die HIP- HOP –Gruppe des HdH unter der Leitung von Leonie Vetter. Der rhythmische Tanzstil der jungen Damen begeisterte nicht nur das Publikum, sogar die Musikanten erhoben sich von ihren Plätzen, um die Tänzerinnen zu bewundern.Zu den Klängen der Blasmusik wurde anschließend fleißig getanzt, bei Kaffee und Kuchen sowie kalten Getränken wurden gute Gespräche geführt. Unter der Begleitung der Akkordeonspielerin Helmine Schuller-Bögelein saßen die Singfreudigen zum Schluss noch gemeinsam beisammen und verabschiedeten die Kulturtage 2024 mit dem Volkslied „Kein schöner Land…“
Dank geht an alle ehrenamtlichen Helfer aus den Landsmannschaften und an die Mitglieder und die Angestellten des HdH, ohne deren Organisation solch ein Fest von über 250 Besuchern nicht machbar wäre.